Smalltalk

Immer wieder Sonntag

Camelot - 08. Feb '09
Güll Friedrich

Will sehen, was ich weiß,
Vom Büblein auf dem Eis
Späte Fassung 1827

Gefroren hat es heuer
Noch gar kein festes Eis.
Das Büblein steht am Weiher
Und spricht zu sich ganz leis:
Ich will es einmal wagen,
Das Eis, es muß doch tragen. -
Wer weiß?

Das Büblein stapft und hacket
Mit seinem Stiefelein.
Das Eis auf einmal knacket,
Und krach! schon bricht's hinein.
Das Büblein platscht und krabbelt,
Als wie ein Krebs und zappelt
Mit Arm und Bein.

O helft, ich muß versinken
In lauter Eis und Schnee!
O helft, ich muß ertrinken
Im tiefen, tiefen See!
Wär nicht ein Mann gekommen,
Der sich ein Herz genommen,
O weh!

Der packt es bei dem Schopfe
Und zieht es dann heraus.
Vom Fuße bis zum Kopfe
Wie eine Wassermaus.
Das Büblein hat getropfet,
Der Vater hats geklopfet
Zu Haus.
Danjek - 08. Feb '09
Eine Blume im Eis

Eine Blume im Eis
In voller Lebenspracht breiten sich die schönsten Blumen aus.
Jede zu ihrer Zeit und jede stirbt wieder zu ihrer Zeit.
Nur eine, eine nicht.
Eine kleine Knospe, nicht weit enfernt vom Erblühen,
Sie ist erstarrt, regungslos und kalt.
Sie ist eingefroren, ihre Zeit. Im Eis gefangen ist sie.
Sie kann weder leben noch kann sie sterben.
Ist einfach erstarrt und regungslos.
Irgendwo hängengeblieben zwischen Raum und Zeit.
Man kann sie wie durch einen Spiegel betrachten.
Das Leben, was nicht leben oder sterben kann.
Und sie wirft viele Fragen auf, Fragen, die unbeantwortet sind.
Was wäre sie geworden? Was für eine Blume?
Eine stolze Rose oder ein zarte Lilie?
Wie lange hätte sie geblüht, wann wäre sie verwelkt?
Fragen, die nicht zu lösen sind.
Die kleine Blume im Eis hat den Anderen zu gesehen.
Hat das Leben und den Tod miterlebt.
Und immer mehr zieht sie das Eis um sich, gewährt ihm zu wachsen.
Sie will nicht raus, sie hat Angst vor das, was außerhalb des Eises wartet.
Hat Angst vorm Erblühen, hat Angst vorm Verwelcken, hat Angst vor der Zeit, der Welt und dem Leben.
So bleibt sie in ihren Bunker aus Eis. Ein Bunker und ein Käfig.
Schaut sich alles von außen an, spührt eine Sehnsucht, doch sie wagt es nicht,
zu groß ist die Angst.
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