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Ungarische Eröffnung

Tschechov - 12. Aug '18
Ich habe da mal eine Frage. Laszlò Orban gibt in seinem Buch "Schacheröffnungen. Das Königsbauerspiel als Schlüssel zu erfolgreichen Eröffnungssystemen" für die Ungarische Eröffnung die folgende Zugfolge an: 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Le2... Dagegen besteht laut Wikipedia die Ungarische Eröffnung (die hier Ungarische Verteidigung heißt) aus folgenden Zügen: 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lc4 Le7. Auch chessmail kategorisiert nur die letztere Zugolge als ungarisch. Was ist denn nun richtig?
Vabanque - 12. Aug '18
Also erstmal vorweg:

Das Buch von Laszlo Orban kannst du getrost entsorgen. Ich kenne Hunderte von Schachbüchern, aber keines, das dermaßen von offensichtlichen und eklatanten Fehlern strotzt. Bitte nicht weiterlesen in diesem Buch, du lernst nur Falsches!

1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lc4 Le7 ist zweifellos die Ungarische Verteidigung, die allerdings nur eine geringe Bedeutung in der Meisterpraxis besitzt, da diese Spielweise für Schwarz recht passiv ist und wenig Chancen für baldiges Gegenspiel besitzt.

In vielen Fällen hat man Spielweisen, die mit Schwarz etabliert waren, auch mit vertauschten Farben angewandt. Wenn man z.B. einen königsindischen Aufbau mit Weiß spielt, heißt dies Königsindischer Angriff, spielt man Holländisch mit vertauschten Farben, so spricht man von Holländisch im Anzug.

Insofern wäre es durchaus logisch, die Zugfolge 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Le2 als 'Ungarisch im Anzug' zu betiteln. Nur ist das müßig, denn kein erfahrener Spieler wird hier im 3. Zug Le2 spielen und sich damit freiwillig einschränken. Nicht alles, was mit Schwarz (der sich in den ersten Zügen in der Verteidigung befindet) sinnvoll ist, ist es auch mit Weiß.
Tschechov - 12. Aug '18
Leider habe ich gerade so eröffnet. Nun ja, man lernt aus seinen Fehlern (hoffentlich). Königsindischen Angriff spiele ich gerade gegen man2man4wolf, ich hatte ihm diese Eröffnung vorgeschlagen (quasi unser privates Thementurnier). @Laszlò Orban: Nun ja, ich habe mich schon etwas über den ein oder anderen Notationsfehler gewundert, also über Züge, die gar nicht möglich sind, aber daß das Buch generell nichts taugt, kann meinereiner eben nicht feststellen, da fehlt die fachliche Kompetenz. Zu denken gab mir immerhin, daß Orban mal ein Buch über die "Eröffnung der Zukunft" geschrieben hat, nämlich das lettische Gambit, über das ich sonst nur Schlechtes gehört habe. Nun ja, Spassky siegte mal mit dieser Eröffnung, aber ich bin nicht Spassky.
Vabanque - 12. Aug '18
>>Leider habe ich gerade so eröffnet.<<

Wie? So? 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Le2 Das wird dir nicht schaden. Mit Weiß kann man sich ohnehin mehr erlauben als mit Schwarz. Eine passive Spielweise, aber alles, was du dabei verlierst, ist die Initiative.

>>Königsindischen Angriff spiele ich gerade gegen man2man4wolf, ich hatte ihm diese Eröffnung vorgeschlagen (quasi unser privates Thementurnier).<<

Königsindischer Angriff ist doch etabliert und gut, schon seit 'Leute' wie Fischer und Petrosjan sich dieser Spielweise bedient haben. Wenn man so etwas spielt, lernt man bestimmt.

>>Zu denken gab mir immerhin, daß Orban mal ein Buch über die "Eröffnung der Zukunft" geschrieben hat, nämlich das lettische Gambit, über das ich sonst nur Schlechtes gehört habe.<<

Das lettische Gambit ist durchaus spielbar, aber man muss sich extrem gut auskennen. Kennen sich jedoch beide aus, kommt Schwarz eigentlich immer schlechter weg. Dass auch experimentierfreudige Spitzenspieler (wie Keres, Bronstein und eben auch Spassky) sich ab und zu solcher fragwürdiger Eröffnungen bedient haben, besagt wenig. Wie du richtig schreibst, unsereins ist nicht Spassky. Der kannte die Risiken so einer Spielweise und konnte sie einschätzen, wir dagegen können es nicht. Für uns ist es besser, solide zu eröffnen, sonst holt uns der Fuchs.
Für den Amateurspieler ist bei Varianten, die man außerordentlich gut kennen muss, um überhaupt überleben zu können, immer ein gesundes Misstrauen angebracht.

Der Amateurspieler fragt ja oft nach einem Buch, das ihm alle Eröffnungen möglichst leicht verständlich nahebringt. Die Antwort darauf ist schwierig; es gibt ausgezeichnete Bücher zu einzelnen Eröffnungen, aber welches Buch beinhaltet eine Einführung zu allen Eröffnungen?

Teschner: Das moderne Schachlehrbuch, Band 1 (Die Eröffnung) ist recht gut, aber natürlich mittlerweile nicht mehr 'modern'

'Das große Buch der Schacheröffnungen' vom Beyer-Verlag (versch. Autoren) ist auch nicht mehr auf dem heutigen Stand.

Richter/Teschner: 'Schacheröffnungen - der kleine Bilguer' gibt es vielleicht in einer Neuauflage.

In all diesen Büchern wird das Schwergewicht nicht gerade auf dem Lettischen Gambit liegen ;)

Es wird vielmehr so sein, dass den am häufigsten gespielten und für Amateure am besten anwendbaren Varianten der breiteste Raum gewidmet ist.
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