Kommentierte Spiele

Mein (vorläufiger) Abschiedsbeitrag: Keres - Mikenas 1937

Vabanque - 13. Mai '18
Ich halte weder etwas davon, sich hier auf 'französisch' zu verabschieden (damit meine ich nicht die Eröffnung, sondern die Gepflogenheit, sang- und klanglos zu verschwinden), noch bin ich ein Freund einer großen Verabschiedungsrede (um dann eventuell in ein paar Wochen oder Monaten doch wieder da zu sein, wie wir es von vielen Usern bereits kennen).
Momentan spiele ich hier keine Partien, und werde auch demnächst keine beginnen (auf einem anderen Server habe ich noch recht viele laufen, die ich dort auch noch beende). Das hat größtenteils mit persönlichen, privaten und auch beruflichen Belangen von mir zu tun.
Das heißt aber nicht unbedingt, dass ich auch keine Beiträge im Forum mehr schreiben werde. Es wurde zwar auch schon die Ansicht geäußert, dass man nur dann Beiträge ins Forum stellen dürfen soll, wenn man auch laufende Partien hat, nur sehe ich die Logik dieser Forderung nicht ein, und fühle mich deswegen auch nicht verpflichtet, mich daran zu halten.
Generell würde ich gerne ab und zu - wenn ich halt dazu komme - immer noch die eine oder andere kommentierte Partie ins Forum stellen, wenn nicht die Reaktionen in letzter Zeit so mau gewesen wären, dass man von Reaktionen eigentlich gar nicht sprechen kann. Es ist mir schon klar, dass die Resonanz auch davon abhängt, welche Leute gerade im Forum überhaupt anwesend sind. Die meisten derer, die früher gerade in den schachlichen Foren sehr aktiv gewesen sind, scheinen nun völlig verschwunden. (Aber selbst im 'Hauptforum' herrscht eine äußerst ruhige Stimmung, was ich dort jedoch als angenehm empfinde.)
Ich habe z.Zt. genug andere Dinge zu tun, so dass ich nicht stundenlange Arbeit in Partiekommentare investieren möchte, wenn anschließend keine Resonanz erfolgt. Vielleicht ändert sich die Lage ja, wenn ich nur noch alle ein bis zwei Monate einen Beitrag bringe.
Man muss es einfach abwarten.

Eine fertig kommentierte Partie hatte ich allerdings noch in der 'Schublade', und deswegen möchte ich sie hier auch bringen, damit das Ganze nicht nur zu einem konfusen (Nicht-)Abschiedsbeitrag werden zu lassen.

Ähnlich wie in einer von Kellerdrache vor einiger Zeit gebrachten Partie Jansa-Hübner übernimmt auch hier Schwarz (Mikenas) recht schnell die Initiative, und es sieht für ein paar Züge lang fast so aus, als würde Keres mit Weiß schnell niedergebügelt. Doch plötzlich gehen dem Schwarzspieler die Angriffszüge aus, er wird zurückgeworfen und findet sich in einer Stellung voller Bauernschwächen am Damenflügel wieder, so dass seine vordem noch so aktiven Figuren nur noch mit Deckungsaufgaben beschäftigt sind. Diese Situation könnte auf eine zähe Positionspartie hindeuten, doch Keres gelingt es, in einem endspielartigen Mittelspiel ohne Damen lauter kleine Kombinationsmotive zu erkennen, so dass Mikenas bald im von seinem Gegner inszenierten Getümmel nicht etwa einen seiner geschwächten Bauern, sondern zunächst die Qualität und schließlich ganz unvermittelt noch eine Figur verliert und aufgeben muss. Vielleicht nicht eine von Keres' spektakulärsten Siegen, aber sicher eine ungewöhnliche und interessante Partie.

Wenn ich jetzt meine bereits vor einigen Wochen geschriebenen Kommentare zu der unten stehenden Partie noch einmal durchlese, dann fällt mir selbst auf, dass meine Kommentare (im Gegensatz zu denen von meinem 'Kollegen' Kellerdrache) doch oft recht lang und ausführlich geraten sind, sowohl die Verbalkommentare, wie auch manche der Varianten. Ich selber kenne meinen relativen Unwillen, in Schachbüchern langen Kommentaren und Varianten zu folgen, so dass ich mich frage: werden die langen Kommentare zur Gänze gelesen? Werden die langen Varianten nachgespielt? Seht mal, Reaktionen solcher Art würde ich mir von Euch wünschen. Darauf zu antworten, kann doch so schwer nicht sein? Versucht es mal ... ich gehe ja nicht ganz, ich lese immer noch eure Beiträge :)



Paul Keres Vladas Mikenas Kemeri | Kemeri (LVA) | 15 | 1937.07.04 | C00 | 1:0
8
7
6
5
4
3
2
a
1
b
c
d
e
f
g
h
1. e4 e6 2. De2 Dieser von Tschigorin stammende Zug verhindert das von Schwarz geplante d7-d5, da Schwarz nach exd5 auf d5 mit der Dame wiedernehmen müsste. c5 Nun entstehen Stellungsbilder aus dem geschlossenen Sizilianer. 3. f4 Sc6 4. Sf3 Sge7 Für diesen gekünstelt aussehenden Zug entscheidet sich Schwarz vermutlich, weil er nach der natürlichen Springerentwicklung Sf6 immer mit e4-e5 rechnen zu müssen glaubt. 5. g3 d5 6. d3 b6 Eine durchaus interessante Idee. Der Läufer soll auf a6 die weiße Dame beunruhigen. 7. Lg2 xe4?! Nach allgemeinen Grundsätzen soll eine Zentrumsspannung eigentlich immer so spät wie möglich gelöst werden. Ich denke, dass diese allgemeine Regel auch hier wieder einmal richtig war. Aber Schwarz hat die folgende, für Weiß durchaus gefährlich aussehende Wendung im Auge. 8. xe4 Sb4?! Nun wird die Drohung La6 akut, und gleichzeitig ist c2 potenziell angegriffen. 9. Sa3 La6 10. Sc4 In die Fesselung hinein! Kann das gutgehen? In der Partie Jansa-Hübner erlitt Weiß damit in einer ähnlichen Situation schweren Schiffbruch. Sec6 Damit scheint die Springerentwicklung nach e7 nun plötzlich doch gerechtfertigt. Die Drohung Sd4 bringt Weiß offenbar jetzt in Nöte, vor allem kann er nicht c3?? antworten wegen Sd3+ nebst Lxc4 mit sofortigem Gewinn. 11. a3!
11. O-O?? Sd4 verliert eine Figur. 12. Sxd4 Dxd4+
Sd4?!
Schwarz bleibt konsequent. Aber Sa5!? wäre vermutlich besser gewesen.
12. Sxd4 Dxd4 13. xb4 Lxc4
Dxc4?? 14. Txa6
14. De3 Allmählich wird klar, dass Schwarz mit seiner verfrühten Initiative nichts erreicht hat. Weiß droht jetzt mit e4-e5, wonach der angegriffene Ta8 den Bauern a7 im Stich lassen müsste. a6
So rettet Schwarz seinen a-Bauern. Dxe3+ 15. Lxe3 xb4 hätte nichts gebracht wegen 16. e5! (stärker als sofortiges Lxb6, da es den Tausch der weißfeldrigen Läufer erzwingt) Ld5 sonst Txa7 17. Lxd5 xd5 18. Lxb6 a6 19. Ta5 und Weiß hat nicht nur seinen Bauern vorteilhaft zurück, sondern gewinnt auch noch einen hinzu.
15. xc5 Lxc5 16. Dxd4 Lxd4 Die schwarzen Läufer scheinen jetzt optisch gut zu stehen, aber mit seinen nächsten Zügen weist Keres nach, dass das genaue Gegenteil zutrifft! 17. c3 Lc5
Lf6?? 18. e5 mit Materialgewinn
18. b4 Le7
Ld6?? 19. e5
19. Le3 Nun ist Weiß wegen der Schwäche der schwarzen Damenflügelbauern im Vorteil. Schwarz hat Schwierigkeiten, den Bauern b6 zu verteidigen. Ld8
Nach b5 20. e5 Ld5 (auf jeden anderen Zug des nun angegriffenen Ta8 fällt der Bauer a6) 21. Lxd5 xd5 22. Kd2 verdoppelt Weiß die Türme auf der a-Linie und bindet damit die schwarzen Kräfte vollkommen an die Verteidigung des rückständigen und daher schwachen a-Bauern. Dueser kann zwar nicht unmittelbar erobert werden (Schwarz bringt seinen König nach b7), doch wegen der zweiten Schwäche auf d5 (und dem Umstand, dass Schwarz kein Gegenspiel aufbauen kann) hätte Weiß trotzdem gute Gewinnaussichten.
Tb8 20. Lf1 gewinnt einen Bauern. Wie schon in der zum 14. Zug von Schwarz angeführten Variante, ist auch in den beiden hier gegebenen Varianten jeweils der Tausch der weißfeldrigen Läufer der Schlüssel zum weißen Vorteil. Auch in der Partiefortsetzung wird uns das gleiche Motiv wieder begegnen.
20. Kf2 Um die Türme zu verbinden und den Königsturm auf die d-Linie zu führen. Die Rochade ist ja nicht möglich, wird aber auch nicht benötigt. O-O 21. Thd1 Lc7 Schwarz lässt den weißen Turm lieber auf d7 als auf d6 eindringen.
Er fürchtete offenbar Ta7 22. Td6 Lc7 23. Lxb6!
Auch nach Lb5 22. Lf1 tauscht Weiß die wichtige Verteidigungsfigur des Bauern a6, ähnlich wie später in der Partie.
22. Td7 Ta7?
Trotz einiger vorangegangener Ungenauigkeiten des Schwarzen ist es erst dieser Zug, der definitiv verliert. Tfc8!? hätte weit bessere Verteidigungschancen geboten. Nun lässt Keres eine Serie starker Manöver folgen.
23. Lf1! Lxf1 Nun ist auch in der Partiefortsetzung der Tausch der weißfeldrigen Läufer 'dran', und hier führt er nicht nur zum Vorteil, sondern sogar zu einem forcierten Sieg. 24. Kxf1 Tfa8
Nach a5?? 25. xa5 könnte Schwarz weder mit dem Bauern noch mit dem Turm zurücknehmen! Mit dem Textzug hofft Schwarz, seinen König nach e8 bringen zu können, wo er den eingedrungenen weißen Turm befragen würde.
25. c4! Dieser Bauer wird auf c5 die desorganisierte schwarze Stellung aufbohren. Tc8
Bleibt Schwarz bei seinem ursprünglichen Plan, mit seinem König den eingedrungenen weißen Turm zu vertreiben, so kommt es zu eine Überfülle hübscher und lehrreicher Wendungen: Kf8 26. c5 Ke8
oder b5 27. c6 mit einem originellen Turmfang
27. xb6! Kxd7
nach Lxb6 28. Txa7! Lxa7 29. Txa6 entscheidet die Fesselung
28. xa7 dieser Freibauer verbürgt den Sieg Ld6 29. Txa6 Lxb4 30. Tb6 greift den Lb4 an und droht zugleich entscheidend Tb8 Ld6 31. Tb7+! Lc7
Ke8 32. e5 und der Läufer darf nicht weichen wegen Tb8+
32. Lb6 Kc6 33. Txc7+ Kxb6 34. Txf7 und Schwarz kann zwar den weißen Freibauern nun tatsächlich beseitigen, verliert jedoch nach Schlagen auf a7 das Bauernendspiel. Eine komplizierte Variante! Ob wohl beide Spieler dies alles so präzise gesehen haben?
Nach Ld8 26. Txd8+! Txd8 27. Lxb6 Tda8 28. Lxa7 Txa7 29. b5 a5 30. b6 ist der Gewinn hingegen leicht.
26. b5 Dieser und die folgenden Züge von Keres münzen die schwarze Turmstellung auf a7 zum Sieg um. Man ist erstaunt, wie schnell die Partie jetzt aus ist. a5 27. c5 xc5
Tb8 28. xb6 Lxb6 29. Txa7
28. Lxc5 Tb7
Taa8 29. b6 und Schwarz muss den Läufer geben, da sonst b7 die Türme gabelt
29. b6 Zuerst wird die Horizontalfesselung des Läufers ausgenutzt ... Lxb6
Txb6 30. Txc7 und Schwarz verliert nicht die Qualität, sondern eine Figur!
30. Txb7 Lxc5 31. Tc1 ... und jetzt die Vertikalfesselung desselben Läufers! Mikenas gab auf, da er unweigerlich den Lc5 durch Tb5 verlieren wird. Eine von Keres mit hoher strategischer und taktischer Präzision durchgeführte Partie.
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[Event "Kemeri"]
[Site "Kemeri (LVA)"]
[Date "1937.07.04"]
[Round "15"]
[White "Paul Keres"]
[Black "Vladas Mikenas"]
[Result "1-0"]
[WhiteElo "?"]
[BlackElo "?"]
[ECO "C00"]

1. e4 e6 2. Qe2 {Dieser von Tschigorin stammende Zug verhindert das von Schwarz
geplante d7-d5, da Schwarz nach exd5 auf d5 mit der Dame wiedernehmen müsste.}
2... c5 {Nun entstehen Stellungsbilder aus dem geschlossenen Sizilianer.} 3. f4
Nc6 4. Nf3 Nge7 {Für diesen gekünstelt aussehenden Zug entscheidet sich Schwarz
vermutlich, weil er nach der natürlichen Springerentwicklung Sf6 immer mit
e4-e5 rechnen zu müssen glaubt.} 5. g3 d5 6. d3 b6 {Eine durchaus interessante
Idee. Der Läufer soll auf a6 die weiße Dame beunruhigen.} 7. Bg2 dxe4 $6 {Nach
allgemeinen Grundsätzen soll eine Zentrumsspannung eigentlich immer so spät wie
möglich gelöst werden. Ich denke, dass diese allgemeine Regel auch hier wieder
einmal richtig war. Aber Schwarz hat die folgende, für Weiß durchaus gefährlich
aussehende Wendung im Auge.} 8. dxe4 Nb4 $6 {Nun wird die Drohung La6 akut, und
gleichzeitig ist c2 potenziell angegriffen.} 9. Na3 Ba6 10. Nc4 {In die
Fesselung hinein! Kann das gutgehen? In der Partie Jansa-Hübner erlitt Weiß
damit in einer ähnlichen Situation schweren Schiffbruch.} 10... Nec6 {Damit
scheint die Springerentwicklung nach e7 nun plötzlich doch gerechtfertigt. Die
Drohung Sd4 bringt Weiß offenbar jetzt in Nöte, vor allem kann er nicht c3??
antworten wegen Sd3+ nebst Lxc4 mit sofortigem Gewinn.} 11. a3 $1 (11. O-O $4
Nd4 {verliert eine Figur.} 12. Nxd4 Qxd4+) 11... Nd4 $6 ( {Schwarz bleibt
konsequent. Aber} 11... Na5 $5 {wäre vermutlich besser gewesen.} ) 12. Nxd4
Qxd4 13. axb4 Bxc4 (13... Qxc4 $4 14. Rxa6) 14. Qe3 {Allmählich wird klar, dass
Schwarz mit seiner verfrühten Initiative nichts erreicht hat. Weiß droht jetzt
mit e4-e5, wonach der angegriffene Ta8 den Bauern a7 im Stich lassen müsste.}
14... a6 ( {So rettet Schwarz seinen a-Bauern.} 14... Qxe3+ 15. Bxe3 cxb4
{hätte nichts gebracht wegen} 16. e5 $1 {(stärker als sofortiges Lxb6, da es
den Tausch der weißfeldrigen Läufer erzwingt)} 16... Bd5 {sonst Txa7} 17. Bxd5
exd5 18. Bxb6 a6 19. Ra5 {und Weiß hat nicht nur seinen Bauern vorteilhaft
zurück, sondern gewinnt auch noch einen hinzu.} ) 15. bxc5 Bxc5 16. Qxd4 Bxd4
{Die schwarzen Läufer scheinen jetzt optisch gut zu stehen, aber mit seinen
nächsten Zügen weist Keres nach, dass das genaue Gegenteil zutrifft!} 17. c3
Bc5 (17... Bf6 $4 18. e5 {mit Materialgewinn} ) 18. b4 Be7 (18... Bd6 $4 19. e5
) 19. Be3 {Nun ist Weiß wegen der Schwäche der schwarzen Damenflügelbauern im
Vorteil. Schwarz hat Schwierigkeiten, den Bauern b6 zu verteidigen.} 19... Bd8
( {Nach} 19... b5 20. e5 Bd5 {(auf jeden anderen Zug des nun angegriffenen Ta8
fällt der Bauer a6)} 21. Bxd5 exd5 22. Kd2 {verdoppelt Weiß die Türme auf der
a-Linie und bindet damit die schwarzen Kräfte vollkommen an die Verteidigung
des rückständigen und daher schwachen a-Bauern. Dueser kann zwar nicht
unmittelbar erobert werden (Schwarz bringt seinen König nach b7), doch wegen
der zweiten Schwäche auf d5 (und dem Umstand, dass Schwarz kein Gegenspiel
aufbauen kann) hätte Weiß trotzdem gute Gewinnaussichten.} ) (19... Rb8 20.
Bf1 {gewinnt einen Bauern. Wie schon in der zum 14. Zug von Schwarz angeführten
Variante, ist auch in den beiden hier gegebenen Varianten jeweils der Tausch
der weißfeldrigen Läufer der Schlüssel zum weißen Vorteil. Auch in der
Partiefortsetzung wird uns das gleiche Motiv wieder begegnen.} ) 20. Kf2 {Um
die Türme zu verbinden und den Königsturm auf die d-Linie zu führen. Die
Rochade ist ja nicht möglich, wird aber auch nicht benötigt.} 20... O-O 21.
Rhd1 Bc7 {Schwarz lässt den weißen Turm lieber auf d7 als auf d6 eindringen.}
( {Er fürchtete offenbar} 21... Ra7 22. Rd6 Bc7 23. Bxb6 $1) ( {Auch nach}
21... Bb5 22. Bf1 {tauscht Weiß die wichtige Verteidigungsfigur des Bauern a6,
ähnlich wie später in der Partie.} ) 22. Rd7 Ra7 $2 ( {Trotz einiger
vorangegangener Ungenauigkeiten des Schwarzen ist es erst dieser Zug, der
definitiv verliert.} 22... Rfc8 $5 {hätte weit bessere Verteidigungschancen
geboten. Nun lässt Keres eine Serie starker Manöver folgen.} ) 23. Bf1 $1 Bxf1
{Nun ist auch in der Partiefortsetzung der Tausch der weißfeldrigen Läufer
'dran', und hier führt er nicht nur zum Vorteil, sondern sogar zu einem
forcierten Sieg.} 24. Kxf1 Rfa8 ( {Nach} 24... a5 $4 25. bxa5 {könnte Schwarz
weder mit dem Bauern noch mit dem Turm zurücknehmen! Mit dem Textzug hofft
Schwarz, seinen König nach e8 bringen zu können, wo er den eingedrungenen
weißen Turm befragen würde.} ) 25. c4 $1 {Dieser Bauer wird auf c5 die
desorganisierte schwarze Stellung aufbohren.} 25... Rc8 ( {Bleibt Schwarz bei
seinem ursprünglichen Plan, mit seinem König den eingedrungenen weißen Turm zu
vertreiben, so kommt es zu eine Überfülle hübscher und lehrreicher Wendungen:}
25... Kf8 26. c5 Ke8 ( {oder} 26... b5 27. c6 {mit einem originellen Turmfang}
) 27. cxb6 $1 Kxd7 ( {nach} 27... Bxb6 28. Rxa7 $1 Bxa7 29. Rxa6 {entscheidet
die Fesselung} ) 28. bxa7 {dieser Freibauer verbürgt den Sieg} 28... Bd6 29.
Rxa6 Bxb4 30. Rb6 {greift den Lb4 an und droht zugleich entscheidend Tb8} 30...
Bd6 31. Rb7+ $1 Bc7 (31... Ke8 32. e5 {und der Läufer darf nicht weichen wegen
Tb8+} ) 32. Bb6 Kc6 33. Rxc7+ Kxb6 34. Rxf7 {und Schwarz kann zwar den weißen
Freibauern nun tatsächlich beseitigen, verliert jedoch nach Schlagen auf a7 das
Bauernendspiel. Eine komplizierte Variante! Ob wohl beide Spieler dies alles so
präzise gesehen haben?} ) ( {Nach} 25... Bd8 26. Rxd8+ $1 Rxd8 27. Bxb6 Rda8
28. Bxa7 Rxa7 29. b5 a5 30. b6 {ist der Gewinn hingegen leicht.} ) 26. b5
{Dieser und die folgenden Züge von Keres münzen die schwarze Turmstellung auf
a7 zum Sieg um. Man ist erstaunt, wie schnell die Partie jetzt aus ist.} 26...
a5 27. c5 bxc5 (27... Rb8 28. cxb6 Bxb6 29. Rxa7) 28. Bxc5 Rb7 (28... Raa8 29.
b6 {und Schwarz muss den Läufer geben, da sonst b7 die Türme gabelt} ) 29. b6
{Zuerst wird die Horizontalfesselung des Läufers ausgenutzt ...} 29... Bxb6 (
29... Rxb6 30. Rxc7 {und Schwarz verliert nicht die Qualität, sondern eine
Figur!} ) 30. Rxb7 Bxc5 31. Rc1 {... und jetzt die Vertikalfesselung desselben
Läufers! Mikenas gab auf, da er unweigerlich den Lc5 durch Tb5 verlieren wird.
Eine von Keres mit hoher strategischer und taktischer Präzision durchgeführte
Partie.} 1-0
Remise - 13. Mai '18
DANKE
perip - 13. Mai '18
Hallo Vabanque,

ich mag deine ausführliche Kommentierung sehr. Die Varianten spiele ich immer nach, entweder am Chessmail-Brett oder bei kurzen Varianten im Kopf. Die Tiefe ist genau richtig, noch komplexere Unter- und Unterunter-Varianten wären für mich eher mühselig.

Ich habe meist das Gefühl, eine Partie zumindest in den wichtigsten Aspekten verstanden zu haben, und das reicht mir bei meiner Spielstärke aus.

Danke für den Aufwand, den du betreibst.

Gruß
perip
Hasenrat - 13. Mai '18
Vielen vielen Dank für die unzähligen Partien, hinter denen soviel Mühe steckt, sie hier so ansprechend zu präsentieren.

Lange Varianten ärgern mich in Büchern beim analogen Nachstellen auf dem Holzbrett. Elektronisch bereitet es ja keine große Mühe dem zu folgen bzw. zur Hauptpartie zurückzukehren.
Tschechov - 13. Mai '18
Das habe sogar ich verstanden, dank sachkundiger Erläuterung. Für mich sehr lehrreich, sowohl was den Schaden angeht, den eine verfrühte Offensive anrichten kann (passiert mir auch hin und wieder), als auch, was die kleinen Kerlchen, die Bauern angeht. Schwarz steckt ja unter anderem wegen des a-Bauern in der Klemme, den es schützen muß.
duennbraddel - 13. Mai '18
Danke sehr. interessant beschrieben, wie die Waage langsam kippt.
Vabanque - 13. Mai '18
Danke an euch alle!

@Hasenrat
>>Lange Varianten ärgern mich in Büchern beim analogen Nachstellen auf dem Holzbrett. Elektronisch bereitet es ja keine große Mühe dem zu folgen bzw. zur Hauptpartie zurückzukehren.<<

Geht mir genauso. Aber beim Nachspielen einer Partie aus einem Buch benutzt man auch am besten mehrere Holzbretter. Eines, auf dem nur die Partiezüge ausgeführt werden, damit man jederzeit zur Partiestellung zurückkehren kann, eines auf dem man die angegebenen Varianten nachspielt, und ggf. noch ein drittes, auf dem man die Untervarianten zu den Varianten analysiert.
Kellerdrache - 14. Mai '18
Ein wirklich würdiger Abschiedsbeitrag ! Natürlich gefällt mir die Parallele zur Hübner Partie besonders. Keres spielt das ganze allerdings wesentlich aktiver als Jansa damals. Außerdem scheint es von Vorteil für ihn zu sein, dass er zum Zeitpunkt von Sc4 noch nicht rochiert hat, wonach auf der Diagonalen f1-a6 hinter dem Sc4 ja Dame und Turm in der Schußlinie stehen.
In dem Moment wo Mikenas Angriff stecken bleibt (so bei 16..Lxd4) steht er positionell schon schlecht. So stark wie die verdoppelten Türme des Schwarzen auch aussehen zeigt Keres doch sehr schön wie wenig Optik im Schach wert ist.
Mal wieder eine Partie aus einem Guß. Taktisch und strategisch ganz großes Kino.
Ich persönlich finde übrigens eine etwas wortreichere Kommentierung ganz gut, solange es sich nicht um die typischen GM-Kommentare a la "mit leicht überlegenem Spiel am Damenflügel" oder " Schwarz hat das angenehmere Spiel" handelt. Ein Unterschied im Stil ist ja für den Leser auch gut. Da wird es nicht so eintönig.
Jedenfalls freue ich mich jetzt schon auf den ersten Beitrag nach der Pause.
Byzantiner - 18. Mai '18
Ich habe alle Beiträge hier mit Interesse gelesen. Ich gehöre aber zu denen, die keinen Kommentar hinterlassen. Daher an dieser Stelle: Danke!
OpaJuergen - 19. Mai '18
Dem möchte ich mich gleich anschließen !
AVSchach - 30. Mai '18
Wer hat jetzt gewonnen.
Vabanque - 31. Mai '18
Keres (Weiß) natürlich, denn ich schrieb ja nach seinem letzten Zug: Mikenas (Schwarz) gab auf. (Er verliert den Lc5)
LucidNonsense - 07. Jun '18
Hei Vabanque,
ich lese Deine Kommentare gerne - auch je länger je lieber. Denn: Du bekommst es ziemlich gut hin, Ideen und Pläne zu erläutern.
Danke
Vabanque - 07. Jun '18
Danke für deine Meinung und dein Lob!

>>Du bekommst es ziemlich gut hin, Ideen und Pläne zu erläutern.<<

Genau darum geht es mir ja auch. Denn: eine Partie durch Fritz, Shredder oder Stockfish laufen zu lassen und sich Varianten anzeigen zu lassen, die man dann nicht versteht, das kann jeder. Programme erklären ja nix. Deswegen braucht man immer noch menschliche Kommentatoren. Kommentare von GMs sind aber für uns Durchschnittsspieler meist auch relativ wertlos. Da liest man z.B. 'Das Schlagen des Springers würde den Angriff abschwächen.' (Ja warum denn bitte, geschätzter Herr Kommentator?) Oder: 'Nach dem verlockenden Bauerntausch hätte Weiß das bessere Spiel erlangt' (Ja wie denn?) usw.
Ich bin mir bewusst, dass meine Kommentare für sehr starke Spieler ebenfalls wertlos sind, weil sie nur das erläutern, was so jemand sowieso sieht.
Für Anfänger sind sie (leider!) jedoch genauso wertlos, weil ich die ganz elementaren Dinge nicht erläutere, andernfalls würden die Kommentare wirklich endlos, außerdem kann man m.E. GM-Partien gar nicht so 'runterkochen', dass Anfänger sie verstehen (auch wenn manche Autoren dies schon versucht haben).

Meine Zielgruppe ist eben der 'Durchschnittsspieler', aber es ist ein sehr breiter Durchschnitt, den ich ansprechen will, von ca. so 1300 bis 1800 DWZ.

Jemandem, der unterhalb dieses Niveaus ist (die so genannten 'wenig geübten Spieler') werden meine Kommentare ebensowenig nützen wie jemandem, der darüber ist (die so genannten 'starken Spieler').
Kellerdrache - 07. Jun '18
Auch bei den GMs gibt es übrigens Ausnahmen, die durchaus auch mal Pläne und Problemstellungen erläutern, wenn auch auf hohem Niveau. Das ist z.B. was das Züricher Turnierbuch von Bronstein so gut macht. Ich habe tatsächlich einige mir vorher schon bekannte Partien erst durch seine Erläuterungen verstanden.
Das Gleiche gilt übrigens auch für viele deiner Kommentare, auch wenn sie vom Niveau nicht ganz Bronstein sind ;-)). Viele schwächere Spieler führen ihre Partien ohne große Pläne und stochern sich so durch. Man drückt mal hier, pikst mal dort und hofft eine ausreichend schwache Stelle zu finden. Daher finde ich es immer besonders lehrreich zu sehen wie eine Partie aussieht in der alle Züge einer Idee folgen.
Vabanque - 07. Jun '18
>>Das Gleiche gilt übrigens auch für viele deiner Kommentare, auch wenn sie vom Niveau nicht ganz Bronstein sind ;-))<<

Echt jetzt nicht? ;) Da bin ich jetzt aber beleidigt :))
Nee, im Ernst, wenn du geschrieben hättest, dass meine Kommentare auf Bronstein-Niveau sind, dann hätte ich das als Geschleime eingeordnet, und das brauch ich genauso wenig wie Gehässigkeit.

>>Viele schwächere Spieler führen ihre Partien ohne große Pläne und stochern sich so durch. Man drückt mal hier, pikst mal dort und hofft eine ausreichend schwache Stelle zu finden.<<

M ja, das ist schon richtig, aber haben nicht Petrosjan oder auch Reshevsky im Prinzip genauso gespielt, nur natürlich auf extrem hohem Niveau?

>>Daher finde ich es immer besonders lehrreich zu sehen wie eine Partie aussieht in der alle Züge einer Idee folgen.<<

Nur dass halt selbst auf GM-Niveau diese 'Partien aus einem Guss' selten sind.
Vabanque - 07. Jun '18
Im Übrigen empfinde ich den 'Beitrag' von AVSchach als Troll-Beitrag, genau wie auch im Schachaufgaben-Forum. Der ganze Account scheint ein reiner Troll-Account zu sein.

Bemerkenswert im positiven Sinne finde ich jedoch, dass in diesem Thread nicht nur die Partie positiv bewertet wurde, sondern auch ein sehr großer Teil aller Anmerkungen bzw. Beiträge, die darauf folgten. Wirklich klasse.
Kellerdrache - 08. Jun '18
Stochern ohne nennenswerten Plan. Ob die Herren Reshevsky und Petrosjan sich da nicht auf den Slips getreten fühlen würden ? Klar, gibt es auch in GM-Partien Phasen wo man sich erst mal orientiert und Stärken und Schwächen einer Stellung noch nicht so klar sind. Im allgemeinen habe ich aber den Eindruck, dass man sich eher bemüht einen roten Faden durch die Partie zu finden und Züge zu machen die dem gleichen Plan folgen und zusammen passen.
Würde mich jemand fragen wo ich den Hauptunterschied zwischen einem gehobenen Vereinsspieler (DWZ 2000 bis 2300) und denen sehe die tatsächlich die Turniere beherrschen, würde ich eben gerade die Fähigkeit nennen über konkrete Situationen hinaus die Gesamtheit einer Stellung zu analysieren und einen passenden Plan zu finden.