Smalltalk

Gestatten: Der Mittelgroße Beitrag

hilmar - 08. Aug '08
"Wie immer", dachte der Mittelgroße, oder wie er selbst gern von sich sagte: Überkleine Beitrag, "mittel ist nicht gefragt. Und wird es auch nicht."

Zu klein für richtige Prosa, zu groß - also zu überklein - für eine Marginalie, zu mehrzeilig für einen kernigen Einzeiler, zu unstrukturiert für Lyrik und die Buchstaben zu hoch für eine schlaue Fußnote voller fisseliger Zahlen und kryptischer Abkürzungen. Mittel eben, schlicht im Sinne von 'dazwischen'. Ein Hoch auf den Überkleinen Beitrag, der sich dabei nicht untergroß zu fühlen begann.

Mißgelaunt starrte der Überkleine Beitrag rüber zu einem Kleinen Beitrag, der auf dem Barhocker die Pointe baumeln ließ und mit einem Zitat flirtete. Die Statur des Kleinen verlieh ihm die Prägnanz einer Forumsposse, vielleicht auch einer Pressemitteilung. Klein und fein eben. Der Überkleine Beitrag ballte die Satzenden und erwog, dem Kleinen Beitrag – exemplarisch - eine Delle in das zusammengesetzte Adjektiv in der zweiten Zeile zu boxen, an dessen eleganter Strukturierung sich das Zitat festzusaugen begann. Ein hübsches Zitat übrigends, Rilke oder so.

In der Kneipe „Zum serifenbetonten Semikoleon“ war die Luft – wie immer - sinngeschwängert, Druckerschwärze und phtaloblaue Kalligrafiertusche flossen in Strömen, Bleiblöcke, Setzkästen und Typometer allenthalben. Der Kleine Beitrag auf seinem Hocker sah albern aus. Er hatte sich eine gelbe Öljacke über den ersten Absatz geworfen, ein verwegener gelber Südwester turnte auf seinem Einleitungssatz, modisch bis fast auf die Sohle reduzierte Gummistiefel verunzierten die Pointe.

„Schick“, gorzte der Überkleine Beitrag maliziös, an niemanden speziell gerichtet, „sieht aus wie ein langatmiger Lotsenwitz. Noch bissi Grünen Pfeffer in den Po und ein Zucchinihalsband und er kann als Fischsuppenrezept gehen.“

„Das habe ich gehört.“

Nicht wirklich entspannt schoß der Überkleine Beitrag herum und starrte in einen Nabel, oder vielmehr auf ein Komma im Hauptteil eines Großen Beitrages. Entlang der Schachtelsätze hangelte sich sein Blick langsam nach oben, wo ihn ein vokalarmes Grinsen in Empfang nahm. „Gulp“, machte der Überkleine Beitrag und versuchte augenblicklich, wie eine Stanze über Butterblumen, Liebestee und ganzheitlich zubereitete Schmetterlingsbratlinge auszusehen. Vergeblich.

„Optisch hast Du zwar recht“, hub der Große Beitrag knurrend zu beschläuen an, „doch bedenke, bevor du kritisierst: Der Kleine Beitrag da drüben kam in einem Logbuch zur Welt. Keiner weiß hier mehr über Sextanten, Fadentiefe und Hailyrik als er. Auch ist er fast der älteste hier im Raum. Lass ihm seine Macken, Seemänner sind weltschlau, spinnen aber auch und sind eigen, kapiert?“
„Yesmafriend“, schnurrte der Überkleine Beitrag, machte auf dem letzten Absatz kehrt und huschte, schnell wie eine hyperventilierende Laufschrift, in eine schattige Nische zur Linken.

In der – sehr zu seiner Freude - ein einsames Poesiealbum saß, das sofort mit den Stammbuchbildchen zu klimpern und an den Mümmelreimen herumzuzupfen begann, kaum hatte er sich auf die Polster geschmissen und seine Punkte zurecht gerückt.

Der Abend kam endlich in die Sandalen, frohlockte der Überkleine Beitrag. Dann ließ er sich einen vierstöckigen Brandy de Majuskel bringen.
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