Smalltalk
Bo und Frost
hilmar - 14. Mär '08
Gestern Mittag. Gerade erwog ich, Britta vor ihrem Urlaub noch mit einer gewitzten Rochade zu verblüffen, da zetert meine Türklingel. Die Bibel-Schwestern, dachte ich, zwei Tage zu früh. Oder GEZ. Unerwünscht auf jeden Fall; vor allem bei Rochade. Birkenstöckig leise, pirschend wie ein Indianer mit fragwürdigem Auftrag, schummelte ich mich hinter die Tür und gab unvermittelt ein Knurren von mir, das eine hyperventilierende Dogge augenblicklich zu ergebener Rückenlage überredet hätte. Nämlich!
Von draussen ein gebuttertes, nicht ganz akzentfreies Schnurren; akustischer Wildblütenhonig, der sich durch mein Schlüsselloch schummelte. Auf meiner Seite der Tür: Gänsehaut vom Allerfeinsten. Selbstredend siegte meine Neugierde; ich öffnete die Tür, blinzelte in das gleißende Licht des Treppenhauses, bestaunte wohl geformte Konturen. Noch bevor meine Augen sich umgestellt hatten, penetrierte ein wunderschön gebräunter Arm in Augenhöhe meinen Flur, stach in meine Intimsphäre. Am leichteren Ende, zwischen süßkirschenrot lackierten Fingernägeln, einen Prospekt schwingend. Vage enzifferte ich das Wort „Genuss“. Wohlan denn, dachte ich, das will mir doch gefallen.
"Bhoooofrosssthhh" - die Stimme ein magisches Hauchen, frei von gutturalen Knack- und Reibelauten, weich wie der Schlafgesang einer Fee - "sssu Dhiiiensssthhennnn."
Mein Hirn erigierte, mein Herz transzendierte, und während ich aufgekratzt transpirierte, richtete sich mein Augenmerk auf den feinen Schwung des Unterarmes vor meinen Pupillen. Mit Bedacht begann ich, an den zarten dunklen Härchen zu knabbern, leckte ein kleines – recht förmliches - Lecken, nahm eine verzückte Nase: halbitalienisch mütterlicherseits, vermutlich aus der Gegend um Florenz; der Vater Ire, Schotte vielleicht, irgend etwas Raues jedenfalls. Ein Blick in die Augen der sanften Sirene und ich war gänzlich erledigt; in einer Welt aus rosa Watte und sich überschlagender Hochzeitsgedanken schaffte ich es gerade noch so, Fünf-Euro-Fünfundneunzig gegen 2000 Gramm vorgebackene, bo-gefrostete Kroketten zu tauschen. Warum, weiß ich nicht mehr. Als mir die Venus das Wechselgeld reichte - mit einem Lächeln unter den kastanienbraunen Locken und einem gehauchten „Danke“ auf den leckeren Lippen, bei dem selbst Odysseus sofort den Wachs aus den Ohren geschüttelt hätte und samt angeschnallten Mast im Rücken in ihre Arme gehopst wäre - kollabierte ich formschön.
Den Nachmittag verbrachte ich vergnügt delirierend auf meiner Türschwelle, beharrlich Wärme in einen kalten Beutel Kroketten liebkosend.
Heute: Ich bin halbwegs mit mir im Reinen, den gestrigen Aussetzer als Tagtraum in den Tiefen meines Gehirnes einzulagern. Der Prospekt ist geschredderte Vergangenheit; nur noch die Kroketten, einzig verbliebener Aufhänger des Realistischen, gilt es noch zu verbacken. Ergo stehe ich in der Küche und versuche die variable Backanleitung auf dem Krokettensack mit den Gebrauchsanweisungen meiner wärmenden Haushaltsgeräte abzugleichen ... als meine Türklingel schnarrt. Hossa!
Die Venus, juchzt mein Herz: ich schnelle an den Spiegel, repariere Haupthaar und Augenbrauen mit Spucke, zerre meinen Kinnbart ins Lot und den Gürtel um zwei Löcher schmaler, werde Blau um die Nase, gebe um ein Loch nach und erhalte eine – meinen reaktivierten Gefühlen für die Venus durchaus angemessene – zarte Rötung. Prima. Den uns verbindenden Beutel getaute Kroketten vor mich haltend, öffne ich – mit dem galanten Schwung eines Musketiers, der seinen Degen zückt - die Tür. Das Lächeln, das ich zeige, ist preisverdächtig.
„Sehr schön, Herr Hilmar ... ich sehe, Sie sind vorbereitet!“ Ein lachsfarbenes Halstuch, das mehr schlecht als gelungen ein mäanderndes Dreifachkinn kaschiert; über dem ein kleiner, ovaler, lippenloser Mund Worte formt, die ich nicht hören will. „Ehhh wie einfach, Nötmüller mein Name, und richtig: für die Zubereitung von Kroketten brauchen wir Strom. Preiswerten Strom, möglichst. Womit wir beim Thema wären.“ Gutturales Knacken und Reiben, wie ein alter, schlecht justierter Weltempfänger. Fremde Spucketröpfchen auf meinen Brillengläsern, frei von den Spuren italienischer DNS. Etwa einhundertfünfundfünfzig Zentimeter in Höhe und Breite hinter einem Clipboard, am unteren Ende Waden wie die Säulen des Herkules, himmelwärts als Abschluss eine herzige Zwei-Kinder-Küche-Bad-Frisur, blond gesträhnt, löblich gescheitelt.
Sie kann nichts dafür, ich nichts dagegen tun: Mein Herz fängt an zu bröseln, die Kroketten in meinen Händen gefrieren aufs neue. Ich zerre ihr das Clipboard samt Kugelschreiber aus den Händen, signiere etwa sieben, vielleicht auch acht Mal, reiche retour und ramme die Tür zurück in den Rahmen, auf eine Art, die man nur als unmissverständlich bezeichnen kann. Dann beginne ich a) zu weinen und b) mich auf die Heimkehr meiner Liebsten zu freuen; übermorgen. Wie ich ihr den von nun an teureren Strom erklären soll, weiß ich noch nicht.
Ein herrliches Wochenende wünscht Euch der Hilmar
Nachtrag: Morgen ist Samstag, da kommen die Bibel-Schwestern. Gegen elf. Diesmal werde ich kein russisches Gedicht oder eine dadaistische Stanze zum Besten geben, wie ich es sonst zu tun pflege. Ich werde sie hereinkomplimentieren. Ihnen Kroketten – die müssen langsam weg, angetautes lebt, im Gegensatz zum HErrn, nicht ewig - und Kaffee bereiten. Mit ihnen parlieren. Über Tugend vielleicht. Oder Weltuntergänge. Oder so.
Von draussen ein gebuttertes, nicht ganz akzentfreies Schnurren; akustischer Wildblütenhonig, der sich durch mein Schlüsselloch schummelte. Auf meiner Seite der Tür: Gänsehaut vom Allerfeinsten. Selbstredend siegte meine Neugierde; ich öffnete die Tür, blinzelte in das gleißende Licht des Treppenhauses, bestaunte wohl geformte Konturen. Noch bevor meine Augen sich umgestellt hatten, penetrierte ein wunderschön gebräunter Arm in Augenhöhe meinen Flur, stach in meine Intimsphäre. Am leichteren Ende, zwischen süßkirschenrot lackierten Fingernägeln, einen Prospekt schwingend. Vage enzifferte ich das Wort „Genuss“. Wohlan denn, dachte ich, das will mir doch gefallen.
"Bhoooofrosssthhh" - die Stimme ein magisches Hauchen, frei von gutturalen Knack- und Reibelauten, weich wie der Schlafgesang einer Fee - "sssu Dhiiiensssthhennnn."
Mein Hirn erigierte, mein Herz transzendierte, und während ich aufgekratzt transpirierte, richtete sich mein Augenmerk auf den feinen Schwung des Unterarmes vor meinen Pupillen. Mit Bedacht begann ich, an den zarten dunklen Härchen zu knabbern, leckte ein kleines – recht förmliches - Lecken, nahm eine verzückte Nase: halbitalienisch mütterlicherseits, vermutlich aus der Gegend um Florenz; der Vater Ire, Schotte vielleicht, irgend etwas Raues jedenfalls. Ein Blick in die Augen der sanften Sirene und ich war gänzlich erledigt; in einer Welt aus rosa Watte und sich überschlagender Hochzeitsgedanken schaffte ich es gerade noch so, Fünf-Euro-Fünfundneunzig gegen 2000 Gramm vorgebackene, bo-gefrostete Kroketten zu tauschen. Warum, weiß ich nicht mehr. Als mir die Venus das Wechselgeld reichte - mit einem Lächeln unter den kastanienbraunen Locken und einem gehauchten „Danke“ auf den leckeren Lippen, bei dem selbst Odysseus sofort den Wachs aus den Ohren geschüttelt hätte und samt angeschnallten Mast im Rücken in ihre Arme gehopst wäre - kollabierte ich formschön.
Den Nachmittag verbrachte ich vergnügt delirierend auf meiner Türschwelle, beharrlich Wärme in einen kalten Beutel Kroketten liebkosend.
Heute: Ich bin halbwegs mit mir im Reinen, den gestrigen Aussetzer als Tagtraum in den Tiefen meines Gehirnes einzulagern. Der Prospekt ist geschredderte Vergangenheit; nur noch die Kroketten, einzig verbliebener Aufhänger des Realistischen, gilt es noch zu verbacken. Ergo stehe ich in der Küche und versuche die variable Backanleitung auf dem Krokettensack mit den Gebrauchsanweisungen meiner wärmenden Haushaltsgeräte abzugleichen ... als meine Türklingel schnarrt. Hossa!
Die Venus, juchzt mein Herz: ich schnelle an den Spiegel, repariere Haupthaar und Augenbrauen mit Spucke, zerre meinen Kinnbart ins Lot und den Gürtel um zwei Löcher schmaler, werde Blau um die Nase, gebe um ein Loch nach und erhalte eine – meinen reaktivierten Gefühlen für die Venus durchaus angemessene – zarte Rötung. Prima. Den uns verbindenden Beutel getaute Kroketten vor mich haltend, öffne ich – mit dem galanten Schwung eines Musketiers, der seinen Degen zückt - die Tür. Das Lächeln, das ich zeige, ist preisverdächtig.
„Sehr schön, Herr Hilmar ... ich sehe, Sie sind vorbereitet!“ Ein lachsfarbenes Halstuch, das mehr schlecht als gelungen ein mäanderndes Dreifachkinn kaschiert; über dem ein kleiner, ovaler, lippenloser Mund Worte formt, die ich nicht hören will. „Ehhh wie einfach, Nötmüller mein Name, und richtig: für die Zubereitung von Kroketten brauchen wir Strom. Preiswerten Strom, möglichst. Womit wir beim Thema wären.“ Gutturales Knacken und Reiben, wie ein alter, schlecht justierter Weltempfänger. Fremde Spucketröpfchen auf meinen Brillengläsern, frei von den Spuren italienischer DNS. Etwa einhundertfünfundfünfzig Zentimeter in Höhe und Breite hinter einem Clipboard, am unteren Ende Waden wie die Säulen des Herkules, himmelwärts als Abschluss eine herzige Zwei-Kinder-Küche-Bad-Frisur, blond gesträhnt, löblich gescheitelt.
Sie kann nichts dafür, ich nichts dagegen tun: Mein Herz fängt an zu bröseln, die Kroketten in meinen Händen gefrieren aufs neue. Ich zerre ihr das Clipboard samt Kugelschreiber aus den Händen, signiere etwa sieben, vielleicht auch acht Mal, reiche retour und ramme die Tür zurück in den Rahmen, auf eine Art, die man nur als unmissverständlich bezeichnen kann. Dann beginne ich a) zu weinen und b) mich auf die Heimkehr meiner Liebsten zu freuen; übermorgen. Wie ich ihr den von nun an teureren Strom erklären soll, weiß ich noch nicht.
Ein herrliches Wochenende wünscht Euch der Hilmar
Nachtrag: Morgen ist Samstag, da kommen die Bibel-Schwestern. Gegen elf. Diesmal werde ich kein russisches Gedicht oder eine dadaistische Stanze zum Besten geben, wie ich es sonst zu tun pflege. Ich werde sie hereinkomplimentieren. Ihnen Kroketten – die müssen langsam weg, angetautes lebt, im Gegensatz zum HErrn, nicht ewig - und Kaffee bereiten. Mit ihnen parlieren. Über Tugend vielleicht. Oder Weltuntergänge. Oder so.
Schachtuerke - 14. Mär '08
schön, diese Groß- und Kleinschreibung...
Zieg den Bibelschwestern doch alte Dias, das gefällt ihnen sicher.
Zieg den Bibelschwestern doch alte Dias, das gefällt ihnen sicher.
Holzgieser - 14. Mär '08
Ja, lässt sich richtig flüssig lesen, schöne Geschichte... ;-)
Das meint ein Bofroster:
Ich muß jetzt auch mal meinen Senf dazugeben.
Ich war 18 Jahre lang Bofrost-Verkaufsfahrer und habe den Job viele Jahre wirklich gerne gemacht. Vor 18 Jahren saß das Geld der Kunden noch lockerer, Aldi, Lidl & Co hatten noch keine TK-Ware, Tschernobyl ging gerade hoch, was zu Hamsterkäufen führte, die DDR gab's auch noch.
Ein leichter Job, um gutes Geld zu verdienen, da damals noch eine "richtige" Provision gezahlt wurde. Und ich habe damals wirklich nicht schlecht verdient. Auch die Arbeitszeiten hielten sich noch in Grenzen. Ich war täglich ca. 6 - 7 Stunden unterwegs inkl. Fahrt ins Verkaufsgebiet und wieder zurück. Wie gesagt, hat Spaß gemacht, hat Geld gebracht, ich dachte ernsthaft an eine lange Karriere bei der Firma.
Tja, dann wurde aus der DDR plötzlich auch BRD (liebe "Ossis", nehmt das bitte nicht persönlich, ich gönne euch eure neue Freiheit), was mehr Geld gekostet hat, als unser damaliger Kanzler Kohl veranschlagt hatte. Und wer mußte dieses Geld locker machen? Natürlich das Volk. Ergo hatten wir weniger zum Ausgeben und mußten uns entscheiden, wo wir sparen. Am Auto, des Deutschen liebsten Spielzeug? Nein! Am Urlaub, Ostsee statt Karibik? Ne, geht auch nicht. Klamotten? Billighemden statt Designerfummel? Schon dreimal nicht. Bleibt nur noch unser täglich Brot. Der Bofrost-Kunde hat also seine Bestellung gekürzt. Zack, Verdienst niedriger aber immer noch gut.
Dann kamen die Supermärkte mit ihren Tiefkühltheken, die natürlich die Bofrost-Preise deutlich unterbieten konnten, was dazu führte, das viele bei Aldi, Lidl & Co ihre Lammrücken-Medaillons für weniger Geld kauften, was ich natürlich auch an meinem Geldbeutel merkte. Fairerweise muß ich aber sagen, daß sich dieses Kaufverhalten auch wieder änderte, zumindest teilweise, da Bofrost qualitativ und geschmacklich gegenüber den Supermärkten doch ein wenig die Nase vorn hat (das ist nicht meine persönliche Meinung sondern die meiner damaligen Kunden).
Dann kam der (T)Euro und wir alle wissen, was der angerichtet hat. Ich brauch wohl niemandem erzählen, daß eine Salatgurke vor der Währungsumstellung DM 0,79 gekostet hat und danach € 0,99 oder noch mehr.
Kurz nach der Währungsumstellung bekamen wir zu allem Übel noch einen neuen Niederlassungsleiter, der nach und nach den Druck erhöhte. Unser "Alter" hatte sich seine Millionen für den Lebensabend erwirtschaftet und hatte sich zur Ruhe gesetzt. Sei ihm gegönnt. Der "Neue" ließ uns erst arbeiten, wie wir es gewohnt waren, dann, nach und nach, mußten wir immer mehr nebenbei machen: Neukunden werben (bzw. Kontakte), gezielt Kundenkarten anbieten, bis zu 4 Aktionen anbieten (statt der gewohnten 2, für die es dann auch keine Extra-Prämie mehr gab, also kein finanzieller Anreiz, die Aktionen mit Nachdruck anzubieten), Vorbestellungen einholen (um für den nächsten Besuch schon den Auftrag in der Tasche zu haben) usw. etc.
Die Folge war, daß sich meine Außendienstzeit um 1,5 - 2 Stunden erhöht hat, der Umsatz aber nicht unbedingt. Und da bei Bofrost die Arbeitszeit unerheblich ist, heißt das einfach: weniger Freizeit, mehr Arbeit. Und Leistung wird bei Bofrost nur über den Umsatz und die Aktionszahlen definiert. Was das Fass allerdings zum überlaufen brachte, war die Einführung eines neuen Gehaltssystems, mit dem wir ja soooooo viel mehr verdienen können. Wir mußten dazu nur nicht nachvollziehbare Umsatzvorgaben toppen um in den Prämientopf greifen zu dürfen.
Leichter gesagt als getan, denn wer erst mal im Minus war, mußte erst mal sehen, daß er wieder auf Null kam. Ich habe im Jahr nur 3 oder 4 Monate diese Prämien bekommen. Wäre das Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht gewesen, welches sich nach der Länge der Betriebszugehörigkeit staffelt, hätte ich finanziell noch dümmer aus der Wäsche geschaut.
Nur dem sehr guten Kontakt zu meinen Kunden (in den 18 Jahren sind auch Freundschaften entstanden) und dem miserablen Arbeitsmarkt ist es zu verdanken, daß ich es so lange bei diesem Verein ausgehalten habe.
Zum guten Glück hat mir ein Ex-Pommesschubser den Job vermittelt, den ich jetzt seit 08/2007 mache. Hier werde ich jetzt nach Stunden bezahlt, was ja bei Bofrost nicht der Fall ist.
Ich kann blos jedem raten, lieber putzen zu gehen. Der Stundenlohn ist einfach besser.
Bofrost essen - sehr gerne, aber für die Firma noch mal arbeiten - nein danke.
forum.kijiji.de/about6533-135.html
Das meint ein Bofroster:
Ich muß jetzt auch mal meinen Senf dazugeben.
Ich war 18 Jahre lang Bofrost-Verkaufsfahrer und habe den Job viele Jahre wirklich gerne gemacht. Vor 18 Jahren saß das Geld der Kunden noch lockerer, Aldi, Lidl & Co hatten noch keine TK-Ware, Tschernobyl ging gerade hoch, was zu Hamsterkäufen führte, die DDR gab's auch noch.
Ein leichter Job, um gutes Geld zu verdienen, da damals noch eine "richtige" Provision gezahlt wurde. Und ich habe damals wirklich nicht schlecht verdient. Auch die Arbeitszeiten hielten sich noch in Grenzen. Ich war täglich ca. 6 - 7 Stunden unterwegs inkl. Fahrt ins Verkaufsgebiet und wieder zurück. Wie gesagt, hat Spaß gemacht, hat Geld gebracht, ich dachte ernsthaft an eine lange Karriere bei der Firma.
Tja, dann wurde aus der DDR plötzlich auch BRD (liebe "Ossis", nehmt das bitte nicht persönlich, ich gönne euch eure neue Freiheit), was mehr Geld gekostet hat, als unser damaliger Kanzler Kohl veranschlagt hatte. Und wer mußte dieses Geld locker machen? Natürlich das Volk. Ergo hatten wir weniger zum Ausgeben und mußten uns entscheiden, wo wir sparen. Am Auto, des Deutschen liebsten Spielzeug? Nein! Am Urlaub, Ostsee statt Karibik? Ne, geht auch nicht. Klamotten? Billighemden statt Designerfummel? Schon dreimal nicht. Bleibt nur noch unser täglich Brot. Der Bofrost-Kunde hat also seine Bestellung gekürzt. Zack, Verdienst niedriger aber immer noch gut.
Dann kamen die Supermärkte mit ihren Tiefkühltheken, die natürlich die Bofrost-Preise deutlich unterbieten konnten, was dazu führte, das viele bei Aldi, Lidl & Co ihre Lammrücken-Medaillons für weniger Geld kauften, was ich natürlich auch an meinem Geldbeutel merkte. Fairerweise muß ich aber sagen, daß sich dieses Kaufverhalten auch wieder änderte, zumindest teilweise, da Bofrost qualitativ und geschmacklich gegenüber den Supermärkten doch ein wenig die Nase vorn hat (das ist nicht meine persönliche Meinung sondern die meiner damaligen Kunden).
Dann kam der (T)Euro und wir alle wissen, was der angerichtet hat. Ich brauch wohl niemandem erzählen, daß eine Salatgurke vor der Währungsumstellung DM 0,79 gekostet hat und danach € 0,99 oder noch mehr.
Kurz nach der Währungsumstellung bekamen wir zu allem Übel noch einen neuen Niederlassungsleiter, der nach und nach den Druck erhöhte. Unser "Alter" hatte sich seine Millionen für den Lebensabend erwirtschaftet und hatte sich zur Ruhe gesetzt. Sei ihm gegönnt. Der "Neue" ließ uns erst arbeiten, wie wir es gewohnt waren, dann, nach und nach, mußten wir immer mehr nebenbei machen: Neukunden werben (bzw. Kontakte), gezielt Kundenkarten anbieten, bis zu 4 Aktionen anbieten (statt der gewohnten 2, für die es dann auch keine Extra-Prämie mehr gab, also kein finanzieller Anreiz, die Aktionen mit Nachdruck anzubieten), Vorbestellungen einholen (um für den nächsten Besuch schon den Auftrag in der Tasche zu haben) usw. etc.
Die Folge war, daß sich meine Außendienstzeit um 1,5 - 2 Stunden erhöht hat, der Umsatz aber nicht unbedingt. Und da bei Bofrost die Arbeitszeit unerheblich ist, heißt das einfach: weniger Freizeit, mehr Arbeit. Und Leistung wird bei Bofrost nur über den Umsatz und die Aktionszahlen definiert. Was das Fass allerdings zum überlaufen brachte, war die Einführung eines neuen Gehaltssystems, mit dem wir ja soooooo viel mehr verdienen können. Wir mußten dazu nur nicht nachvollziehbare Umsatzvorgaben toppen um in den Prämientopf greifen zu dürfen.
Leichter gesagt als getan, denn wer erst mal im Minus war, mußte erst mal sehen, daß er wieder auf Null kam. Ich habe im Jahr nur 3 oder 4 Monate diese Prämien bekommen. Wäre das Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht gewesen, welches sich nach der Länge der Betriebszugehörigkeit staffelt, hätte ich finanziell noch dümmer aus der Wäsche geschaut.
Nur dem sehr guten Kontakt zu meinen Kunden (in den 18 Jahren sind auch Freundschaften entstanden) und dem miserablen Arbeitsmarkt ist es zu verdanken, daß ich es so lange bei diesem Verein ausgehalten habe.
Zum guten Glück hat mir ein Ex-Pommesschubser den Job vermittelt, den ich jetzt seit 08/2007 mache. Hier werde ich jetzt nach Stunden bezahlt, was ja bei Bofrost nicht der Fall ist.
Ich kann blos jedem raten, lieber putzen zu gehen. Der Stundenlohn ist einfach besser.
Bofrost essen - sehr gerne, aber für die Firma noch mal arbeiten - nein danke.
forum.kijiji.de/about6533-135.html
helmsman - 14. Mär '08
Hoffentlich liest Deine Liebste übermorgen diesen genießerischen Tagtraum mit Elektroschock nicht :(
Es könnten eisige Zeiten werden ~~~~
h.
Es könnten eisige Zeiten werden ~~~~
h.
josrai - 14. Mär '08
..ja,auch Du warst offenbar Opfer der "Gewinnoptimierung" !
...hast Dich aber auch nicht rechtzeitig umgestellt---mit Perücke , lackierten Fingernägeln,einen Hauch von Stimme(kann man trainieren)----würdest Du hunderte
Hilmar,s mit Kroketten und/oder sonstigem beglücken und hervorragende Umsätze vorweisen ;-)
...nicht,s für ungut ;-)
...hast Dich aber auch nicht rechtzeitig umgestellt---mit Perücke , lackierten Fingernägeln,einen Hauch von Stimme(kann man trainieren)----würdest Du hunderte
Hilmar,s mit Kroketten und/oder sonstigem beglücken und hervorragende Umsätze vorweisen ;-)
...nicht,s für ungut ;-)
frosti_55 - 14. Mär '08
Hier kann ich dir nur voll zustimmen. Habe auch 10 Jahre in dem Metier gearbeitet. Daher auch mein Nick ;-)
Der Markt auf diesem Gebiet wird immer schwieriger, da dem Volk das Geld zum Leben fehlt.
Der Markt auf diesem Gebiet wird immer schwieriger, da dem Volk das Geld zum Leben fehlt.
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