Kommentierte Spiele
Capablancas entfernter Freibauer
Kellerdrache - 07. Sep '18
Im Vokabular jedes Schachspielers gibt es einige Weisheiten die jeder kennt. Das Läuferpaar zu haben ist gut, Doppelbauern sind schlecht, Springer am Rand bringt Kummer und Schand sind nur ein paar Beispiele.
Eine der Weisheiten die wir sicher schon mal gehört oder gelesen haben ist, dass der entfernte Freibauer ein wichtiger Vorteil ist. Wenn wir ehrlich sind weiß aber noch lange nicht jeder von uns warum das so ist und wie man es ausnutzt.
Die von mir ausgewählte Partie Capablancas demonstriert sehr schön wie man eine Partie allein mit diesem Vorteil gewinnen kann. Ich hoffe es ist mir gelungenen Kommentar einfach und verständlich genug zu machen und ihr hab alles was davon.































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In schöner, von Vabanque eingeführter, Tradition möchte ich noch auf eine Handvoll Punkte hinweisen, die man aus der Partie eventuell lernen kann
1. der entfernte Freibauer ist ein Vorteil gegenüber einem Freibauern im Zentrum des restlichen Geschehens weil er ganz einfach weiter weg von den anderen Figuren ist. Ihn aufzuhalten verlangt zumindest vom Verteidiger seine Aufmerksamkeit vom Hauptschauplatz abzuwenden und sich dadurch dort zu schwächen.
2. Kasparov weist in seinem Buch daraufhin, dass der entfernte Freibauer vor allem im Endspiel seine Stärke entwickelt. Die Seite des Freibauern sollte also Vereinfachungen anstreben, der Verteidiger sie vermeiden.
3. Bevor man mit seinem Trumpf vormarschiert sollte man es dem Gegner so schwer wie möglich machen den anderen Flügel zu erreichen. Capablanca erreicht das in der Partie z.B. durch das Turmschach auf der Grundlinie
4.Abtausch ist nicht gleich Abtausch. Auch wenn materiell Gleichstand bestehen bleibt kann der Abtausch für eine Seite vorteilhaft sein weil er positionelle Vorzüge verschafft. Hätte Capablanca statt Sxd4 auf e5 getauscht wäre das vom Material her dasselbe gewesen, aber ohne die dadurch entstandene Bauernmehrheit am Damenflügel
Eine der Weisheiten die wir sicher schon mal gehört oder gelesen haben ist, dass der entfernte Freibauer ein wichtiger Vorteil ist. Wenn wir ehrlich sind weiß aber noch lange nicht jeder von uns warum das so ist und wie man es ausnutzt.
Die von mir ausgewählte Partie Capablancas demonstriert sehr schön wie man eine Partie allein mit diesem Vorteil gewinnen kann. Ich hoffe es ist mir gelungenen Kommentar einfach und verständlich genug zu machen und ihr hab alles was davon.
Marshall, Frank Capablanca, Jose New York | 1909 | D33 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 d5 2. c4 e6 3. Sc3 c5 die Tarrasch-Variante des Damengambits hatte damals einen ausgezeichneten Ruf. Sie verschwand für einige Jahre fast komplett aus den Turnierpartien der Großmeister bis Kasparov sie wieder entdeckte. Unter Amateuren wird sie nicht so geliebt weil man doch Angst davor hat mit einem Isolani spielen zu müssen 4. xd5 xd5 5. Sf3 man könnte mit dem d-Bauern auf c5 schlagen, aber Weiß will sich a) erstmal selbst entwickeln und b) vor dem Tausch sicherstellen, dass der d-Bauer nicht einfach vormarschieren kann. Für den Kampf gegen einen Isolani gibt es einen zweistufigen roten Faden. Schritt eins besteht in der Festlegung des Bauern, erst Schritt zwei ist dann dessen Belagerung. Sc6 6. g3 etwas ungewöhnlich, aber warum nicht? Der Läufer zielt von g2 aus immerhin auf den d5 Le6 7. Lg2 Le7 8. O-O Sf6 9. Lg5 Alles Züge die auch ein normaler Amateur hätte spielen können. Capablanca wählt eine Fortsetzung, die er eigener Aussage nach erst am Vorabend in einer Rubinstein Partie gesehen hatte Se4 10. Lxe7 Dxe7 11. Se5 ein viel kritisierter Zug. Marshall leitet eine Reihe von Vereinfachungen ein, die seinem Gegner eine Bauernmehrheit am Damenflügel verschafft Sxd4 statt Sxe5. Weiß kann sich den Bauern auf e4 zurückholen, wonach Schwarz den Vorteil am Damenflügel (3 gegen 2 Bauern) und Weiß den am Königsflügel (4 gegen 3 Bauern) hat. Beide haben durch ihre jeweilige Mehrheit die Gelegenheit einen Freibauern zu bilden. Der schwarze Freibauer ist dann aber weiter weg von den Königen und dadurch der Stärkere von beiden 12. Sxe4 xe4 13. e3 Sf3+ die einfachste Auflösung des Ganzen 14. Sxf3 xf3 15. Dxf3 O-O vor dem Schlagen auf b7 hat Capablanca keine Angst 16. Tfc1 Tab8 17. De4 Marshall sucht als Taktiker immer nach kleinen Tricks. Die Idee hier ist 18.Lh3 mit anschliesendem Tausch der Läufer Dc7 18. Tc3 b5 19. a3 um den weiteren Vorstoss des b-Bauern zu verhindern c4 kann Weiß jetzt nicht mit b3 den c Bauern anknabbern ? Schlagen kann der ja nicht weil die Dame dem Tc3 gegenüber steht 20. Lf3 Tfd8 21. Td1 Txd1+ 22. Lxd1 Td8 nach Laskers damaliger Einschätzung ist die Partie bereits strategisch gewonnen, da Schwarz das komplette Brett beherrscht 23. Lf3 g6 ein sehr schöner Zug. Es droht 24... Ld5 25.Dg5, der Lf3 muss ja gedeckt bleiben. 25...h5 Die Dame muss den Lf3 im Stich lassen um ihr eigenes Leben zu retten. Mit dieser Drohung im Sinn ist der Damentausch erzwungen 24. Dc6 De5 25. De4 Dxe4 der Abtausch auf e4 anstelle von c6 ist besser, da der Läufer auf e4 nichts angreift 26. Lxe4 Td1+ Wichtig! Sonst kommt Lc2 und der weiße König kann zum Damenflügel wandern 27. Kg2 a5 28. Tc2 b4 29. xb4 xb4 30. Lf3 Tb1 31. Le2 Es ist einfach gegen Marshalls Natur sich nur passiv zu verteidigen b3 32. Td2 Tc1 33. Ld1 c3 mit diesem kleinen taktischen Trick gewinnt Capablanca die Partie 34. xc3 b2 35. Txb2 wie sonst ist die Umwandlung des Bauern zu verhindern ? Txd1 36. Tc2 Lf5 Gemeinerweise erlaubt der Kubaner seinem Gegner nicht sich ordnungsgemäß hinter seinen Freibauern zu stellen 37. Tb2 Tc1 38. Tb3 Le4+ 39. Kh3 Tc2 40. f4 h5 jetzt muss der König auch noch aufpassen nicht eingefangen zu werden. Es droht 41...Lf5+ 42.Kh4 Txh2+ 43. Kg5 Kg7 41. g4 xg4+ 42. Kxg4 Txh2 43. Tb4 f5+ 44. Kg3 Te2 45. Tc4 Txe3+ 46. Kh4 Kg7 47. Tc7+ vielleicht wird es ja noch Dauerschach ? Kf6 48. Td7 direkt Tc6+ geht ja wegen des Le4 nicht Lg2 droht Th3 matt 49. Td6+ Kg7
In schöner, von Vabanque eingeführter, Tradition möchte ich noch auf eine Handvoll Punkte hinweisen, die man aus der Partie eventuell lernen kann
1. der entfernte Freibauer ist ein Vorteil gegenüber einem Freibauern im Zentrum des restlichen Geschehens weil er ganz einfach weiter weg von den anderen Figuren ist. Ihn aufzuhalten verlangt zumindest vom Verteidiger seine Aufmerksamkeit vom Hauptschauplatz abzuwenden und sich dadurch dort zu schwächen.
2. Kasparov weist in seinem Buch daraufhin, dass der entfernte Freibauer vor allem im Endspiel seine Stärke entwickelt. Die Seite des Freibauern sollte also Vereinfachungen anstreben, der Verteidiger sie vermeiden.
3. Bevor man mit seinem Trumpf vormarschiert sollte man es dem Gegner so schwer wie möglich machen den anderen Flügel zu erreichen. Capablanca erreicht das in der Partie z.B. durch das Turmschach auf der Grundlinie
4.Abtausch ist nicht gleich Abtausch. Auch wenn materiell Gleichstand bestehen bleibt kann der Abtausch für eine Seite vorteilhaft sein weil er positionelle Vorzüge verschafft. Hätte Capablanca statt Sxd4 auf e5 getauscht wäre das vom Material her dasselbe gewesen, aber ohne die dadurch entstandene Bauernmehrheit am Damenflügel
Oli1970 - 08. Sep '18
Großartige Kommentierung einer lehrreichen Partie, Kellerdrache! Verwunderlich, dass noch niemand darauf geantwortet hat - andererseits gibt es da so einiges zu entdecken, sodass ich mich auch schon seit gestern in der Partiebetrachtung verliere. In Deiner Kommentierung steckt bestimmt einiges an Zeit und Arbeit drin, Dankeschön!
Der in der Eröffnungsphase angesprochene Isolani entsteht, wenn Marshall auf 5... Sc6 mit cxd4 geantwortet hätte. Schwarz hätte den Isolani aufwiegen müssen mit schneller Figurenentwicklung und Raum im Zentrum. Die Eröffnungsbehandlung des Weißen mit g3 und Lg2 nach Sc6 geht wohl ebenfalls auf Rubinstein zurück, habe ich gelesen.
Du hast wieder viele Varianten drin, die das Spielverständnis erleichtern. Z. B. die Erklärung im 13. Zug, warum der Springer nicht einfach geschlagen werden kann, habe ich erst auf den zweiten Blick erkannt. Aber immerhin. ;-) Im 20. Zug die Erklärung zum Bauern b3 ist eine schöne Wendung, die ich schwer zu sehen fand.
Ebenso die Drohung ab 23... g6 hast Du schön rausgearbeitet; toll anzusehen, wie die Figuren zusammenarbeiten können, wenn man solche Sachen erkennen kann. Da ist übrigens ein Vertipper drin, die Dame kann mit 25. Dg4 gespielt werden. ;-)
Der Damentausch auf e4 statt c6 unterscheidet ein weiteres Mal den Amateur vom Meister. Wer hätte darüber nachgedacht? Die nachfolgende Eroberung des Damenflügels ist vorbildlich.
Zuerst dachte ich, "Oha, so eine lange Partie". Aber das Endspiel ist eigentlich schnell geführt, nachdem Marshalls Läufer in die ewigen Jagdgründe eingegangen ist. Bemerkenswert, wie zielsicher die beiden dann die richtigen Züge getroffen haben. Die kannten was davon. :-)
Vielleicht hätte Marshall versuchen sollen, seine Bauernmehrheit am Königsflügel durchzusetzen, statt den Damenflügel zu beackern. Später war die Chance vertan, im 20. Zug waren schon zwei Bauern durch seine eigenen Figuren verstellt. Dazu hat er dann mit den Zügen 20 - 22 zugelassen, dass Capablanca sich noch die offene Linie schnappt. Dann stand er schon auf Verlust und konnte seine Lage nicht mehr verbessern. Capablanca schlug seine Krallen rein und ließ ihn nicht mehr los.
Also, sehr gute Kommentierung einer lehrreichen Partie! Dankeschön dafür und für das Auflisten der Lernpunkte!
Der in der Eröffnungsphase angesprochene Isolani entsteht, wenn Marshall auf 5... Sc6 mit cxd4 geantwortet hätte. Schwarz hätte den Isolani aufwiegen müssen mit schneller Figurenentwicklung und Raum im Zentrum. Die Eröffnungsbehandlung des Weißen mit g3 und Lg2 nach Sc6 geht wohl ebenfalls auf Rubinstein zurück, habe ich gelesen.
Du hast wieder viele Varianten drin, die das Spielverständnis erleichtern. Z. B. die Erklärung im 13. Zug, warum der Springer nicht einfach geschlagen werden kann, habe ich erst auf den zweiten Blick erkannt. Aber immerhin. ;-) Im 20. Zug die Erklärung zum Bauern b3 ist eine schöne Wendung, die ich schwer zu sehen fand.
Ebenso die Drohung ab 23... g6 hast Du schön rausgearbeitet; toll anzusehen, wie die Figuren zusammenarbeiten können, wenn man solche Sachen erkennen kann. Da ist übrigens ein Vertipper drin, die Dame kann mit 25. Dg4 gespielt werden. ;-)
Der Damentausch auf e4 statt c6 unterscheidet ein weiteres Mal den Amateur vom Meister. Wer hätte darüber nachgedacht? Die nachfolgende Eroberung des Damenflügels ist vorbildlich.
Zuerst dachte ich, "Oha, so eine lange Partie". Aber das Endspiel ist eigentlich schnell geführt, nachdem Marshalls Läufer in die ewigen Jagdgründe eingegangen ist. Bemerkenswert, wie zielsicher die beiden dann die richtigen Züge getroffen haben. Die kannten was davon. :-)
Vielleicht hätte Marshall versuchen sollen, seine Bauernmehrheit am Königsflügel durchzusetzen, statt den Damenflügel zu beackern. Später war die Chance vertan, im 20. Zug waren schon zwei Bauern durch seine eigenen Figuren verstellt. Dazu hat er dann mit den Zügen 20 - 22 zugelassen, dass Capablanca sich noch die offene Linie schnappt. Dann stand er schon auf Verlust und konnte seine Lage nicht mehr verbessern. Capablanca schlug seine Krallen rein und ließ ihn nicht mehr los.
Also, sehr gute Kommentierung einer lehrreichen Partie! Dankeschön dafür und für das Auflisten der Lernpunkte!
Tschechov - 08. Sep '18
Sehr schön auch, wie Capablanca den Damenabtausch um einen Zug verzögert, um in Vorteil zu gelangen. In weiteren Vorteil, genau genommen. Danke für die Vorstellung!
Vabanque - 08. Sep '18
Eine relativ bekannte Partie. Obwohl sie (nach meiner natürlich unmaßgeblichen Einschätzung) keineswegs zu den schönsten oder besten von Capablanca gehört, ist sie doch in ziemlich vielen Lehrbüchern abgedruckt, weil sie so gut die Ausnutzung einer Bauernmehrheit am Damenflügel zeigt.
Nach dem 15. Zug von Weiß scheint das Spiel ja vollkommen gleich zu stehen; mit Ausnahme des scheinbar winzigen und (für das Auge des Amateurs) unmaßgeblichen Vorteils, dass die Bauernmehrheiten auf den beiden Flügeln so verteilt sind, dass Schwarz einen Freibauern auf der c-Linie (in der Partie sogar einen auf der b-Linie dank Durchbruchskombination im 33. Zug) bilden kann, Weiß jedoch nur einen auf der e-Linie. Es zeigt sich immer wieder, dass die zentrale Bauernmehrheit im Endspiel weniger nützlich ist als die an einem Flügel. Der 'entfernte' (nämlich vom Ort dess Geschehens entfernte) Freibauer kann schlechter aufgehalten werden als einer im Zentrum.
Deswegen hätte Marshall im 16. Zug ganz bestimmt nicht das passive Entgegenstellen mit Tfc1 wählen dürfen, sondern hätte aktives Gegenspiel am Königsflügel suchen müssen. Die meisten Kommentare, die ich kenne, empfehlen 16. e4 nebst De3, um den f-Bauern nach f4 und ggf. nach f5 ziehen zu können. Damit hätte Weiß seinen Gegner am anderen Flügel so weit beschäftigen können, dass er sein Augenmerk nicht allein auf das Vorrücken der Damenflügelmajorität hätte lenken können.
Gegenspiel am anderen Flügel oder im Zentrum ist in den meisten Fällen viel besser als der bloße Versuch, sich an dem Flügel, wo der Gegner die Initiative hat, zu verteidigen. Dass Letzteres nicht klappt, zeigt vorliegende Partie wirklich sehr schön. Ganz verblüffend schnell geht die Schaffung eines Gewinn bringenden Freibauern am Damenflügel vonstatten.
Nach dem Figurgewinn hätte Marshall eigentlich aufgeben können (ein moderner GM oder IM würde das mit großer Wahrscheinlichkeit tun), aber Marshall war für sein spätes Aufgeben bekannt. Er versuchte bis zum Schluss noch zu tricksen (und man muss sagen, dass es ihm ab und zu auch gelang, völlig verlorene Stellungen durch seine taktischen Witze zu retten, wenn auch nicht gegen Capa). So erleben wir in dieser Partie auch gleich noch eine zusätzliche Lektion: wie man einen Gegner, der nicht aufgeben will, behandelt.
Nach dem 15. Zug von Weiß scheint das Spiel ja vollkommen gleich zu stehen; mit Ausnahme des scheinbar winzigen und (für das Auge des Amateurs) unmaßgeblichen Vorteils, dass die Bauernmehrheiten auf den beiden Flügeln so verteilt sind, dass Schwarz einen Freibauern auf der c-Linie (in der Partie sogar einen auf der b-Linie dank Durchbruchskombination im 33. Zug) bilden kann, Weiß jedoch nur einen auf der e-Linie. Es zeigt sich immer wieder, dass die zentrale Bauernmehrheit im Endspiel weniger nützlich ist als die an einem Flügel. Der 'entfernte' (nämlich vom Ort dess Geschehens entfernte) Freibauer kann schlechter aufgehalten werden als einer im Zentrum.
Deswegen hätte Marshall im 16. Zug ganz bestimmt nicht das passive Entgegenstellen mit Tfc1 wählen dürfen, sondern hätte aktives Gegenspiel am Königsflügel suchen müssen. Die meisten Kommentare, die ich kenne, empfehlen 16. e4 nebst De3, um den f-Bauern nach f4 und ggf. nach f5 ziehen zu können. Damit hätte Weiß seinen Gegner am anderen Flügel so weit beschäftigen können, dass er sein Augenmerk nicht allein auf das Vorrücken der Damenflügelmajorität hätte lenken können.
Gegenspiel am anderen Flügel oder im Zentrum ist in den meisten Fällen viel besser als der bloße Versuch, sich an dem Flügel, wo der Gegner die Initiative hat, zu verteidigen. Dass Letzteres nicht klappt, zeigt vorliegende Partie wirklich sehr schön. Ganz verblüffend schnell geht die Schaffung eines Gewinn bringenden Freibauern am Damenflügel vonstatten.
Nach dem Figurgewinn hätte Marshall eigentlich aufgeben können (ein moderner GM oder IM würde das mit großer Wahrscheinlichkeit tun), aber Marshall war für sein spätes Aufgeben bekannt. Er versuchte bis zum Schluss noch zu tricksen (und man muss sagen, dass es ihm ab und zu auch gelang, völlig verlorene Stellungen durch seine taktischen Witze zu retten, wenn auch nicht gegen Capa). So erleben wir in dieser Partie auch gleich noch eine zusätzliche Lektion: wie man einen Gegner, der nicht aufgeben will, behandelt.
Vabanque - 08. Sep '18
Bezüglich des 14. Zuges von Weiß sind sich die Kommentatoren teils übrigens uneins.
Reinfeld (in 'The Immortal Games of Capablanca') ist der Meinung, dass 14. Lxf3 (statt Sxf3 wie in der Partie geschehen) exf3 15. Da4+ noch schlechter gewesen wäre, da Schwarz nicht Ld7 16. Sxd7 Dxd7 17. Dxe4+ De7 18. Dxf3 antworte, sondern 15... Kf8 nebst f6 und Kf7 und künstlicher Rochade.
Golombek dagegen (in 'Capablanca's 100 Best Games of Chess') meint, dass auf Reinfelds Empfehlung 15... Kf8 16. Tfd1 f6 17. Df4 mit Vorteil für Weiß geschähe.
Abgesehen von der für uns wahrscheinlich nicht zu klärenden Frage, wer nun Recht hat, lernen wir aber aus diesen Überlegungen Folgendes:
Hat man einen entfernten Freibauern, so ist es gut, wenn ein Paar Leichtfiguren noch auf dem Brett bleibt. Bleiben nur Schwerfiguren übrig, so ist der entfernte Freibauer von geringer Bedeutung.
Deswegen wären Marshalls Remischancen hier hoch gewesen, wenn er mit der angegebenen Zugfolge 14. Lxf3 exf3 15. Da4+ Ld7 16. Sxd7 Dxd7 17. Dxe4+ die Leichtfiguren vom Brett hätte verschwinden lassen können.
Und deswegen wäre es für Schwarz durchaus eine Überlegung wert gewesen, mit 15... Kf8 zunächst auf die Rochade zu verzichten (mit dem hoffentlich durchführbaren Plan, sie danach 'künstlich' durchzuführen), nur um seinen Läufer nicht gegen den weißen Springer tauschen zu müssen.
Gerade bei Anwesenheit eines entfernten Freibauern ist nämlich der Läufer deutlich stärker als der Springer, wegen seiner größeren Reichweite.
Kann Schwarz also in obiger Stellung (nach 15. Da4+ Kf8) die künstliche Rochade ohne Gefahr durchführen, so ist sein Vorteil sogar noch größer als in der Partie, wo beide Parteien einen Läufer besitzen.
Nur droht nach der von Golombek gegebenen Folge 16. Tfd1 f6 17. Df4 ja bereits schon wieder der Leichtfigurentausch mit Sg5+, mit zusätzlicher Gefährdung des schwarzen Königs.
Reinfeld (in 'The Immortal Games of Capablanca') ist der Meinung, dass 14. Lxf3 (statt Sxf3 wie in der Partie geschehen) exf3 15. Da4+ noch schlechter gewesen wäre, da Schwarz nicht Ld7 16. Sxd7 Dxd7 17. Dxe4+ De7 18. Dxf3 antworte, sondern 15... Kf8 nebst f6 und Kf7 und künstlicher Rochade.
Golombek dagegen (in 'Capablanca's 100 Best Games of Chess') meint, dass auf Reinfelds Empfehlung 15... Kf8 16. Tfd1 f6 17. Df4 mit Vorteil für Weiß geschähe.
Abgesehen von der für uns wahrscheinlich nicht zu klärenden Frage, wer nun Recht hat, lernen wir aber aus diesen Überlegungen Folgendes:
Hat man einen entfernten Freibauern, so ist es gut, wenn ein Paar Leichtfiguren noch auf dem Brett bleibt. Bleiben nur Schwerfiguren übrig, so ist der entfernte Freibauer von geringer Bedeutung.
Deswegen wären Marshalls Remischancen hier hoch gewesen, wenn er mit der angegebenen Zugfolge 14. Lxf3 exf3 15. Da4+ Ld7 16. Sxd7 Dxd7 17. Dxe4+ die Leichtfiguren vom Brett hätte verschwinden lassen können.
Und deswegen wäre es für Schwarz durchaus eine Überlegung wert gewesen, mit 15... Kf8 zunächst auf die Rochade zu verzichten (mit dem hoffentlich durchführbaren Plan, sie danach 'künstlich' durchzuführen), nur um seinen Läufer nicht gegen den weißen Springer tauschen zu müssen.
Gerade bei Anwesenheit eines entfernten Freibauern ist nämlich der Läufer deutlich stärker als der Springer, wegen seiner größeren Reichweite.
Kann Schwarz also in obiger Stellung (nach 15. Da4+ Kf8) die künstliche Rochade ohne Gefahr durchführen, so ist sein Vorteil sogar noch größer als in der Partie, wo beide Parteien einen Läufer besitzen.
Nur droht nach der von Golombek gegebenen Folge 16. Tfd1 f6 17. Df4 ja bereits schon wieder der Leichtfigurentausch mit Sg5+, mit zusätzlicher Gefährdung des schwarzen Königs.
Vabanque - 08. Sep '18
Einig sind sich die Kommentatoren allerdings darin, dass nach dem 11. Zug von Weiß Se4 die verlockende Zersplitterung der weißen Bauern durch Sxc3 nebst Sxe5 nicht gut gewesen wäre; erstens hat Schwarz danach Schwierigkeiten, d5 zu decken, und zweitens erhält Weiß freie Linien und Diagonalen für seine Figuren.
Kellerdrache - 08. Sep '18
@Oli1970: Du hast natürlich vollkommen recht. Es muß Dg4 und nicht Dg5 heißen.
@Vabanque: Kasparov hat in seinem Kommentar auf Tc3 als entscheidenden Fehler hingewiesen. Der 18.Zug wäre sicher ein schöner Zeitpunkt gewesen Gegenspiel im Zentrum mit 18.f4 zu beginnen. Danach gibt es kaum noch Gelegenheit für Marshall aktiv zu spielen, da die Drohungen am Damenflügel zu akut sind
@Vabanque: Kasparov hat in seinem Kommentar auf Tc3 als entscheidenden Fehler hingewiesen. Der 18.Zug wäre sicher ein schöner Zeitpunkt gewesen Gegenspiel im Zentrum mit 18.f4 zu beginnen. Danach gibt es kaum noch Gelegenheit für Marshall aktiv zu spielen, da die Drohungen am Damenflügel zu akut sind
Oli1970 - 09. Sep '18
Interessant, dass die Meinungen über die richtige Spielfortsetzung teils so auseinander gehen.
In einem anderen Thread las ich, Kasparov habe in seinem Buch On my great Predecessors I 16. Tfc1 empfohlen, selbiges habe schon im American Chess Magazine v. Juli 1909 gestanden. Nur wie es weiter gehen soll, stand nicht geschrieben.
Zur Aktivierung der Bauern soll Emanual Lasker seinerzeit 17. e4 und De3 empfohlen haben, er hätte also wohl auch 16. Tfc1 stehen lassen.
Diese Partie scheint frühere und spätere Kommentatoren sehr beschäftigt zu haben. Die von Vabanque angegebene Remis-Variante habe ich auch gelesen, sie geht wohl zurück auf Julius Finn?
Dort - in dem Kommentar - fand ich einen Hinweis auf die Bedenkzeiten, wieder mit Hinweis auf das ACM: Demnach verbrauchte Marshall 2 Std. 17 Min., Capablanca nur 1 Std. 35 Min.
Vabanque Anmerkungen zu Golombeks Zugfolge kann ich nicht ganz folgen, basierend auf Reinfelds Vorgabe müsste die Variante nun heißen: 14. Lxf3 exf3 15. Da4+ Kf8 16. Tfd1 f6 17. Df4, oder?
Sg5+ setzt voraus, dass der Springer zunächst f3 schlägt. Was aber, wenn Schwarz g5 spielt? Oder schon früher statt f6 g6 zur aufgezogen wird? Irgendwann wird es bei den Möglichkeiten sehr spekulativ, was hätte geschehen können, wenn ...
Die Partie gab / gibt wohl allen Zeiten genügend Futter. Herrlich!
In einem anderen Thread las ich, Kasparov habe in seinem Buch On my great Predecessors I 16. Tfc1 empfohlen, selbiges habe schon im American Chess Magazine v. Juli 1909 gestanden. Nur wie es weiter gehen soll, stand nicht geschrieben.
Zur Aktivierung der Bauern soll Emanual Lasker seinerzeit 17. e4 und De3 empfohlen haben, er hätte also wohl auch 16. Tfc1 stehen lassen.
Diese Partie scheint frühere und spätere Kommentatoren sehr beschäftigt zu haben. Die von Vabanque angegebene Remis-Variante habe ich auch gelesen, sie geht wohl zurück auf Julius Finn?
Dort - in dem Kommentar - fand ich einen Hinweis auf die Bedenkzeiten, wieder mit Hinweis auf das ACM: Demnach verbrauchte Marshall 2 Std. 17 Min., Capablanca nur 1 Std. 35 Min.
Vabanque Anmerkungen zu Golombeks Zugfolge kann ich nicht ganz folgen, basierend auf Reinfelds Vorgabe müsste die Variante nun heißen: 14. Lxf3 exf3 15. Da4+ Kf8 16. Tfd1 f6 17. Df4, oder?
Sg5+ setzt voraus, dass der Springer zunächst f3 schlägt. Was aber, wenn Schwarz g5 spielt? Oder schon früher statt f6 g6 zur aufgezogen wird? Irgendwann wird es bei den Möglichkeiten sehr spekulativ, was hätte geschehen können, wenn ...
Die Partie gab / gibt wohl allen Zeiten genügend Futter. Herrlich!
Vabanque - 09. Sep '18
>>In einem anderen Thread las ich, Kasparov habe in seinem Buch On my great Predecessors I 16. Tfc1 empfohlen<<
Aber Marshall spielt doch 16. Tfc1
>>Zur Aktivierung der Bauern soll Emanual Lasker seinerzeit 17. e4 und De3 empfohlen haben, er hätte also wohl auch 16. Tfc1 stehen lassen.<<
Das empfinde ich aber als unlogisch, denn wenn man später mit dem f-Bauern vorgehen will, warum spielt man vorher den f-Turm nach c1?
Allerdings war dieser Plan wohl auch hier noch viel besser als das von Marshall gewählte 17. De4, das nämlich überhaupt nichts leistet.
>>Diese Partie scheint frühere und spätere Kommentatoren sehr beschäftigt zu haben. Die von Vabanque angegebene Remis-Variante habe ich auch gelesen, sie geht wohl zurück auf Julius Finn?<<
Wo hast du denn das schon wieder gefunden? In beiden Büchern (Reinfeld, Golombek) findet sich kein Hinweis auf die 'Autorschaft' der Variante. Für Schachzüge gibt es ja wohl auch kein Copyright, so dass man denjenigen, der eine Variante oder einen Zug zuerst angegeben hat, nicht unbedingt zitieren muss ...
>>Dort - in dem Kommentar - fand ich einen Hinweis auf die Bedenkzeiten, wieder mit Hinweis auf das ACM: Demnach verbrauchte Marshall 2 Std. 17 Min., Capablanca nur 1 Std. 35 Min.<<
Das ist recht interessant, aber auch typisch: Capa spielte meist recht schnell. Mir ist auch nie bekannt, dass er jemals in Zeitnot gekommen wäre. Das passierte immer nur seinen Gegnern.
>>Vabanque Anmerkungen zu Golombeks Zugfolge kann ich nicht ganz folgen, basierend auf Reinfelds Vorgabe müsste die Variante nun heißen: 14. Lxf3 exf3 15. Da4+ Kf8 16. Tfd1 f6 17. Df4, oder? Sg5+ setzt voraus, dass der Springer zunächst f3 schlägt.<<
Ups, da war von mir ein Fehler, bzw. eine Auslassung. Das kommt davon, wenn man vom Stellungsbild aus im Kopf analysiert.
Es muss natürlich zuerst 17. Sxf3 (der hing ja nach f6!) Kf7 (plangemäß nach f6) geschehen und dann erst 18. Df4. Nicht mal vom Buch abschreiben kann ich ;-) (Nein, das Problem war wie gesagt, ich hatte die Züge im Geiste schon ausgeführt auf dem Brett gesehen und dann nicht mehr hingeschrieben.)
Golombek gibt dann noch die weiteren Züge 18... Thd8 (um die künstliche Rochade zu vollenden und zugleich auf der d-Linie zu opponieren) 19. Sg5+ Kg8 20. Sxe6 Dxe6 21. Dc7 und sieht Weiß im Vorteil.
Spielt Schwarz aber etwas anderes als 18... Thd8, muss er nach Sg5+ die Verbindung seiner Türme wieder unterbrechen. Denn 18. ... h6 (um Sg5 zu verhindern) schwächt seine Königsstellung zu sehr, finde ich.
>>Was aber, wenn Schwarz g5 spielt? Oder schon früher statt f6 g6 zur aufgezogen wird?<<
In der von mir jetzt gegebenen korrekten Variante kann er nicht g5 spielen, weil dies sofort mit Sxg5+ widerlegt würde.
g6 statt f6 müsste man sich überlegen, aber im Gegensatz zu f6 geschieht g6 ja nicht mit Tempo, der weiße Springer muss also nicht zurück, da könnte also (z.B.) wirklich gleich Df4 geschehen. Und ob der sK auf g7 gut steht? Früher oder später wäre wohl doch zusätzlich noch f6 nötig, und dann ist die schwarze Königsstellung sehr gelockert.
Dies alles sind aber jetzt nur Ideen aus meinem Kopf, die ich noch nicht einmal auf dem Brett ausgeführt, geschweige denn mit einer Maschine auf ihre Tauglichkeit geprüft habe.
Aber Marshall spielt doch 16. Tfc1
>>Zur Aktivierung der Bauern soll Emanual Lasker seinerzeit 17. e4 und De3 empfohlen haben, er hätte also wohl auch 16. Tfc1 stehen lassen.<<
Das empfinde ich aber als unlogisch, denn wenn man später mit dem f-Bauern vorgehen will, warum spielt man vorher den f-Turm nach c1?
Allerdings war dieser Plan wohl auch hier noch viel besser als das von Marshall gewählte 17. De4, das nämlich überhaupt nichts leistet.
>>Diese Partie scheint frühere und spätere Kommentatoren sehr beschäftigt zu haben. Die von Vabanque angegebene Remis-Variante habe ich auch gelesen, sie geht wohl zurück auf Julius Finn?<<
Wo hast du denn das schon wieder gefunden? In beiden Büchern (Reinfeld, Golombek) findet sich kein Hinweis auf die 'Autorschaft' der Variante. Für Schachzüge gibt es ja wohl auch kein Copyright, so dass man denjenigen, der eine Variante oder einen Zug zuerst angegeben hat, nicht unbedingt zitieren muss ...
>>Dort - in dem Kommentar - fand ich einen Hinweis auf die Bedenkzeiten, wieder mit Hinweis auf das ACM: Demnach verbrauchte Marshall 2 Std. 17 Min., Capablanca nur 1 Std. 35 Min.<<
Das ist recht interessant, aber auch typisch: Capa spielte meist recht schnell. Mir ist auch nie bekannt, dass er jemals in Zeitnot gekommen wäre. Das passierte immer nur seinen Gegnern.
>>Vabanque Anmerkungen zu Golombeks Zugfolge kann ich nicht ganz folgen, basierend auf Reinfelds Vorgabe müsste die Variante nun heißen: 14. Lxf3 exf3 15. Da4+ Kf8 16. Tfd1 f6 17. Df4, oder? Sg5+ setzt voraus, dass der Springer zunächst f3 schlägt.<<
Ups, da war von mir ein Fehler, bzw. eine Auslassung. Das kommt davon, wenn man vom Stellungsbild aus im Kopf analysiert.
Es muss natürlich zuerst 17. Sxf3 (der hing ja nach f6!) Kf7 (plangemäß nach f6) geschehen und dann erst 18. Df4. Nicht mal vom Buch abschreiben kann ich ;-) (Nein, das Problem war wie gesagt, ich hatte die Züge im Geiste schon ausgeführt auf dem Brett gesehen und dann nicht mehr hingeschrieben.)
Golombek gibt dann noch die weiteren Züge 18... Thd8 (um die künstliche Rochade zu vollenden und zugleich auf der d-Linie zu opponieren) 19. Sg5+ Kg8 20. Sxe6 Dxe6 21. Dc7 und sieht Weiß im Vorteil.
Spielt Schwarz aber etwas anderes als 18... Thd8, muss er nach Sg5+ die Verbindung seiner Türme wieder unterbrechen. Denn 18. ... h6 (um Sg5 zu verhindern) schwächt seine Königsstellung zu sehr, finde ich.
>>Was aber, wenn Schwarz g5 spielt? Oder schon früher statt f6 g6 zur aufgezogen wird?<<
In der von mir jetzt gegebenen korrekten Variante kann er nicht g5 spielen, weil dies sofort mit Sxg5+ widerlegt würde.
g6 statt f6 müsste man sich überlegen, aber im Gegensatz zu f6 geschieht g6 ja nicht mit Tempo, der weiße Springer muss also nicht zurück, da könnte also (z.B.) wirklich gleich Df4 geschehen. Und ob der sK auf g7 gut steht? Früher oder später wäre wohl doch zusätzlich noch f6 nötig, und dann ist die schwarze Königsstellung sehr gelockert.
Dies alles sind aber jetzt nur Ideen aus meinem Kopf, die ich noch nicht einmal auf dem Brett ausgeführt, geschweige denn mit einer Maschine auf ihre Tauglichkeit geprüft habe.
Oli1970 - 09. Sep '18
>>Aber Marshall spielt doch 16. Tfc1<<
Ja, ich nahm Bezug auf Deinen ersten Beitrag: >>Deswegen hätte Marshall im 16. Zug ganz bestimmt nicht das passive Entgegenstellen mit Tfc1 wählen dürfen<<. Es gibt wohl auch zu diesem Zug viele unterschiedliche Meinungen. Der Zahlenknecht hat auch keine besondere Meinung dazu.
>>… Julius Finn? Wo hast du denn das schon wieder gefunden?<<
Das stand in einem Kommentar auf Chessgames.com, ebenso wie auch die anderen Anmerkungen. Ein blinder Trinker findet eben auch mal 'nen Korn. :-)
Marshall hat gegen Capablanca wohl nicht viel Glück gehabt. Neben den obligatorischen Remis-Partien ist die Bilanz ziemlich eindeutig. Ich bin eben noch auf eine schöne Partie der beiden aus 1918 gestoßen, die laut Legende die Geburtsstunde des Marshall-Angriffs im Spanier gewesen sein soll. Tolle Show, Marshall räumt praktisch den Königsflügel ab und Capa gewinnt das Spiel.
Sprechen eigentlich alle Kommentare von 16. Tfc1? Es gibt ein Youtube-Video vom Kingscrusher zu der Partie, da notiert und zieht er ganz geschmeidig Tac1 - und niemand beschwert sich. Ich selbst habe nur zwei Notationen finden können, beide enthalten 16. Tfc1.
Ja, ich nahm Bezug auf Deinen ersten Beitrag: >>Deswegen hätte Marshall im 16. Zug ganz bestimmt nicht das passive Entgegenstellen mit Tfc1 wählen dürfen<<. Es gibt wohl auch zu diesem Zug viele unterschiedliche Meinungen. Der Zahlenknecht hat auch keine besondere Meinung dazu.
>>… Julius Finn? Wo hast du denn das schon wieder gefunden?<<
Das stand in einem Kommentar auf Chessgames.com, ebenso wie auch die anderen Anmerkungen. Ein blinder Trinker findet eben auch mal 'nen Korn. :-)
Marshall hat gegen Capablanca wohl nicht viel Glück gehabt. Neben den obligatorischen Remis-Partien ist die Bilanz ziemlich eindeutig. Ich bin eben noch auf eine schöne Partie der beiden aus 1918 gestoßen, die laut Legende die Geburtsstunde des Marshall-Angriffs im Spanier gewesen sein soll. Tolle Show, Marshall räumt praktisch den Königsflügel ab und Capa gewinnt das Spiel.
Sprechen eigentlich alle Kommentare von 16. Tfc1? Es gibt ein Youtube-Video vom Kingscrusher zu der Partie, da notiert und zieht er ganz geschmeidig Tac1 - und niemand beschwert sich. Ich selbst habe nur zwei Notationen finden können, beide enthalten 16. Tfc1.
Vabanque - 09. Sep '18
>>Ja, ich nahm Bezug auf Deinen ersten Beitrag: >>Deswegen hätte Marshall im 16. Zug ganz bestimmt nicht das passive Entgegenstellen mit Tfc1 wählen dürfen<<. Es gibt wohl auch zu diesem Zug viele unterschiedliche Meinungen. Der Zahlenknecht hat auch keine besondere Meinung dazu.<<
Ok. Mein Urteil war wohl allzu vorschnell gewesen, hervorgerufen durch den weiteren Partieverlauf. Dann akzeptiere ich gerne die Meinung des GröSchaZ, dass erst 18. Tc3 der entscheidende Fehler gewesen ist. Der Turm erreicht hier nichts und bleibt die nächsten 10 Züge auf diesem Feld stehen.
>>Marshall hat gegen Capablanca wohl nicht viel Glück gehabt. Neben den obligatorischen Remis-Partien ist die Bilanz ziemlich eindeutig.<<
So aus dem Gedächtnis erinnere ich mich bloß an insgesamt 2 Gewinnpartien von Marshall. Übrigens hatte Marshall genau die gleiche Bilanz gegen Lasker. Er war sicher ein großer Spieler (und vor allem sind seine Partien nie langweilig), aber gegen die Allergrößten blieb er doch fast ohne Chance. Vor allem war Marshall kein Match-Spieler. Er erzielte überragende Turniererfolge, wo er ständig gegen verschiedene Gegner kam, aber für langwierige Matchs gegen einen einzigen Gegner fehlte ihm wohl einfach die Geduld!
>>Ich bin eben noch auf eine schöne Partie der beiden aus 1918 gestoßen, die laut Legende die Geburtsstunde des Marshall-Angriffs im Spanier gewesen sein soll. Tolle Show, Marshall räumt praktisch den Königsflügel ab und Capa gewinnt das Spiel.<<
Diese Partie kenne ich auch, die ist aber sehr kompliziert.
>>Sprechen eigentlich alle Kommentare von 16. Tfc1? Es gibt ein Youtube-Video vom Kingscrusher zu der Partie, da notiert und zieht er ganz geschmeidig Tac1 - und niemand beschwert sich. Ich selbst habe nur zwei Notationen finden können, beide enthalten 16. Tfc1.<<
Ich habe die Partie in 5 Büchern gefunden, die alle von 16. Tfc1 sprechen.
Ok. Mein Urteil war wohl allzu vorschnell gewesen, hervorgerufen durch den weiteren Partieverlauf. Dann akzeptiere ich gerne die Meinung des GröSchaZ, dass erst 18. Tc3 der entscheidende Fehler gewesen ist. Der Turm erreicht hier nichts und bleibt die nächsten 10 Züge auf diesem Feld stehen.
>>Marshall hat gegen Capablanca wohl nicht viel Glück gehabt. Neben den obligatorischen Remis-Partien ist die Bilanz ziemlich eindeutig.<<
So aus dem Gedächtnis erinnere ich mich bloß an insgesamt 2 Gewinnpartien von Marshall. Übrigens hatte Marshall genau die gleiche Bilanz gegen Lasker. Er war sicher ein großer Spieler (und vor allem sind seine Partien nie langweilig), aber gegen die Allergrößten blieb er doch fast ohne Chance. Vor allem war Marshall kein Match-Spieler. Er erzielte überragende Turniererfolge, wo er ständig gegen verschiedene Gegner kam, aber für langwierige Matchs gegen einen einzigen Gegner fehlte ihm wohl einfach die Geduld!
>>Ich bin eben noch auf eine schöne Partie der beiden aus 1918 gestoßen, die laut Legende die Geburtsstunde des Marshall-Angriffs im Spanier gewesen sein soll. Tolle Show, Marshall räumt praktisch den Königsflügel ab und Capa gewinnt das Spiel.<<
Diese Partie kenne ich auch, die ist aber sehr kompliziert.
>>Sprechen eigentlich alle Kommentare von 16. Tfc1? Es gibt ein Youtube-Video vom Kingscrusher zu der Partie, da notiert und zieht er ganz geschmeidig Tac1 - und niemand beschwert sich. Ich selbst habe nur zwei Notationen finden können, beide enthalten 16. Tfc1.<<
Ich habe die Partie in 5 Büchern gefunden, die alle von 16. Tfc1 sprechen.
Oli1970 - 09. Sep '18
GröSchaZ = Größter Schalker aller Zeiten ... das täte ihm bestimmt weh ...
Vabanque - 09. Sep '18
Abgesehen davon, dass 16. Tac1 den a-Bauern einzustellen scheint, ohne dass eine überzeugende Widerlegung von 16... Lxa2 zu sehen wäre (oder ich sehe sie bloß nicht) ...
Vabanque - 09. Sep '18
Größter SCHACHspieler aller Zeiten natürlich!
Vabanque - 09. Sep '18
Und nein, ich meinte nicht Kellerdrache damit, auch wenn er jetzt vielleicht ein wenig eingeschnappt sein wird ;-)
Vabanque - 09. Sep '18
Ich zitiere zur Sicherheit noch einmal den Kommentar, auf den ich mich beziehe:
>>Kellerdrache - 08.09.18
(...) Kasparov hat in seinem Kommentar auf Tc3 als entscheidenden Fehler hingewiesen. Der 18.Zug wäre sicher ein schöner Zeitpunkt gewesen Gegenspiel im Zentrum mit 18.f4 zu beginnen. Danach gibt es kaum noch Gelegenheit für Marshall aktiv zu spielen, da die Drohungen am Damenflügel zu akut sind<<
>>Kellerdrache - 08.09.18
(...) Kasparov hat in seinem Kommentar auf Tc3 als entscheidenden Fehler hingewiesen. Der 18.Zug wäre sicher ein schöner Zeitpunkt gewesen Gegenspiel im Zentrum mit 18.f4 zu beginnen. Danach gibt es kaum noch Gelegenheit für Marshall aktiv zu spielen, da die Drohungen am Damenflügel zu akut sind<<
Oli1970 - 09. Sep '18
Der GröKaZ sozusagen, auch kein schlechter Titel für einen Kellerdrachen. ;-)
Wegen des Bauern a2 habe ich auch zuerst gedacht, warum haut er ihn nicht weg. Das Video sagt auch überhaupt nichts dazu, schon klar, warum. Der Bauernraub kostet Zeit, nach Ta1 muss der Läufer zurück und Weiß kann die Dame mit Dxb7 verlustfrei tauschen und vielleicht noch a7 gewinnen.
Wegen des Bauern a2 habe ich auch zuerst gedacht, warum haut er ihn nicht weg. Das Video sagt auch überhaupt nichts dazu, schon klar, warum. Der Bauernraub kostet Zeit, nach Ta1 muss der Läufer zurück und Weiß kann die Dame mit Dxb7 verlustfrei tauschen und vielleicht noch a7 gewinnen.
Vabanque - 09. Sep '18
Auf 16. Tac1 Lxa2 17. Ta1 spielt Schwarz doch Lc4, oder nicht? Ich glaube, da bleibt Schwarz einfach mit einem Mehrbauern. Oder sagt die Blechkiste was anderes?
Es geschah ja ohnehin mit 99% Wahrscheinlichkeit 16. Tfc1.
Apropos Blechkiste: In der Variante 14. Lxf3 exf3 15. Da4+ Kf8 16. Tfd1 (Sxf3 bedeutet in den meisten Varianten nur Zugumstellung) empfiehlt der Rechenknecht tatsächlich g5 (wahrscheinlich um das wirklich starke Df4 auszuschalten) ... trotzdem ist das ein Zug, den ein menschlicher Spieler hier kaum überhaupt erwägen wird. Da sieht man wieder den eklatanten Unterschied zwischen menschlichem und maschinellem Denken. Um taktische Varianten auf ihre Tauglichkeit zu prüfen, sind Engines natürlich wirklich super. Diese Monster werden jede noch so verborgene taktische Möglichkeit aufspüren. Aber bei Zügen, die momentan taktisch gut sind, sich langfristig aber positionell schwächend auswirken (vor allem wenn es um Schwächung der Königsstellung geht wie hier), ist immer noch ein gesundes Misstrauen gegen den Engine-Vorschlag angebracht.
Es geschah ja ohnehin mit 99% Wahrscheinlichkeit 16. Tfc1.
Apropos Blechkiste: In der Variante 14. Lxf3 exf3 15. Da4+ Kf8 16. Tfd1 (Sxf3 bedeutet in den meisten Varianten nur Zugumstellung) empfiehlt der Rechenknecht tatsächlich g5 (wahrscheinlich um das wirklich starke Df4 auszuschalten) ... trotzdem ist das ein Zug, den ein menschlicher Spieler hier kaum überhaupt erwägen wird. Da sieht man wieder den eklatanten Unterschied zwischen menschlichem und maschinellem Denken. Um taktische Varianten auf ihre Tauglichkeit zu prüfen, sind Engines natürlich wirklich super. Diese Monster werden jede noch so verborgene taktische Möglichkeit aufspüren. Aber bei Zügen, die momentan taktisch gut sind, sich langfristig aber positionell schwächend auswirken (vor allem wenn es um Schwächung der Königsstellung geht wie hier), ist immer noch ein gesundes Misstrauen gegen den Engine-Vorschlag angebracht.
Canal_Prins - 09. Sep '18
@ Vabanque
ich zweifle an, dass der 16. Zug mit T ac1 der beste Zug gewesen wäre.
Meine Zugfolge wäre:
16. Tfd1, Tab8
17. Df4,b6
18. a3,Tfd8
19. De5,Kf8
20. Dc3,h6
21. Tac1,Kg8
22. Lf3,Txd1
23. Txd1,Td8
24. Txd8,Dxd8
25. De5,Dg5
26. Db8,Kh7
27. Le4,Lf5
28. Lxf5,Dxf5
29. Dxa7, Db1+
30. Kg2, De4
31. Kf1,Db1
32. Kg2,De4
33. Kf1,Db1+
34. Kg2...1/2-1/2
Aber welcher Mensch sieht so ein Remis??...
ich zweifle an, dass der 16. Zug mit T ac1 der beste Zug gewesen wäre.
Meine Zugfolge wäre:
16. Tfd1, Tab8
17. Df4,b6
18. a3,Tfd8
19. De5,Kf8
20. Dc3,h6
21. Tac1,Kg8
22. Lf3,Txd1
23. Txd1,Td8
24. Txd8,Dxd8
25. De5,Dg5
26. Db8,Kh7
27. Le4,Lf5
28. Lxf5,Dxf5
29. Dxa7, Db1+
30. Kg2, De4
31. Kf1,Db1
32. Kg2,De4
33. Kf1,Db1+
34. Kg2...1/2-1/2
Aber welcher Mensch sieht so ein Remis??...
Kellerdrache - 10. Sep '18
@ Canal_Prins: Ob das alles zwingend ist ? Bei solch einer langen Variante gibt es vermutlich noch den ein oder anderen Seitenweg. 16.Tac1 ist aber in jedem Fall nicht der entscheidende Fehler.
@ Vabanque: Das trifft mich aber tief, dass du mich nicht als den größten Spieler aller Zeiten einschätzt ;-)).
@ Oli1970: Ich fürchte auch GröKaZ (größter Kommentator aller Zeiten ??) ist kein Titel den ich mir guten Gewissens selber verleihen würde
@ Vabanque: Das trifft mich aber tief, dass du mich nicht als den größten Spieler aller Zeiten einschätzt ;-)).
@ Oli1970: Ich fürchte auch GröKaZ (größter Kommentator aller Zeiten ??) ist kein Titel den ich mir guten Gewissens selber verleihen würde
Vabanque - 10. Sep '18
Vielleicht steht GröKaZ ja für 'Größter Kellerdrache aller Zeiten' ;-)
Der 'Größte Kommentator aller Zeiten' bin natürlich ich!! (Und wenns jetzt dafür kein Minus hagelt, dann ist das der beste Beweis dafür, dass hier niemand mehr mitliest ... )
Der 'Größte Kommentator aller Zeiten' bin natürlich ich!! (Und wenns jetzt dafür kein Minus hagelt, dann ist das der beste Beweis dafür, dass hier niemand mehr mitliest ... )
Vabanque - 10. Sep '18
Ich habe irgendwo oben ja auch eine (kleinere) Provokation gebracht, und keiner hat reagiert. Ich habe auch eine falsche Variante gepostet, und nur SF Oli1970 hat's gemerkt. Dann hab ich nochmal eine falsche Variante gebracht, und bisher hat niemand Einspruch erhoben ...
Oli1970 - 10. Sep '18
Ja, die Abkürzungen. Da kann nun jeder sich denken, was er möchte und für angemessen hält. :-)
Diese Computervarianten angemessen zu bewerten, finde ich schwierig. Was sind reine Materialwerte, was ist mit der Position, was liegt hinter dem Rechenhorizont - und was ist mit dem Faktor Mensch? Es ist spekulativ zu behaupten, die vorliegende Partie hätte in einer anderen Variante ein anderes Ende gefunden. Das schöne am Schach sind die Möglichkeiten, die Fehler und das Ausnutzen der Fehler.
@Vabanque: Das ist das Stockholm-Syndrom. Als Schachopfer glaube ich zunächst alles, was vom Täter gut verschleiert ist. Bei Finde-den-Fehler stehe ich gerade auf dem Schlauch.
Diese Computervarianten angemessen zu bewerten, finde ich schwierig. Was sind reine Materialwerte, was ist mit der Position, was liegt hinter dem Rechenhorizont - und was ist mit dem Faktor Mensch? Es ist spekulativ zu behaupten, die vorliegende Partie hätte in einer anderen Variante ein anderes Ende gefunden. Das schöne am Schach sind die Möglichkeiten, die Fehler und das Ausnutzen der Fehler.
@Vabanque: Das ist das Stockholm-Syndrom. Als Schachopfer glaube ich zunächst alles, was vom Täter gut verschleiert ist. Bei Finde-den-Fehler stehe ich gerade auf dem Schlauch.
Vabanque - 10. Sep '18
Naja, ich meinte die Variante nach 16. Tac1 (statt Tfc1) Lxa2 17. Ta1 Lc4. Damit gewinnt Schwarz nach 18. Dxb7 Dxb7 19. Lxb7 Tab8 20. Tfc1 mit Angriff auf den Lc4 und den dahin stehenden Bc5 mitnichten einen Bauern. Werden dann auch noch die Läufer weggeputzt, fallen wohl auch noch die Bauern c5 und b2, und dann dürfte es wirklich Remis sein. Capa hätte da sicher nicht so gespielt. Wahrscheinlich wäre auf Tac1 genauso Tab8 gekommen wie in der Partie (bzw. wie in manchen Quellen, die 16. Tac1 statt Tfc1 anführen).
Oli1970 - 10. Sep '18
Ach so, ja, das meinte ich ja oben. Wenn Schwarz nicht Lc4 spielt, sondern wieder zurück, kann es etwas anders kommen, aber einen Bauern gewinnt er nicht. Doch kein Stockholm-Syndrom. :-)
Kellerdrache - 11. Sep '18
Ein kleiner Nachtrag zu 18.Tc3. Dieser Zug ermöglicht ja z.B. erst den Vorstoß 19.c4. Mit dem Turm auf c3 ist 20.b3 wie im Kommentar erläutert wegen Da5 mit Angriff auf den Turm nicht wirkungsvoll. Bei einem Turm auf c1 sähe das ganze schon anders aus.