Kommentierte Spiele

Zum Tod von GM Lombardy (†13.10.2017)

Vabanque - 15. Okt '17
Vor zwei Tagen, nämlich am 13.10.2017, starb der US-amerikanische GM William James Lombardy. Am 4.12.2017 wäre er 80 Jahre alt geworden.
/forum/topic.html?key=e29a147a28df4744&sv=5
Lombardy war der erste katholische Geistliche, der den GM-Titel errang, und zwar im Jahre 1960. Drei Jahre vorher hatte er schon durch den Gewinn der Junioren-Weltmeisterschaft von sich reden gemacht.
Später wurde es ruhiger um die schachlichen Aktivitäten Lombardys, doch
spielte er sehr erfolgreich im Team der USA bei mehreren Schacholympiaden. Von einer solchen (Nizza 1974) stammt auch die folgende wenig bekannte Partie gegen den früh verstorbenen niederländischen IM Bert Enklaar.


Lombardy, William J Enklaar, Bert Nice ol (Men) fin-A | Nice FRA | 2 | 1974.6.?? | 1:0
8
7
6
5
4
3
2
a
1
b
c
d
e
f
g
h
1. e4 c5 2. Sf3 e6 3. d4 xd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 d6 6. g4 h6 Der Keres- Angriff war damals auch schon populär. Unsere Kontrahenten wählen allerdings eine (zumindest für heute) unübliche Behandlungsweise. Daher werde ich die Eröffnung auch nicht groß besprechen. 7. Lg2 Sc6 8. h3 Ld7 9. Le3 Le7 Wahrscheinlich hätte Schwarz hier besser gleich mit a6 und Dc7 fortgesetzt. Der Textzug ist ein Tempoverlust, da er die kurze Rochade (wegen des bereits erfolgten weißen Bauernsturms am Königsflügel) sowieso nicht beabsichtigt. Allerdings heißt es ja auch, dass Schwarz im Sizilianer schon halb verloren hat, wenn er zur langen Rochade greifen muss. Nun - in dieser Partie werden ihm beide Rochaden 'erspart' bleiben. 10. De2 a6 11. f4 Dc7 12. Df2 Verhindert O-O-O von Schwarz. Sxd4
Denn nach O-O-O geschieht 13. Sxc6 Lxc6
Dxc6 14. e5 Sd5 15. O-O-O und der Sd5 ist in eine tödliche Fesselung geraten
14. Lb6 mit Qualitätsgewinn.
13. Lxd4 e5 Hiermit versucht sich Schwarz im Zentrum zu befreien - ein im Sizilaner oft gesehenes Schema. Nur in dieser konkreten Stellung funktioniert es nicht. Relativ am besten sieht Lc6 aus. 14. Le3 b5? Nun hätte Schwarz wenigstens konsequent sein und exf4 spielen müssen. Nach dem Textzug erobert Weiß mit Macht das Feld d5 für seinen Springer. 15. g5! xg5
Ein kommentierender GM empfahl hier den Zwischenzug xf4? und übersah, dass darauf der Zwischenzug 16. Lb6! glatt eine Figur gewinnt!
nach 16. Lxf4? xg5 17. Lxg5 b4 mit schwarzer Initiative hätte 'es' natürlich geklappt
16. xg5 Sg8 Eine traurige Springerstellung. Vermutlich spielte Schwarz deswegen nicht Sh5, weil er den Springer später über e7 wieder ins Spiel zurückzubringen beabsichtigte. 17. Sd5 Db7 18. O-O-O Weiß steht völlig überlegen. Le6 19. h4 Ld8
Auch der Tausch Lxd5 20. Txd5 brächte Schwarz hier keine Verbesserung seiner Lage; deswegen macht der Läufer erstmal dem Springer Platz.
20. h5 Derweil ist Weiß aber nicht faul, und arbeitet bereits an einem Freibauern auf der h-Linie. Lombardy spielt die ganze Partie sehr kraftvoll und energisch. Se7 21. h6 Lxd5 Nun erscheint dem Schwarzen der Tausch besser als vorhin, da Weiß ja nun gezwungen ist, mit dem Bauern zurückzuschlagen (statt mit dem Turm). Doch dies macht wiederum das Feld e4 für den weißen Läufer frei, was sich später als spielentscheidend erweisen wird! 22. xd5 xh6 23. Txh6! Stärker als (das ebenfalls gute) gxh6. Da nun h8 und d6 zugleich hängen, ist Schwarz zu seinem Antwortzug gezwungen. Sg6 24. Le4 Siehe die Anmerkung zum 21. Zug von Schwarz. Lombardy hebelt nun die schwarze Verteidigung aus. Tg8 25. Th7 Nun möchte er mit Tf1 den Druck gegen f7 entscheidend verstärken. Sf8 Zwingt scheinbar den eingedrungenen weißen Turm zum Rückzug. 26. g6!! Der schönste Zug der Partie. Schwarz ist in allen Varianten verloren. Txg6
Denn nach Sxg6 27. Tg1 gerät er in eine fatale Fesselung , oder eigentlich in zwei, denn sowohl der Bauer f7 ist jetzt gefesselt (weswegen Lxg6 eine Figur zu gewinnen droht), wie auch der Sg6 (nach e7 kann er ja auch nicht, weil es dann auf f7 'knallt')
Und Sxh7 verliert nach 27. xh7 Th8 28. Tg1 und Schwarz hat keine Verteidigung mehr gegen Tg8+, z.B. Lc7
Le7 29. Tg8+ Kd7 30. Df5+ Kc7 31. Dxf7 verlängert nur die Qual ein wenig
29. Tg8+ Ke7 30. Df6+!! Kxf6 31. Lg5# Eine wunderschöne, aber leider nicht völlig reine Mattstellung (das Feld g6 ist von zwei weißen Figuren kontrolliert)!
27. Lxg6 Sxg6 Nun scheint aber Schwarz zunächst mit einem nur geringen Nachteil davongekommen zu sein; er hat einen Bauern für die Qualität, und der helle Läufer von Weiß ist verschwunden, so dass die Verteidigungsstellung des Sg6 nicht mehr so leicht zu erschüttern ist. Oder etwa doch? 28. Df5 Die Dame tritt in die Fußstapfen des hellfeldrigen Läufers! Es droht Dxg6. Sf8 29. Th8 Ebenfalls sehr stark war Tg7, um den Turm auf der 7. Reihe zu lassen. Aber Lombardy spielt nun auf die Fesselung des Sf8. Er droht einfach mit Lh6, Tg1 und schließlichem Tgg8 den Druck auf die gefesselte Figur siegreich zu verstärken. Le7 30. Lh6 Da Schwarz nicht rochieren kann und wie schon gesagt Tg1 nebst Tgg8 mit Eroberung des Sf8 droht, bleibt nur dieser Zug. Dd7 31. Dxd7+ Lombardy hat eine Abwicklung in ein auf alle Fälle gewonnenes Endspiel entdeckt. Kxd7 32. Tf1 Nun hängt wieder der f-Bauer. Verliert Schwarz ihn, bedeutet dies Partieverlust. Deswegen ist der schwarze König zur Rückkehr auf sein Ausgangsfeld gezwungen, allerdings unter Verlust der Rochademöglichkeit. Ke8
f6 büßt nach 33. Lxf8 den f-Bauern sofort ein. Der Rest ist dann die viel zitierte 'Sache der Technik', die ich natürlich nicht habe, ein GM aber schon.
33. Tg1 Droht schon wieder Tgg8. f5 Da Schwarz nicht mehr rochieren darf, bleibt nur dieser Zug, um auf Tgg8 Kf7 spielen zu können. 34. Lxf8 Hier hat Lombardy mit Sicherheit die Schlussstellung vorausgesehen. Lxf8 35. Tg5 Die Pointe: wenn der Turm von f5 statt von g8 aus den Lf8 ein zweites Mal angreift, scheidet Kf7 aus, und nach dem erzwungenen Ke7 geht ein taktischer Kniff, den wir gleich erleben werden, da Schwarz ih nicht sieht. f4? Verliert direkt, aber sehr hübsch.
Nötig war Kf7 , um das Feld g7 für den König zu bekommen: 36. Txf5+ Kg7 37. Tfh5 , wieder mit 'technischem Gewinn'. Seien wir aber froh, dass Schwarz den schnellen Tod bevorzugte.
36. Tf5 Ke7 37. Th7+ Ke8 38. Txf8+! Der erwähnte taktische Kniff; nach dem Wiederschlagen spießt Th8+ König und Turm auf. Schwarz kapitulierte. Ein sehr glatter Sieg von Hochwürden Lombardy.
PGN anzeigen
[Event "Nice ol (Men) fin-A"]
[Site "Nice FRA"]
[Date "1974.6.??"]
[Round "2"]
[White "Lombardy, William J"]
[Black "Enklaar, Bert"]
[Result "1-0"]

1. e4 c5 2. Nf3 e6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 Nf6 5. Nc3 d6 6. g4 h6 {Der Keres-

Angriff
war damals auch schon populär. Unsere Kontrahenten wählen allerdings

eine
(zumindest für heute) unübliche Behandlungsweise. Daher werde ich die

Eröffnung
auch nicht groß besprechen. } 7. Bg2 Nc6 8. h3 Bd7 9. Be3 Be7

{Wahrscheinlich
hätte Schwarz hier besser gleich mit a6 und Dc7 fortgesetzt. Der Textzug

ist
ein Tempoverlust, da er die kurze Rochade (wegen des bereits erfolgten

weißen
Bauernsturms am Königsflügel) sowieso nicht beabsichtigt. Allerdings

heißt es
ja auch, dass Schwarz im Sizilianer schon halb verloren hat, wenn er zur

langen
Rochade greifen muss. Nun - in dieser Partie werden ihm beide Rochaden
'erspart' bleiben.} 10. Qe2 a6 11. f4 Qc7 12. Qf2 { Verhindert 0-0-0 von
Schwarz.} 12... Nxd4 ( {Denn nach } 12... O-O-O {geschieht } 13. Nxc6

Bxc6 (
13... Qxc6 14. e5 Nd5 15. O-O-O { und der Sd5 ist in eine tödliche

Fesselung
geraten} ) 14. Bb6 {mit Qualitätsgewinn.} ) 13. Bxd4 e5 { Hiermit

versucht sich
Schwarz im Zentrum zu befreien - ein im Sizilaner oft gesehenes Schema.

Nur in
dieser konkreten Stellung funktioniert es nicht. Relativ am besten sieht

Lc6
aus.} 14. Be3 b5 $2 { Nun hätte Schwarz wenigstens konsequent sein und

exf4
spielen müssen. Nach dem Textzug erobert Weiß mit Macht das Feld d5 für

seinen
Springer.} 15. g5 $1 hxg5 ( {Ein kommentierender GM empfahl hier den
Zwischenzug } 15... exf4 $2 { und übersah, dass darauf der Zwischenzug }

16.
Bb6 $1 { glatt eine Figur gewinnt!} ( {nach} 16. Bxf4 $2 hxg5 17. Bxg5

b4 {mit
schwarzer Initiative hätte 'es' natürlich geklappt} ) ) 16. fxg5 Ng8

{Eine
traurige Springerstellung. Vermutlich spielte Schwarz deswegen nicht Sh5,

weil
er den Springer später über e7 wieder ins Spiel zurückzubringen

beabsichtigte.
} 17. Nd5 Qb7 18. O-O-O {Weiß steht völlig überlegen.} 18... Be6 19. h4

Bd8 (
{Auch der Tausch} 19... Bxd5 20. Rxd5 {brächte Schwarz hier keine

Verbesserung
seiner Lage; deswegen macht der Läufer erstmal dem Springer Platz.} ) 20.

h5
{Derweil ist Weiß aber nicht faul, und arbeitet bereits an einem

Freibauern
auf der h-Linie. Lombardy spielt die ganze Partie sehr kraftvoll und
energisch.} 20... Ne7 21. h6 Bxd5 {Nun erscheint dem Schwarzen der Tausch
besser als vorhin, da Weiß ja nun gezwungen ist, mit dem Bauern
zurückzuschlagen (statt mit dem Turm). Doch dies macht wiederum das Feld

e4 für
den weißen Läufer frei, was sich später als spielentscheidend erweisen

wird!}
22. exd5 gxh6 23. Rxh6 $1 { Stärker als (das ebenfalls gute) gxh6. Da nun

h8
und d6 zugleich hängen, ist Schwarz zu seinem Antwortzug gezwungen.}

23... Ng6
24. Be4 {Siehe die Anmerkung zum 21. Zug von Schwarz. Lombardy hebelt nun

die
schwarze Verteidigung aus.} 24... Rg8 25. Rh7 {Nun möchte er mit Tf1 den

Druck
gegen f7 entscheidend verstärken.} 25... Nf8 {Zwingt scheinbar den
eingedrungenen weißen Turm zum Rückzug.} 26. g6 $3 {Der schönste Zug der
Partie. Schwarz ist in allen Varianten verloren.} 26... Rxg6 ( {Denn

nach}
26... Nxg6 27. Rg1 { gerät er in eine fatale Fesselung , oder eigentlich

in
zwei, denn sowohl der Bauer f7 ist jetzt gefesselt (weswegen Lxg6 eine

Figur zu
gewinnen droht), wie auch der Sg6 (nach e7 kann er ja auch nicht, weil es

dann
auf f7 'knallt')} ) ( {Und} 26... Nxh7 {verliert nach} 27. gxh7 Rh8 28.

Rg1
{und Schwarz hat keine Verteidigung mehr gegen Tg8+, z.B.} 28... Bc7

(28... Be7
29. Rg8+ Kd7 30. Qf5+ Kc7 31. Qxf7 {verlängert nur die Qual ein wenig} )

29.
Rg8+ Ke7 30. Qf6+ $3 Kxf6 31. Bg5# {Eine wunderschöne, aber leider nicht

völlig
reine Mattstellung (das Feld g6 ist von zwei weißen Figuren

kontrolliert)!} )
27. Bxg6 Nxg6 {Nun scheint aber Schwarz zunächst mit einem nur geringen
Nachteil davongekommen zu sein; er hat einen Bauern für die Qualität, und

der
helle Läufer von Weiß ist verschwunden, so dass die Verteidigungsstellung

des
Sg6 nicht mehr so leicht zu erschüttern ist. Oder etwa doch?} 28. Qf5

{Die Dame
tritt in die Fußstapfen des hellfeldrigen Läufers! Es droht Dxg6.} 28...

Nf8
29. Rh8 {Ebenfalls sehr stark war Tg7, um den Turm auf der 7. Reihe zu

lassen.
Aber Lombardy spielt nun auf die Fesselung des Sf8. Er droht einfach mit

Lh6,
Tg1 und schließlichem Tgg8 den Druck auf die gefesselte Figur siegreich

zu
verstärken.} 29... Be7 30. Bh6 {Da Schwarz nicht rochieren kann und wie

schon
gesagt Tg1 nebst Tgg8 mit Eroberung des Sf8 droht, bleibt nur dieser

Zug.}
30... Qd7 31. Qxd7+ {Lombardy hat eine Abwicklung in ein auf alle Fälle
gewonnenes Endspiel entdeckt.} 31... Kxd7 32. Rf1 {Nun hängt wieder der
f-Bauer. Verliert Schwarz ihn, bedeutet dies Partieverlust. Deswegen ist

der
schwarze König zur Rückkehr auf sein Ausgangsfeld gezwungen, allerdings

unter
Verlust der Rochademöglichkeit.} 32... Ke8 (32... f6 {büßt nach} 33. Bxf8

{den
f-Bauern sofort ein. Der Rest ist dann die viel zitierte 'Sache der

Technik',
die ich natürlich nicht habe, ein GM aber schon.} ) 33. Rg1 {Droht schon

wieder
Tgg8. } 33... f5 {Da Schwarz nicht mehr rochieren darf, bleibt nur dieser

Zug,
um auf Tgg8 Kf7 spielen zu können.} 34. Bxf8 {Hier hat Lombardy mit

Sicherheit
die Schlussstellung vorausgesehen.} 34... Bxf8 35. Rg5 {Die Pointe: wenn

der
Turm von f5 statt von g8 aus den Lf8 ein zweites Mal angreift, scheidet

Kf7
aus, und nach dem erzwungenen Ke7 geht ein taktischer Kniff, den wir

gleich
erleben werden, da Schwarz ih nicht sieht.} 35... f4 $2 {Verliert direkt,

aber
sehr hübsch.} ( {Nötig war} 35... Kf7 {, um das Feld g7 für den König zu
bekommen:} 36. Rxf5+ Kg7 37. Rfh5 {, wieder mit 'technischem Gewinn'.

Seien wir
aber froh, dass Schwarz den schnellen Tod bevorzugte.} ) 36. Rf5 Ke7 37.

Rh7+
Ke8 38. Rxf8+ $1 {Der erwähnte taktische Kniff; nach dem Wiederschlagen

spießt
Th8+ König und Turm auf. Schwarz kapitulierte. Ein sehr glatter Sieg von Hochwürden Lombardy.} 1-0
Kellerdrache - 16. Okt '17
Eine sehr schöne Partie. Vor allem der Schlußangriff ab 26.g6 ist klasse. Das sind halt Züge die man selber doch eher selten sieht. Da gibt es schon ganz schön was zu rechnen. Mir selber hat übrigens die variante nach Sxh7 am besten gefallen.
Der Keres-Angriff war ja immer für wilde Partien gut. Eigentlich erstaunlich, dass es auch eine bevorzugte Variante von Anatoly Karpov war.
Der Name Lombardy war mir noch nebelhaft bekannt. In meinem Bewußtsein war der allerdings schon länger tot ;-)). Ich glaube ich habe noch irgendwo eine Begegnung zwischen Fischer und ihm herumliegen.
Gunst - 17. Okt '17
Hat er denn Fischer mal besiegt?
Vabanque - 17. Okt '17
nein, jedenfalls nicht in einer offiziellen Turnierpartie. Aber sie haben auch bloß 4mal gespielt, und da erreichte Lombardy einmal Remis. Das ist doch auch schon was.