Smalltalk
Kulturbeitrag
tantenschreck - 04. Apr '08
Hallöchen zusammen
Bin gerade über ein Gedicht gestolpert und dachte, das kann man ruhig mal anderen mitteilen.
Es sind zwar ernste Gedanken, fand es aber schön.
Wolfgang Heidenreich: Variation nach Petrarca
Du fragst mich, was ich treibe? Aus mir
Vertrieben löse ich mich auf.
Was ich begehre? Aufatmen, Ruhe.
Mit welchem Herzen? Mich übend
In den Dingen, an denen ich verzweifle.
Mein Ziel? Ein Abschied ohne Schmerz.
Und danach? Vergehend oder werdend –
Gehorsam der Natur. Mein Leben?
Beengt vom Drängen der Geburt.
Mein Antlitz? Elend bisweilen, wenig weise.
Krauser Spiegel meiner Not. Wer mich
Begleite? Die Freundlichen, die sich
Der Toten freun. Und im Herzen?
Die kleine Weile liebend, die
Dem Lebenshauch noch bleibt.
wünsche einen schönen Tag
Bin gerade über ein Gedicht gestolpert und dachte, das kann man ruhig mal anderen mitteilen.
Es sind zwar ernste Gedanken, fand es aber schön.
Wolfgang Heidenreich: Variation nach Petrarca
Du fragst mich, was ich treibe? Aus mir
Vertrieben löse ich mich auf.
Was ich begehre? Aufatmen, Ruhe.
Mit welchem Herzen? Mich übend
In den Dingen, an denen ich verzweifle.
Mein Ziel? Ein Abschied ohne Schmerz.
Und danach? Vergehend oder werdend –
Gehorsam der Natur. Mein Leben?
Beengt vom Drängen der Geburt.
Mein Antlitz? Elend bisweilen, wenig weise.
Krauser Spiegel meiner Not. Wer mich
Begleite? Die Freundlichen, die sich
Der Toten freun. Und im Herzen?
Die kleine Weile liebend, die
Dem Lebenshauch noch bleibt.
wünsche einen schönen Tag
Camelot - 04. Apr '08
Walter Schnatz
Vorsonett
Sonett – ein Tempel des Erhabenen
und Kemenate hinter Butzenscheiben?
Gedächnisstele des Begrabenen
von sang – und klanglos durchgemachten Leiden?
Petrarca hätte aufgehört zu schreiben,
Louise Labe´ sich ewig nicht verziehen,
in Wortgehäusen jüngferlich zu bleiben,
wenn ein Sonett nicht freie Melodien
mit Leidenschaft, mit Inbrunst, weltbedeutend
aus ihnen hätte, Pegasusse reitend,
hervorgebracht, lebendig, ungestüm.
Sonettendünkel sind zum Haareraufen.
Als Verskunst mir noch unergründlich schien,
da sind mir schon Sonette unterlaufen.
Vorsonett
Sonett – ein Tempel des Erhabenen
und Kemenate hinter Butzenscheiben?
Gedächnisstele des Begrabenen
von sang – und klanglos durchgemachten Leiden?
Petrarca hätte aufgehört zu schreiben,
Louise Labe´ sich ewig nicht verziehen,
in Wortgehäusen jüngferlich zu bleiben,
wenn ein Sonett nicht freie Melodien
mit Leidenschaft, mit Inbrunst, weltbedeutend
aus ihnen hätte, Pegasusse reitend,
hervorgebracht, lebendig, ungestüm.
Sonettendünkel sind zum Haareraufen.
Als Verskunst mir noch unergründlich schien,
da sind mir schon Sonette unterlaufen.
OpaJuergen - 04. Apr '08
Wem ist nicht gleiches widerfahren,
der vollen Brust, des leeren Geistes Überschwang
der Welt, dem Universum gar zu offenbaren ?
Denk ich zurück - dann wird mir heut noch bang ;-)
Es geht ja noch , das "reim Dich oder..."
der vollen Brust, des leeren Geistes Überschwang
der Welt, dem Universum gar zu offenbaren ?
Denk ich zurück - dann wird mir heut noch bang ;-)
Es geht ja noch , das "reim Dich oder..."
helmsman - 04. Apr '08
Dann will auch ich der humanistischen Bildung meine Referenz erweisen und die lustvolle Leere des machtstark erlebten Geistes aus übervollem Herzen strömen lassen:
Lepus der Hase,
sedebat, er saß.
In via, auf der Straße,
edebat - er aß.
Ooh.
Na, nichts für ungut :D
Lepus der Hase,
sedebat, er saß.
In via, auf der Straße,
edebat - er aß.
Ooh.
Na, nichts für ungut :D
rodagom - 05. Apr '08
Du meine heilige Einsamkeit,
Du bist so reich und rein und weit
Wie ein erwachender Garten.
Meine heilige Einsamkeit du
Halte die goldene Türe zu,
Vor denen die Wünsche warten.
Rilke - Advent
Du bist so reich und rein und weit
Wie ein erwachender Garten.
Meine heilige Einsamkeit du
Halte die goldene Türe zu,
Vor denen die Wünsche warten.
Rilke - Advent
OpaJuergen - 05. Apr '08
Man merkt´s - es geht schon wieder straff auf Weihnachten zu ;-)
Gorz - 07. Apr '08
ich bin NICHT der meinung und sag mal kontra mit diesem:
Mascha Kaléko
Kurzer Epilog
Du hast mir bis zuletzt noch ›Sie‹ gesagt,
Und schwiegst per ›du‹. Ich lernte warten, leiden.
Du sahst mir zu. Und dann sprachst du vom Scheiden.
Ich habe nicht warum, wohin gefragt.
Du hörtest mich mit all den andern lachen,
Und wußtest wohl, daß mir an keinem lag.
Du sahst sie mich verwöhnen Tag um Tag,
Mir unerwünschte Komplimente machen.
Kein Wort aus deinem Mund. Du hattest Zeit …
Kein Ton aus meinem. Denn ich hatte Ehre.
Ich tat so kühl. – Ein Hauch von dir, ich wäre
Dir nachgefolgt in die Unendlichkeit.
Kein Sommer war wie jener groß und klar.
Wir haben ihn mit dummer Hand verschwendet.
Nun aber, da das Kinderspiel beendet,
Begreifen wir, daß es der letzte war.
Gleich als du fort warst, fing es an zu regnen.
– Ich wußte, daß ein Ende so beginnt.
Weil wir nie wieder denen begegnen,
Die für uns ausersehen sind.
Mascha Kaléko
Kurzer Epilog
Du hast mir bis zuletzt noch ›Sie‹ gesagt,
Und schwiegst per ›du‹. Ich lernte warten, leiden.
Du sahst mir zu. Und dann sprachst du vom Scheiden.
Ich habe nicht warum, wohin gefragt.
Du hörtest mich mit all den andern lachen,
Und wußtest wohl, daß mir an keinem lag.
Du sahst sie mich verwöhnen Tag um Tag,
Mir unerwünschte Komplimente machen.
Kein Wort aus deinem Mund. Du hattest Zeit …
Kein Ton aus meinem. Denn ich hatte Ehre.
Ich tat so kühl. – Ein Hauch von dir, ich wäre
Dir nachgefolgt in die Unendlichkeit.
Kein Sommer war wie jener groß und klar.
Wir haben ihn mit dummer Hand verschwendet.
Nun aber, da das Kinderspiel beendet,
Begreifen wir, daß es der letzte war.
Gleich als du fort warst, fing es an zu regnen.
– Ich wußte, daß ein Ende so beginnt.
Weil wir nie wieder denen begegnen,
Die für uns ausersehen sind.
Gorz - 07. Apr '08
und noch eines:
Christian Morgenstern
Im Reich der Interpunktionen
Im Reich der Interpunktionen
nicht fürder goldner Friede prunkt:
Die Semikolons werden Drohnen
genannt von Beistrich und von Punkt.
Es bildet sich zur selben Stund
ein Antisemikolonbund.
Die einzigen, die stumm entweichen
(wie immer), sind die Fragezeichen.
Die Semikolons, die sehr jammern,
umstellt man mit geschwungnen Klammern
und setzt die so gefangnen Wesen
noch obendrein in Parenthesen.
Das Minuszeichen naht, und - schwapp!
da zieht es sie vom Leben ab.
Kopfschüttelnd blicken auf die Leichen
die heimgekehrten Fragezeichen.
Doch, wehe! neuer Kampf sich schürzt:
Gedankenstrich auf Komma stürzt -
und fährt ihm schneidend durch den Hals,
bis dieser gleich - und ebenfalls
(wie jener mörderisch bezweckt)
als Strichpunkt das Gefild bedeckt! . . .
Stumm trägt man auf den Totengarten
die Semikolons beider Arten.
Was übrig von Gedankenstrichen,
kommt schwarz und schweigsam nachgeschlichen.
Das Ausrufszeichen hält die Predigt;
das Kolon dient ihm als Adjunkt.
Dann, jeder Kommaform entledigt,
stapft heimwärts man, Strich, Punkt, Strich, Punkt . . .
Christian Morgenstern
Im Reich der Interpunktionen
Im Reich der Interpunktionen
nicht fürder goldner Friede prunkt:
Die Semikolons werden Drohnen
genannt von Beistrich und von Punkt.
Es bildet sich zur selben Stund
ein Antisemikolonbund.
Die einzigen, die stumm entweichen
(wie immer), sind die Fragezeichen.
Die Semikolons, die sehr jammern,
umstellt man mit geschwungnen Klammern
und setzt die so gefangnen Wesen
noch obendrein in Parenthesen.
Das Minuszeichen naht, und - schwapp!
da zieht es sie vom Leben ab.
Kopfschüttelnd blicken auf die Leichen
die heimgekehrten Fragezeichen.
Doch, wehe! neuer Kampf sich schürzt:
Gedankenstrich auf Komma stürzt -
und fährt ihm schneidend durch den Hals,
bis dieser gleich - und ebenfalls
(wie jener mörderisch bezweckt)
als Strichpunkt das Gefild bedeckt! . . .
Stumm trägt man auf den Totengarten
die Semikolons beider Arten.
Was übrig von Gedankenstrichen,
kommt schwarz und schweigsam nachgeschlichen.
Das Ausrufszeichen hält die Predigt;
das Kolon dient ihm als Adjunkt.
Dann, jeder Kommaform entledigt,
stapft heimwärts man, Strich, Punkt, Strich, Punkt . . .
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