Schach
Schachgedanquen (4): Die Hilflosigkeit des Springers
Vabanque - 30. Jun '25
Bearbeitet
Der Springer ist sicherlich die verwirrendste und auch 'hinterhältigste' Figur im Schach mit seinen ständig gleichsam aus dem Nichts auftauchenden Gabeldrohungen. Ich habe Spieler gekannt, die von Anfang an versuchten, um jeden Preis die gegnerischen Springer abzutauschen😁
Aber im Endspiel, gegenüber Freibauern, und gar wenn es sich um Randbauern handelt (die doch sonst im Endspiel nicht so hoch im Kurs stehen!), gebärdet sich der sonst so gefährliche Springer oft bemerkenswert hilflos.
Sehen wir uns ein - wie ich meine - einfaches, aber eindrückliches Beispiel an.
Es handelt sich um die letzten Züge einer Partie, die der damals erst 15jährige Inder Barua im Jahre 1982 beim Lloyds Bank Masters Turnier gegen den mächtigen GM Viktor Korchnoi gewann.
Die Stellung nach dem 51. Zug von Schwarz sah so aus:
Korchnois Gaul spielt hier eine traurige Rolle. Er ist zur Bewachung des weißen h-Bauern abgestellt, der nur ein Feld vor einer märchenhaften Verwandlung in eine schöne Prinzessin steht.
Eigentlich hat Schwarz ja 2 Mehrbauern.
Aber wie wir alle ja wissen (sollten), kommt es im Endspiel nicht auf die reine Anzahl der Bauern an, sondern auf ihre Verwertbarkeit. Am wertvollsten sind natürlich Freibauern, und sie werden umso stärker, je weiter sie vorgerückt sind (das hatten wir neulich schon mal).
Die schwarzen Mehrbauern sind wenig wert, es würde recht lange dauern, bis Schwarz am Damenflügel auch einen Freibauern gebildet hätte. Dazu wird es auch überhaupt nicht mehr kommen.
Denn in der Diagrammstellung spielte der junge Inder
52. Sxe5!,
um das schwarze Ross vom Umwandlungsfeld abzulenken. Das Springer'opfer' ist also nur ein Scheinopfer, denn Schwarz darf natürlich nicht Sxe5 schlagen, sondern muss, um den weißen h-Bauern weiter zu bewachen,
52... Sh8 antworten, auch wenn der Rappe jetzt noch trauriger in die Landschaft blickt als vorher:
Und jetzt kommt sogar ein 'richtiges' Springeropfer von Weiß:
53. Sxf7! Sxf7 54. e5!
Damit haben wir exakt die Stellung, in der sich die angekündigte Hilflosigkeit des Springers im Endspiel offenbart:
(Falls das automatisch auf den Kopf gestellte Diagramm irritiert, mit den Pfeiltasten lässt es sich drehen.)
Das Opfer des Bauern e5 ist natürlich wieder ein Scheinopfer, aber wenn er nicht genommen werden kann, wird er weiter vordringen, und Schwarz kann absolut nichts dagegen unternehmen, dass sich einer der beiden weißen Freibauern (das Opfer des wS auf f7 hat ja nun auch den e-Bauern frei gemacht!) schließlich umwandelt, zumal auch der schwarze König sich noch schlaftrunken im Bett (a8) räkelt und viel zu weit weg steht, um eingreifen zu können.
Korchnoi gab hier also auf.
Hilfloser Rappe und verschlafener König sind eben kein gutes Team gegen Freibauern im Endspiel! (Der Chef kann nun mal nicht erwarten, dass ein einziger Mitarbeiter das ganze Pensum allein erledigt, wenn er selbst derweil gemütlich in der Ecke döst.)
Wenn ich diese einfachen Beispiele so ausführlich darstelle, so ist das der Fall, weil ich möchte, dass alle Interessierten, auch weniger erfahrene Spieler, alles vollständig nachvollziehen können.
Umgekehrt hoffe ich, dass auch geübte Spieler an den Beispielen noch etwas Gefallen finden.
Danque im Voraus fürs Lesen!
Aber im Endspiel, gegenüber Freibauern, und gar wenn es sich um Randbauern handelt (die doch sonst im Endspiel nicht so hoch im Kurs stehen!), gebärdet sich der sonst so gefährliche Springer oft bemerkenswert hilflos.
Sehen wir uns ein - wie ich meine - einfaches, aber eindrückliches Beispiel an.
Es handelt sich um die letzten Züge einer Partie, die der damals erst 15jährige Inder Barua im Jahre 1982 beim Lloyds Bank Masters Turnier gegen den mächtigen GM Viktor Korchnoi gewann.
Die Stellung nach dem 51. Zug von Schwarz sah so aus:
k7/5p1P/p1p3n1/4p3/4P1N1/1p2K3/1P6/8 w - - 3 52
Korchnois Gaul spielt hier eine traurige Rolle. Er ist zur Bewachung des weißen h-Bauern abgestellt, der nur ein Feld vor einer märchenhaften Verwandlung in eine schöne Prinzessin steht.
Eigentlich hat Schwarz ja 2 Mehrbauern.
Aber wie wir alle ja wissen (sollten), kommt es im Endspiel nicht auf die reine Anzahl der Bauern an, sondern auf ihre Verwertbarkeit. Am wertvollsten sind natürlich Freibauern, und sie werden umso stärker, je weiter sie vorgerückt sind (das hatten wir neulich schon mal).
Die schwarzen Mehrbauern sind wenig wert, es würde recht lange dauern, bis Schwarz am Damenflügel auch einen Freibauern gebildet hätte. Dazu wird es auch überhaupt nicht mehr kommen.
Denn in der Diagrammstellung spielte der junge Inder
52. Sxe5!,
um das schwarze Ross vom Umwandlungsfeld abzulenken. Das Springer'opfer' ist also nur ein Scheinopfer, denn Schwarz darf natürlich nicht Sxe5 schlagen, sondern muss, um den weißen h-Bauern weiter zu bewachen,
52... Sh8 antworten, auch wenn der Rappe jetzt noch trauriger in die Landschaft blickt als vorher:
k6n/5p1P/p1p5/4N3/4P3/1p2K3/1P6/8 w - - 1 53
Und jetzt kommt sogar ein 'richtiges' Springeropfer von Weiß:
53. Sxf7! Sxf7 54. e5!
Damit haben wir exakt die Stellung, in der sich die angekündigte Hilflosigkeit des Springers im Endspiel offenbart:
k7/5n1P/p1p5/4P3/8/1p2K3/1P6/8 b - - 0 54
(Falls das automatisch auf den Kopf gestellte Diagramm irritiert, mit den Pfeiltasten lässt es sich drehen.)
Das Opfer des Bauern e5 ist natürlich wieder ein Scheinopfer, aber wenn er nicht genommen werden kann, wird er weiter vordringen, und Schwarz kann absolut nichts dagegen unternehmen, dass sich einer der beiden weißen Freibauern (das Opfer des wS auf f7 hat ja nun auch den e-Bauern frei gemacht!) schließlich umwandelt, zumal auch der schwarze König sich noch schlaftrunken im Bett (a8) räkelt und viel zu weit weg steht, um eingreifen zu können.
Korchnoi gab hier also auf.
Hilfloser Rappe und verschlafener König sind eben kein gutes Team gegen Freibauern im Endspiel! (Der Chef kann nun mal nicht erwarten, dass ein einziger Mitarbeiter das ganze Pensum allein erledigt, wenn er selbst derweil gemütlich in der Ecke döst.)
Wenn ich diese einfachen Beispiele so ausführlich darstelle, so ist das der Fall, weil ich möchte, dass alle Interessierten, auch weniger erfahrene Spieler, alles vollständig nachvollziehen können.
Umgekehrt hoffe ich, dass auch geübte Spieler an den Beispielen noch etwas Gefallen finden.
Danque im Voraus fürs Lesen!
toby84 - 30. Jun '25
Bearbeitet
die frage ist, ob es nicht einfach der starke h-bauer ist, der hier die partie gewinnt. ein läufer auf g7 würde in dieser stellung nämlich genauso traurig aussehen.
1. Sh6 kann nicht geschlagen werden und folgendes Sf7 sorgt dafür, dass der läufer schon zwingend für den h-bauern geopfert werden muss.
korrektur: ok, erst muss sich der könig aus dem potenziellen schach bewegen 😉 aber sonst funktioniert das einwandfrei.
1. Sh6 kann nicht geschlagen werden und folgendes Sf7 sorgt dafür, dass der läufer schon zwingend für den h-bauern geopfert werden muss.
korrektur: ok, erst muss sich der könig aus dem potenziellen schach bewegen 😉 aber sonst funktioniert das einwandfrei.
Vabanque - 30. Jun '25
Ja, da ist was dran. Der L könnte sich allerdings, wie du auch schreibst, noch für den Bauern opfern, der Springer hat nicht einmal diese Chance.
cutter - 30. Jun '25
Ginge es um den L, wäre nach seinem Opfer der weiße S bärenstark und weiß gewinnt mit seinem letzten verbliebenen Bauern...
Vabanque - 02. Jul '25
>>cutter - 30. Jun '25
Ginge es um den L, wäre nach seinem Opfer der weiße S bärenstark und weiß gewinnt mit seinem letzten verbliebenen Bauern...<<
Ich nehme an, du meinst diese (hypothetische!) Stellung:
Ginge es um den L, wäre nach seinem Opfer der weiße S bärenstark und weiß gewinnt mit seinem letzten verbliebenen Bauern...<<
Ich nehme an, du meinst diese (hypothetische!) Stellung:
k7/5pbP/p1p5/4p3/4P1N1/1p2K3/1P6/8 w - - 0 1