Kommentierte Spiele
Große Partien der Schachgeschichte (I): Anand - Topalov 2010
Vabanque - 15. Dez '13
Ich hatte schon lange den Plan, hier eine Reihe über die großen Spieler der Schachgeschichte mit ihren besten Partien zu bringen. So etwas ist natürlich, wenn man es vernünftig durchführen will, ein Mammutprojekt. Und außerdem plagt mich der chronische berufsbedingte Zeitmangel, weswegen ich das eigene Schachspiel auch schon fast einstellen musste.
Bisher besteht die geplante Reihe daher nur aus einer einzigen kommentierten Partie. Ich poste sie jetzt trotzdem, vielleicht regt sie den einen oder anderen doch zum Nachspielen an.
Die Kommentare habe ich selber verfasst, freilich habe ich meine Analysen mit Engines (Houdini und Komodo) überprüft. Ansonsten habe ich nur die nötigsten Varianten, die zum Verständnis der Partie unerlässlich sind, eingebaut, und mehr Wert auf verbale Erläuterungen der (vermutlichen) Ideen hinter den Zügen gelegt.
Besonders interessant wird die Partie natürlich ab Zug 23, wo Anand eine weit berechnete siegverheißende Opferkombination startet.
Ein wenig schade finde ich, dass man mit dem hier eingebauten pgn-Viewer leider keine Varianten, die in den Anmerkungen zur Partie vorkommen, direkt nachspielen kann.































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Bisher besteht die geplante Reihe daher nur aus einer einzigen kommentierten Partie. Ich poste sie jetzt trotzdem, vielleicht regt sie den einen oder anderen doch zum Nachspielen an.
Die Kommentare habe ich selber verfasst, freilich habe ich meine Analysen mit Engines (Houdini und Komodo) überprüft. Ansonsten habe ich nur die nötigsten Varianten, die zum Verständnis der Partie unerlässlich sind, eingebaut, und mehr Wert auf verbale Erläuterungen der (vermutlichen) Ideen hinter den Zügen gelegt.
Besonders interessant wird die Partie natürlich ab Zug 23, wo Anand eine weit berechnete siegverheißende Opferkombination startet.
Ein wenig schade finde ich, dass man mit dem hier eingebauten pgn-Viewer leider keine Varianten, die in den Anmerkungen zur Partie vorkommen, direkt nachspielen kann.
Viswanathan Anand Veselin Topalov Anand-Topalov World Chess Championship | Sofia, Bulgaria | 4 | 2010.04.28 | E04 | 1:0
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sf3 d5 4. g3 In dieser so genannten Katalanischen Eröffnung, die durch die Läuferentwicklung nach g2 charakterisiert ist, kann Weiß entweder den Bauern c4 opfern oder auf dessen Rückgewinn spielen. xc4 5. Lg2 Lb4+ 6. Ld2 Stützt den Läufer b4 und weigert sich zunächst, die weiße Entwicklung durch Abtausch auf d2 zu fördern. a5 7. Dc2 Greift nicht nur den Bauern c4 an, sondern bereitet auch ein eventuelles e2-e5 vor Lxd2+ 8. Dxd2 Das Nehmen mit der Dame überrascht, weil Weiß damit ja sowohl die Möglichkeiten Dxc4 wie auch e2-e4 aufgibt. Allerdings hat die Praxis gezeigt, dass nach 7. Sbd2 b5 Schwarz gute Aussichten hat. Außerdem kann die weiße Dame jetzt in einigen Abspielen nach g5. c6 Auf b5 käme jetzt Dg5 mit gleichzeitigem Angriff auf g7 und b5 9. a4 b5 10. Sa3 Ld7 Stützt b5 und erhält damit zunächst die schwarze Bauernkette. Die Alternative, die dem gleichen Zweck dient, wäre 10. ... La6 . 11. Se5 Nun hat der Läufer auf g2 guten Ausblick bis hin zum schwarzen Turm auf a8, nur behindert durch den schwarzen Bauern auf c6. Also droht einfach axb5, weil der gefesselte Bauer auf c6 ja nicht zurückschlagen könnte. Sd5 Verstopft die Läuferdiagonale. Natürlich lässt Weiß nicht zu, dass der schwarze Springer auf einem so schönen zentralen Posten bleibt, ... 12. e4 ... aber damit verstellt er andererseits wieder seine eigene Läuferdiagonale. Sb4 Der schwarze Springer lässt sich nun in dem Loch b4 nieder, wo er von keinem weißen Bauern mehr vertrieben werden kann. Schwarz hat nun ein deutliches Übergewicht am Damenflügel, während die weißen Chancen im Zentrum und am Königsflügel liegen. Der weitere Partieverlauf illustriert anschaulich diesen Umstand. 13. O-O O-O 14. Tfd1 Le8 Nach einem etwaigen Abtausch auf d7 müsste Schwarz mit seiner Dame auf d7 zurückschlagen, um b5 gedeckt zu halten, worauf Weiß mit großer Wirkung mit d4-d5 die d-Linie öffnen könnte, jetzt wo der Turm auf d1 steht und die Dame auf d2 unterstützt. Topalov erhält sich darum den Läufer zur Verteidigung von b5. Allerdings sperrt der Zug den Tf8 ab. 15. d5 Dieser Zug ist auch jetzt stark. Konkret wird der Bauer auf c6, der ja die wichtigste Stütze des Bauern auf b5 bildet, angegriffen. Allgemein ist der Zug aber auch ein typischer Durchbruch in solchen Stellungen, mit dem Weiß seine bessere Entwicklung und Figurenstellung und sein Übergewicht im Zentrum in die Waagschale wirft. Dd6 Mit diesem Angriff auf den weißen Springer möchte Schwarz ein Tempo gewinnen, um seine Dame nach c5 führen zu können, wo sie einerseits aus der d-Linie entflohen ist und andererseits die schwarzen Bauern am Damenflügel unterstützt. 16. Sg4 Dc5 17. Se3 Der Springer wird zentralisiert und blickt nach c4. S8a6 Schwarz muss unbedingt seine Entwicklung zu Ende führen. 18. xc6 xa4 19. Sxc4 Lxc6 20. Tac1 Nun kann die schwarze Dame dem unangenehmen Gegenüber des weißen Turms nicht ausweichen, ohne den Bauern a5 im Stich zu lassen. h6 Möglicherweise wollte Topalov mit diesem Zug Td8 vorbereiten (was sonst wegen Dxd8+ sofort verlieren würde). Jedenfalls schaltet er mit diesem Luftloch alle eventuellen Kombinationen, die auf einem Grundreihenmatt basieren, aus. In der passiven Lage, in die Schwarz geraten ist, lässt sich auch nur schwer eine wirklich bessere Alternative angeben. 21. Sd6 Mit Tempogewinn (aufgedeckter Angriff des Turms c1 gegen die schwarze Dame) stellt Anand seinen Springer auf ein traumhaftes Feld. Schon Steinitz soll gesagt haben: 'Mit einem Springer auf d6 kann ich mich beruhigt schlafen legen, denn die Partie gewinnt sich dann von allein.' Nun ja, so ganz von allein gewinnt sie sich noch keineswegs, wie wir sehen werden, es bedarf noch des genialen und phantasievollen Spiels von Anand. Da7 Warum sich die Dame nicht nach b6, sondern auf die zweite Reihe zurückzieht, werden wir gleich sehen. 22. Sg4 Da ist er wieder! Nun wird die oben bereits erwähnte Überlegenheit von Weiß im Zentrum und am Königsflügel augenfällig. Der schwarze Königsflügel ist äußerst schwach verteidigt, da sich die meisten schwarzen Figuren weit vom Schuss befinden. Eigentlich steht nur der Tf8 seinem Chef treu zur Seite, die anderen Mitarbeiter haben sich bereits in den Westen (von Schwarz aus gesehen allerdings nach Osten) abgesetzt. Droht nun eigentlich das Springeropfer auf h6? Tad8 Topalov ist offenbar der Ansicht, dass das Springeropfer nicht droht bzw. dass seine Stellung nach dem Opfer verteidigungsfähig ist. Dass, wie manche Kommentatoren behauptet haben, Topalov das Opfer auf h6 in seinen Berechnungen gar nicht berücksichtigt haben soll, halte ich für extrem unwahrscheinlich. Jeder auch nur halbwegs geübte Spieler würde in dieser Stellung diese Möglichkeit wittern. Nachträglich erscheint 22. ... Sc5 mit der starken Möglichkeit Sd3 jedenfalls besser. 23. Sxh6+ xh6 24. Dxh6 f6 Dieser Zug öffnet die zweite Reihe, so dass die schwarze Dame an der Verteidigung des Königsflügels teilnehmen kann. Vermutlich hat Topalov in der Vorausberechnung, bereits als er Da7 gezogen hat, die Stellung so eingeschätzt, dass die Möglichkeiten Dg7 bzw. Dh7 genügen, den weißen Angriff abzuschlagen. Dies erweist sich als Fehleinschätzung, allerdings ist die Widerlegung alles andere als offensichtlich. Anand startet jetzt ein Feuerwerk. 25. e5! Der Zeitfaktor spielt in solchen Stellungen eine überragende Rolle. Schwarz darf nicht zu Dg7 bzw. Dh7 kommen. Weiß würde darauf jetzt die Damen tauschen und seine Figur auf c6 mit Vorteil zurückgewinnen. Also bleibt nur der scheinbare Zwischentausch: Lxg2 26. xf6!! Sagenhaft! Anand lässt den schwarzen Läufer einfach stehen und opfert eine zweite Figur! Wann jemals hat man ein doppeltes Figurenopfer in einer Weltmeisterschaftspartie zu sehen bekommen? Schwarz hat aber gar keine Zeit, seinen Läufer zu sichern, da Weiß zu viele Drohungen hat, z.B. Dg6+ nebst f7, oder Dg5+ nebst Tc4 (um den schwarzen König dann jeweils auf der h-Linie mattzusetzen) oder auch gleich Tc4 oder auch f7+ Txf7 Dg5+ etc. Txd6 Topalov versucht wenigstens eine der bedrohlichen Figuren zu beseitigen. Hübsch wäre 27. Txd6 Le4
Damit soll der Läufer nicht nur gerettet werden, sondern er soll auch an der Verteidigung des Königsflügels teilnehmen können. Versucht Schwarz mit Ld5 das Aufrücken des weißen Turms c1 nach c4 zu verhindern, so geschieht sehr brillant 28. Dg6+ Kh8 29. Tc4!! Trotzdem! Lxc4 30. Td4!! Der andere Turm opferte sich für diesen, der nun das Werk seines Kollegen zu Ende bringt, zumal er wegen Matt auf g7 nicht von der schwarzen Dame verspeist werden darf - also eigentlich doppeltes Ablenkungsopfer der beiden Türme! Dh7 sonst geschieht tödlich Th4+ 31. Th4 Tf7 es geht nicht Dxh4, wieder wegen Matt auf g7 32. Txh7+ Txh7 33. De8# Was für ein hübsches Matt!
28. Txe6 Auf dem Höhepunkt des Angriffs ein unspektakulärer Zug. Aber er ist bärenstark, denn es droht nicht nur Nehmen des Läufers, sondern noch stärker Te7! Und Schwarz kann seine 2. Reihe ja nicht verteidigen, weil auf Tf7 einfach Matt in 2 Zügen durch Tc8+ oder Te8+ erfolgen würde. Sd3 Aber auf einmal droht Schwarz selbst Matt, und zwar in einem Zug durch Dxf2. Dass Schwarz in so einer Stellung noch einen Gegenangriff zur Verfügung hat, überrascht! Weiß kann jetzt auch den Läufer auf e4 nicht nehmen, weil Schwarz mit Dxf2+ zwar dann nicht mehr mattsetzen, aber Dauerschach geben könnte auf den Feldern f2 und f3. Wirklich eine verblüffende Verteidigungsresource. Aber das macht diese Partie ja so spannend, dass auch der Verlierer bis zum Schluss ideenreich spielt. 29. Tc2! Auch im schönsten Angriff kann zwischendurch mal ein Verteidigungszug nötig sein! Das wird von vielen Spielern übersehen, welche meinen, dass jeder Angriff nur aus einer Serie von Keulenschlägen bestehen müsste. Manchmal funktioniert das, aber hier muss sich Weiß mit einem stillen Zug gegen die schwarze Drohung sichern, wonach seine eigenen Drohungen überhand nehmen und Schwarz schnell hilflos ist. Dh7 Weit und breit die einzige Verteidigung gegen das nun wieder drohende Te7! 30. f7+! Elegant und zwingend. Der schwarze Turm darf nicht nehmen wegen Te8+ nebst matt. Dxf7 31. Txe4 So hat Weiß die schwarze Dame von der Deckung des Läufers abgelenkt, und mit dem Fall dieses Verteidigungsläufers bricht die offene schwarze Königsstellung nun in wenigen Zügen wie ein Kartenhaus zusammen. Es droht z.B. Tg4+. Df5 32. Te7! und Schwarz gab auf. Schade, dass der schöne Schluss nur in den Anmerkungen erscheint: 32. Te7 Tf7 der einzige Zug, um das Matt auf g7 zu verhindern, wenn man nicht stattdessen auf h7 mattgesetzt werden will 33. Tc8+!! (wieder ein Ablenkungsopfer) Dxc8 34. Dg6+ Kh8 35. Dh5+! Kg7 36. Txf7+ und Matt im nächsten Zug. Einen solchen Sturmsieg gegen einen Weltklassespieler wird man nicht oft erleben. Eine unvergessliche Partie und sicherlich eine der besten, die jemals in einer Weltmeisterschaft gespielt wurde.
aspis40 - 15. Dez '13
Ganz große Klasse!
Danke!
Danke!
CALIDA - 15. Dez '13
@ Vabanque
Ein sehr gutes Game von Anand und ein sehr guter Kommentar von Dir.
In diesen Game zeigte Anand noch den Angriffswillen, den er bei der WM 2013 gegen Carlsen evermissen lies.
Für mich zählt Topalov zu den schwierigsten und schwer auszumachenden Gegnern eines Turniers.
Erwähnenswert ist hierbei auch die Jahrhundertpartie von Kasparov-Topalov 1999 in Wijk am See, die für weiss entschieden wurde.
Ein sehr gutes Game von Anand und ein sehr guter Kommentar von Dir.
In diesen Game zeigte Anand noch den Angriffswillen, den er bei der WM 2013 gegen Carlsen evermissen lies.
Für mich zählt Topalov zu den schwierigsten und schwer auszumachenden Gegnern eines Turniers.
Erwähnenswert ist hierbei auch die Jahrhundertpartie von Kasparov-Topalov 1999 in Wijk am See, die für weiss entschieden wurde.
Vabanque - 15. Dez '13
Ja, da hast Du Recht, im Match gegen Carlsen war Anand leider nicht wiederzuerkennen. Da war er wohl außer Form.
Umso wichtiger finde ich es, daran zu erinnern, welche unvergänglichen Meisterwerke er auf dem Schachbrett bereits geschaffen hat, auch gegen Top-Konkurrenten.
Topalov finde ich auch gut, ich werde (wenn es meine Freizeit zulässt) auch mal eine kommentierte Partie von ihm hier posten, vor allem um ihn nicht immer nur auf der Verliererseite der berühmten Partien zu zeigen :)
Die von dir erwähnte Partie Kasparov-Topalov, 1999 ist freilich zu kompliziert für unsere kleine Rubrik hier. Die Klammeranmerkungen wären viel zu lang, das Mindeste wäre hier ein pgn-Viewer, mit dem man diese Klammeranmerkungen auch direkt nachspielen kann. Aber ich wäre mit dieser Partie als Kommentator auch total überfordert, selbst wenn ich eine ganze Schachbibliothek zu Rate ziehen würde. Ich habe Kasparov auch nie geglaubt, dass er die Folgen seines Turmopfers genau vorausberechnen konnte. Dazu hat die Kombination zu viele Verzweigungen und zu viele schwer zu sehende Züge. Oder war das tatsächlich alles noch Heimanalyse? Und warum hat Topalov den Turm geschlagen? War das vielleicht doch von vornherein ausgemacht, wie Fischer behauptet hat? Aber Fischer hatte noch mehr solche Verschwörungstheorien auf Lager, und ich bin dem allen nicht sehr geneigt zu glauben. Ich glaube auch nicht die immer wieder hartnäckig vertretene Ansicht, dass Keres von den Sowjet-Oberen den Befehl bekommen hat, immer wieder gegen Botwinnik zu verlieren. Niemand hat das jemals beweisen können (freilich kann man auch das Gegenteil nicht beweisen). Vermutlich kam Keres einfach mit Botwinniks Stil nicht gut zurecht. Fischer hatte ja auch eine Minusbilanz gegen Geller, und da kommt niemand mit absurden Erklärungen.
Aber zurück zu Kasparov-Topalov: Das ist schon fast mehr eine Studie als eine Partie, ähnlich wie Averbach-Kotov mit dem Hineinziehungsopfer der Dame. Solche Königsjagden quer über das ganze Brett sind spektakulär, tauchen aber nicht allzu oft auf. Ob man aus solchen Partien etwas lernen kann, scheint mir fraglich.
Auch das Wort 'Jahrhundertpartie' spricht sich allzu leicht aus. Ich dachte, das wäre D. Byrne-Fischer, 1956 gewesen? Aber ebenso wären Rotlewi-Rubinstein 1907, Réti-Alekhine, 1925, Rotwinnik-Capablanca, 1938, Botwinnik-Portisch, 1968 oder Ivanchuk-Yusupov, 1991 brauchbare Kandidaten für die Partie des (20.) Jahrhunderts. Letztlich bleibt die Beurteilung des Rangs einer Schachpartie immer subjektiv.
Umso wichtiger finde ich es, daran zu erinnern, welche unvergänglichen Meisterwerke er auf dem Schachbrett bereits geschaffen hat, auch gegen Top-Konkurrenten.
Topalov finde ich auch gut, ich werde (wenn es meine Freizeit zulässt) auch mal eine kommentierte Partie von ihm hier posten, vor allem um ihn nicht immer nur auf der Verliererseite der berühmten Partien zu zeigen :)
Die von dir erwähnte Partie Kasparov-Topalov, 1999 ist freilich zu kompliziert für unsere kleine Rubrik hier. Die Klammeranmerkungen wären viel zu lang, das Mindeste wäre hier ein pgn-Viewer, mit dem man diese Klammeranmerkungen auch direkt nachspielen kann. Aber ich wäre mit dieser Partie als Kommentator auch total überfordert, selbst wenn ich eine ganze Schachbibliothek zu Rate ziehen würde. Ich habe Kasparov auch nie geglaubt, dass er die Folgen seines Turmopfers genau vorausberechnen konnte. Dazu hat die Kombination zu viele Verzweigungen und zu viele schwer zu sehende Züge. Oder war das tatsächlich alles noch Heimanalyse? Und warum hat Topalov den Turm geschlagen? War das vielleicht doch von vornherein ausgemacht, wie Fischer behauptet hat? Aber Fischer hatte noch mehr solche Verschwörungstheorien auf Lager, und ich bin dem allen nicht sehr geneigt zu glauben. Ich glaube auch nicht die immer wieder hartnäckig vertretene Ansicht, dass Keres von den Sowjet-Oberen den Befehl bekommen hat, immer wieder gegen Botwinnik zu verlieren. Niemand hat das jemals beweisen können (freilich kann man auch das Gegenteil nicht beweisen). Vermutlich kam Keres einfach mit Botwinniks Stil nicht gut zurecht. Fischer hatte ja auch eine Minusbilanz gegen Geller, und da kommt niemand mit absurden Erklärungen.
Aber zurück zu Kasparov-Topalov: Das ist schon fast mehr eine Studie als eine Partie, ähnlich wie Averbach-Kotov mit dem Hineinziehungsopfer der Dame. Solche Königsjagden quer über das ganze Brett sind spektakulär, tauchen aber nicht allzu oft auf. Ob man aus solchen Partien etwas lernen kann, scheint mir fraglich.
Auch das Wort 'Jahrhundertpartie' spricht sich allzu leicht aus. Ich dachte, das wäre D. Byrne-Fischer, 1956 gewesen? Aber ebenso wären Rotlewi-Rubinstein 1907, Réti-Alekhine, 1925, Rotwinnik-Capablanca, 1938, Botwinnik-Portisch, 1968 oder Ivanchuk-Yusupov, 1991 brauchbare Kandidaten für die Partie des (20.) Jahrhunderts. Letztlich bleibt die Beurteilung des Rangs einer Schachpartie immer subjektiv.
Vabanque - 15. Dez '13
Ich habe auch zu danken für das freundliche Feedback :)
CALIDA - 15. Dez '13
Hier die Partie Kasparov-Topalov, 1999 in Wijk am See mit Kommentierung.
de.wikipedia.org/wiki/Kasparow_%E2%80%93_Topalow,_Wijk_aan_Zee..
de.wikipedia.org/wiki/Kasparow_%E2%80%93_Topalow,_Wijk_aan_Zee..