Kommentierte Spiele
Verlustpartien der Weltmeister (XI): Smyslov
Vabanque - 06. Sep '16
Der ukrainische GM Eduard Gufeld (1936-2002) zählt nicht gerade zu den geschätztesten Spielern. Hier spielt er allerdings mit den schwarzen Steinen gegen Smyslov in einer Weise auf, dass man den Hut ziehen muss. Ein doppeltes Figurenopfer im 12. bzw. 13. Zug führt zu einem Damengewinn, bei dem Smyslov mit Weiß zunächst mehr als genug Material für die Dame zu bekommen scheint. Jedoch bleibt sein König ungeschützt in der Mitte, und seine Figuren spielen nicht zusammen. Mit eiserner Konsequenz münzt Gufeld diese Vorteile in einen flotten Sieg um. Eine der erstaunlichsten Partien, die mir in letzter Zeit begegnet sind.































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Vasily Smyslov Eduard Gufeld Moscow Spartakiade | Moscow Spartakiade | 1967 | A15 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. c4 Sf6 2. Sf3 g6 3. b4 Damit hatte ja bekanntlich Réti gegen Capablanca Erfolg, aber der Zug hat auch seine Schattenseiten. Lg7 4. Lb2 O-O 5. e3 b6 6. d4 c5 7. xc5 xc5 8. b5 a6 9. a4 Schon hat Weiß einen gedeckten Freibauern am Damenflügel etabliert. Se4!? Schwarz konnte ganz einfach Lb7 ziehen und brauchbar stehen. Aber damit kann man natürlich keinen Exweltmeister schlagen. Deswegen entschließt er sich zu einem tollkühnen Opferspiel. 10. Lxg7 Kxg7 11. Dd5 Oder hat er diesen Doppelangriff auf Ta8 und Se4 ganz einfach bloß übersehen? Da5+ 12. Ke2 Lb7!! 13. Dxb7 Sc6!! Die Pointe des Figurenopfers ist ein weiteres Figurenopfer! 14. Sfd2 Ta7 Jetzt hat die Dame keinen Ausweg mehr. Weiß erhält zwar viel Material für seine Dame, aber dafür eine unorganisierte Stellung. 15. xc6 Txb7 16. xb7 Db4! 17. Sxe4 Smyslov versucht, unter Preisgabe der Qualität den Bauern b7 zu halten. Da dieser Plan aber scheitert, war Ta2 besser, auch wenn so ein Zug nicht gerade erstrebenswert aussieht. Db2+ 18. Sbd2 Dxa1 19. Sxc5 Tb8 20. g3 Da3 21. Sxd7 Txb7 22. Lh3 Dd6 23. c5 Dd5 Droht außer Dxh1 auch Dh5+ 24. f3 Tb2! 25. Td1 e6 26. c6 Dc4+ 27. Ke1 Dd3 28. Lf1 Dxe3+ 29. Le2 a5 Damit Weiß nicht a5 nebst Sb6 spielen kann. 30. f4 f6 Schwarz verweigert dem weißen Springer konsequent alle Felder. 31. c7 Verzweiflung. Tc2 32. Kf1 Txc7 33. Sc4 Txc4! Das hübsche Ende. 34. Lxc4 Df3+ 35. Ke1 Dc3+ Und Weiß gab auf, da sein materieller Nachteil zu groß wird. So hat Smyslov selten verloren. Verblüffend, wie Gufeld immer den stärksten Zug traf - und alles ohne Engine-Unterstützung! Ja, die Meister früherer Zeiten konnten es eben auch allein mit ihrem Kopf ... und anders ging es damals ja auch nicht!
Kellerdrache - 07. Sep '16
Was für eine Partie ! Der gutmütige Herr Gufeld wird zum Berserker. Ich fand vor allem seine Kaltschnäutzigkeit beeindruckend. immerhin hatte er über lange Strecken einen Freibauern quasi vor der Haustür. Ich habe über Jahre hinweg so einige Partien von Gufeld in Büchern und Schachzeitungen gesehen, aber so hat er nie wieder gespielt.
Das Smyslov den Angriff Gufelds übersehen hat kann ich mir kaum vorstellen. Ich vermute, er hat vor allem das eigene Gegenspiel überschätzt. Er konnte mit seinem Freibauern ja eigentlich zu keinem Zeitpunkt wirkliche Drohungen aufstellen
Das Smyslov den Angriff Gufelds übersehen hat kann ich mir kaum vorstellen. Ich vermute, er hat vor allem das eigene Gegenspiel überschätzt. Er konnte mit seinem Freibauern ja eigentlich zu keinem Zeitpunkt wirkliche Drohungen aufstellen
Colorado77 - 07. Sep '16
Schöne Partie!
Also ist Se4 völlig korrekt, mit Annahme des Figurenopfers, also Dd5, ist kein Staat zu machen, im Vorteilssinne.
Dennoch, mit 11.Sbd2 und Ld3 wird der Se4 wieder verdrängt, die schwache Diagonale a1-h8 sowie der Mehrbauer am D-Flügel sollte Weiss langfristig doch einen soliden Positionsvorteil bringen....
Nur, wer spielt so, man lässt es sich zeigen, die meisten von uns ;-)
Also ist Se4 völlig korrekt, mit Annahme des Figurenopfers, also Dd5, ist kein Staat zu machen, im Vorteilssinne.
Dennoch, mit 11.Sbd2 und Ld3 wird der Se4 wieder verdrängt, die schwache Diagonale a1-h8 sowie der Mehrbauer am D-Flügel sollte Weiss langfristig doch einen soliden Positionsvorteil bringen....
Nur, wer spielt so, man lässt es sich zeigen, die meisten von uns ;-)