Kommentierte Spiele
Zerstörung der Rochadestellung (III): Kovacevic - Nicolac
Vabanque - 03. Mai '25
Diese Partie hatte ich schon vor einiger Zeit kommentiert, von daher ist es reiner Zufall, dass der Verlierer ausgerechnet der 1932 geborene kroatische GM Juraj Nikolac ist, den SF aspire5 kürzlich in einem Beitrag als ältesten momentan noch lebenden GM gewürdigt hatte. (Vielleicht kann ich irgendwann zwecks 'Ehrenrettung' auch eine Gewinnpartie dieses GM bringen.)
Der Gewinner dieser Partie, der 1975 geborene ebenfalls kroatische GM Blazimir Kovacevic (es gibt etliche GM mit diesem Nachnamen; wahrscheinlich ist Kovacevic in Kroatien so häufig wie bei uns Müller ... SF matun könnte Auskunft geben) triumphierte hier im Jahre 1997 mit jugendlichem Elan über die Erfahrung des Alters.
Zwar wird eine Rochadestellung recht häufig durch ein Läuferopfer auf h7 (bzw. h2) zerstört; in vorliegender Partie liegt jedoch nicht der absolute Standardfall vor, sondern es treten einige zusätzliche, originelle Pointen hinzu. Am Ende kommt es dann gar noch zu einer Königsjagd.































PGN anzeigen
Der Gewinner dieser Partie, der 1975 geborene ebenfalls kroatische GM Blazimir Kovacevic (es gibt etliche GM mit diesem Nachnamen; wahrscheinlich ist Kovacevic in Kroatien so häufig wie bei uns Müller ... SF matun könnte Auskunft geben) triumphierte hier im Jahre 1997 mit jugendlichem Elan über die Erfahrung des Alters.
Zwar wird eine Rochadestellung recht häufig durch ein Läuferopfer auf h7 (bzw. h2) zerstört; in vorliegender Partie liegt jedoch nicht der absolute Standardfall vor, sondern es treten einige zusätzliche, originelle Pointen hinzu. Am Ende kommt es dann gar noch zu einer Königsjagd.
Kovacevic, Blazimir Nikolac, Juraj Medulin Tch-CRO 1L | 1997 | 1:0
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 Sf6 2. Sf3 e6 3. c4 b6 4. e3 Lb7 5. Ld3 Le7 6. O-O O-O 7. Sc3 Wieder eine Partie, wo man kaum glauben mag, dass aus einem so ruhigen, positionellen Anfang derart schnell ein vernichtender Angriff entstehen wird. d5 8. b3 c5 9. Lb2 xd4
Mit Sbd7 hätte Schwarz die Spannung im Zentrum aufrecht erhalten können. Aber er spielt darauf, Weiß Bauernschwächen im Zentrum zu verschaffen.
10. xd4 Sc6 Der weiße Bauer d4 hat nun keine Unterstützung durch benachbarte Bauern mehr, er ist ein 'Isolani'. Zudem schränkt er den Lb2 ein. Ein wirklicher Vorteil ergibt sich daraus für Schwarz allerdings nicht. Noch ist, wie man so zu sagen pflegt, 'nichts los'. 11. Tc1 Tc8 12. Te1 Te8 Gibt dem Weißen eine winzige Gelegenheit. Sb4 war zu überlegen.
13. xd5 Sxd5 14. Sxd5 Dxd5 15. Le4 Dd6 16. d5 Dadurch wird Weiß nicht nur seinen Isolani los, er öffnet auch die Diagonale des Lb2. Die schwarze Strategie ging nicht auf, die weißen Figuren stehen harmonischer. xd5 17. Dxd5 Sa5?? Der erste Fehler in der Partie, und gleich ein entscheidender! Dieser brachiale Versuch, die weiße Dame aus ihrer dominierenden Zentralposition zu vertreiben, ist bereits der Verlustzug. Schwarz musste unbedingt mit Dxd5 die Damen tauschen.
18. Txc8!! Eine notwendige Vorbereitung für das folgende Läuferopfer. Txc8 Erzwungen. 19. Lxh7+! Das Opfer funktioniert, da die weißen Figuren alle einsatzbereit stehen. Kxh7 Schwarz konnte immerhin noch Kf8 versuchen, natürlich ohne viel Hoffnung auf Rettung.
20. Sg5+ Kh6 Das Herauslaufen sieht noch wie eine Chance aus. (Nach einer anderen Quelle spielte Schwarz hier Kg6, was aber nichts ändert.) 21. Dxf7 Kxg5 Ein Feind weniger, aber der schwarze König ist zu schutzlos. Der schwarze Materialvorteil hilft ihm nicht, seine Figuren stehen auf der falschen Brettseite. Vor allem der im 17. Zug auf a5 platzierte Springer ruht noch immer beschaulich dort und wird nie wieder Gelegenheit bekommen, ins Spiel einzugreifen (ebenso wie Lb7 und Tc8). 22. Dxg7+ Schwarz hatte keine Lust auf die nun folgende Königsjagd und gab auf. Schade für uns, aber wir können uns ja überlegen, wie die Partie noch hätte zu Ende gehen können.
Oli1970 - 03. Mai '25
Das ist ja eine Knaller-Partie! Wie findet man den sowas?! Ein Fehler und fünf Züge später ist das Spiel gegessen. Und dabei sehen diese Züge nicht einmal besonders überraschend sondern einfach folgerichtig aus, wenn man annimmt, dass das Läuferopfer auf h7 erfolgreich ist.
Sehr ausführlich kommentiert, da bleiben keine Fragen oder Anmerkungen mehr zu machen. Vielleicht eine Philosophie zu 18.Txc8: Es ist erstaunlich oft vorteilhaft in überlegener Stellung, als erster den Turm zu tauschen. Zumindest in den täglichen Schachaufgaben passt das fast immer. Naja, oft ist es schwierig genug zu erkennen, wer tatsächlich besser steht. :-)
Sehr ausführlich kommentiert, da bleiben keine Fragen oder Anmerkungen mehr zu machen. Vielleicht eine Philosophie zu 18.Txc8: Es ist erstaunlich oft vorteilhaft in überlegener Stellung, als erster den Turm zu tauschen. Zumindest in den täglichen Schachaufgaben passt das fast immer. Naja, oft ist es schwierig genug zu erkennen, wer tatsächlich besser steht. :-)
toby84 - 03. Mai '25
In den täglichen schachaufgaben sind grundsätzlich sehr oft schlagzüge der richtige start 😉
Vabanque - 03. Mai '25
Bearbeitet
Naja, ich weiß nicht, ob einem diese Philosophie in den eigenen Partien jetzt so viel weiterhilft😉
Dass Weiß vor dem Läuferopfer zuerst den Turm tauschen musste, basiert auf absolut nicht-trivialer Berechnung (warum kann Schwarz nicht die Dame nehmen? warum kann er nicht mit dem Läufer auf c8 nehmen?). Da muss man schon durchblicken, um so zu spielen ... auch wenn es hinterher gar nicht sooo schwer aussieht.
Auf jeden Fall zieht der Turmtausch eine weitere Figur vom schwarzen Königsflügel ab.
Dass Weiß vor dem Läuferopfer zuerst den Turm tauschen musste, basiert auf absolut nicht-trivialer Berechnung (warum kann Schwarz nicht die Dame nehmen? warum kann er nicht mit dem Läufer auf c8 nehmen?). Da muss man schon durchblicken, um so zu spielen ... auch wenn es hinterher gar nicht sooo schwer aussieht.
Auf jeden Fall zieht der Turmtausch eine weitere Figur vom schwarzen Königsflügel ab.