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Das goldene Dutzend - die 12 größten Spieler aller Zeiten

Vabanque - 02. Okt '16
Anfang der 70er Jahre veröffentlichte der damals bekannte Schachautor Irving Chernev ein Buch mit dem Titel: 'The golden dozen - the 12 greatest players of all time'

Seine damalige Auswahl der 12 größten Spieler lautete:

- Nimzowitsch
- Rubinstein
- Bronstein
- Spassky
- Smyslov
- Tal
- Petrosjan
- Botwinnik
- Fischer
- Lasker
- Aljechin
- Capablanca

9 Weltmeister und 3 Nicht-Weltmeister also. Dafür ließ er nach dem damaligen Stand der Dinge 2 Weltmeister aus (Steinitz und Euwe), und von den Nichtweltmeistern wäre auch damals schon diskutabel gewesen, ob nicht Tarrasch, Keres, Tartakower, Réti und Reshevsky ebenfalls Kandidaten für die Aufnahme in diesen Olymp gewesen wären.

Wie steht die Lage heute? Seit dem Erscheinen des Chernevschen Buches sind 4 Jahrzehnte vergangen, und es sind nicht nur (mindestens, je nach Zählung) 5 weitere Weltmeister hinzugekommen, sondern auch eine ganze Reihe von großen Spielern, die zwar nicht (oder noch nicht) Weltmeister wurden, die aber entweder durch ihren außergewöhnlichen Stil aufgefallen sind, oder die lange Zeit weit oben in den Top10 der Elo-Rangliste waren, z.B. Aronian, Shirov, Ivantschuk, Topalov, Judit Polgar (als stärkste Schach-Frau aller Zeiten).

Könnte man heute also wirklich noch eine Auswahl treffen, die sich auf ein Dutzend beschränkt? Müsste man nicht vielmehr 2 Dutzend auswählen? Selbst in letzterem Fall wäre es immer noch keineswegs einfach. Bei der Beschränkung auf ein Dutzend dagegen ergeben sich echte Probleme, da nicht mal alle unumstrittenen Weltmeister aufgenommen werden können. Allerdings hatte dies Chernev seinerzeit ja auch nicht getan. Und dass Nimzowitsch und Bronstein vom Stil origineller und interessanter waren als der etwas farblose Euwe, werden die meisten Schachfreunde wohl durchaus so unterschreiben.


Mein Versuch einer Auswahl von 12 Spielern sähe so aus (die Reihenfolge stellt keine Wertung dar, sondern ist einigermaßen chronologisch):

- Capablanca
- Aljechin
- Keres
- Bronstein
- Tal
- Spassky
- Fischer
- Kasparov
- Anand
- Shirov
- Ivantschuk
- Carlsen

Diese Auswahl ist natürlich subjektiv (wie jede Auswahl), und es mag den einen oder anderen verwundern, dass z.B. Karpov und Kramnik hier nicht auftauchen, aber meine Hauptkriterien waren hier nicht reine Wettkampf-Erfolge, sondern vor allem Originalität, Naturtalent und Kreativität. Capablanca, Spassky, Tal, Fischer und Carlsen gehören sicher zu den größten Naturbegabungen aller Zeiten; während Keres, Bronstein, Shirov und Ivantschuk das originellste Schach, das ich je gesehen habe, spielten, obwohl sie keine Weltmeister waren (Hasenrat wird natürlich einwenden, dass dieses Lob vielmehr Bernd Feustel zukommen sollte ;) ). Tal kann man als Weltmeister freilich ebenso in diese Kategorie einreihen. Aljechin und Kasparov sind (neben der Kompliziertheit ihrer Partien) ein Beispiel unglaublicher Willensstärke und Identifikation mit dem Spiel; sie spielten jede Partie, als ginge es um ihr Leben. Anand dagegen ist für mich die perfekte Verbindung von asiatischer Weisheit und Gelassenheit mit den meisten anderen hier genannten Qualitäten.
Die Auslassung von Spielern wie Lasker, Botwinnik, Karpov und Kramnik soll hier nicht als Diffamierung missverstanden werden; aber für mich strahlen deren Partien wie auch deren Persönlichkeit nicht die gleiche Faszination aus wie die von mir in der Liste aufgeführten.
Genauso habe ich die aktuell in der Elo-Liste führenden Jungstars nicht berücksichtigt, da deren allzu viele sind, und sie sich alle erst noch in den folgenden Jahrzehnten werden bewähren müssen (z.B. Caruana, Vachier-Lagrave, So, Karjakin).
Carlsen dagegen habe ich von den ganz jungen Spielern als einzigen aufgenommen, nicht nur weil er der amtierende Weltmeister ist, sondern weil er meine Meinung das größte Wunderkind der Schachgeschichte ist (in diesem Punkt sogar noch größer als Fischer und Reshevsky) und weil er trotz seiner Jugend schon seit etlichen Jahren die Elo-Rangliste anführt. Außerdem spielte er bereits als 12jähriger Partien, die einem ausgewachsenen GM alle Ehre machen würden.

So, das ist meine (bewusst etwas provozierende) Auswahl; nun könnt ihr eure (von meiner sicher teils sehr stark abweichende) Auswahl posten :)
pirc_ - 02. Okt '16
Also meine Aufstellung sehe etwas anders aus:
mit Tal, Capablanka, Kasparow, Spasski, Carlsen, Aljechin und Anand gehe ich mit dir.
Für mich fehlt definitiv die Nummer 1 Vasja Pirc ;-)
Auch der bemerkenswerteste Spieler der Schachgeschichte, der immer wieder gegen die Weltmeister gewann und oft sehr unorthodox spielte und damit die dicken Fische zwang gegen jeden noch so "besonderen" Zug eine Antwort zu finden, fehlt in deiner Aufstellung: ein gewisser NN ;-)..will sagen: ohne die Kleinen wären die Großen ein Hauch von nichts
und in beiden Aufstellungen fehlt mir irgendwie Karpov...was wäre Kasparov, meine persönliche Nummer 2, ohne Karpov?
Vabanque - 02. Okt '16
Hallo pirc, ich dachte mir schon, das du Einwände erheben würdest, aber meine Meinung war (ernsthaft, denn Vasja Pirc ist natürlich mehr Spaß, und NN quasi symbolisch, du hast es ja selber erklärt), deine Nummer 1 wäre Richard Rapport?
pirc_ - 02. Okt '16
Nein...ich mag sicher den Angriffsstil von Rapport....aber er verliert zu oft, spielt zu instabil, um ein wirklich ganz großer zu werden...da ist Tal schon der richtige in der Aufzählung.
Und ich glaube ich mag solche Spieler wie Rapport aus 2 Gründen:
Sie spielen gerne Abseits des Mainstreams und gehen oft direkt auf den König..beides Dinge die ich selbst im Nahschach nie mache, weil ich sie nicht kann ;-)
Jobava ist übrigens auch so einer, falls du mal "besondere" Partien suchst, der im Moment so Schach spielt.
Vabanque - 02. Okt '16
Ah ja, danke, Jobava kenne ich bisher nur so am Rande.

Eigentlich hätte ich (wenn man Instabilität als Argument nimmt) dann ja auch Shirov rauslassen müssen, und ich war auch nahe dran, habe ihn dann aber hauptsächlich wegen seines 2-bändigen Werks 'Fire on Board', das einen bedeutenden Beitrag zur Schachliteratur der Gegenwart darstellt, doch mit hereingenommen; denn so etwas haben die wenigsten Spieler aufzuweisen. Vor allem sind Shirovs Bücher (im Gegensatz zu 'My Great Predecessors' von Kasparov) NICHT 'ghostwritten'.
vlaminck - 02. Okt '16
Ein Name wurde überhaupt noch nicht genannt - was mich etwas erstaunt. Ich meine Viktor Kortschnoi. Für mich einer der ganz Großen. Er war bis ins hohe Alter aktiv und als Spieler immer noch sehr stark.

Bewundernde Grüße
Klaus
Hasenrat - 02. Okt '16
Hasenrat kennt sich bestürzend zu wenig aus, als dass er ernsthaft Einwände erheben könnte, lieber Vabanque. ;-)

Das, was ich generell einwenden würde - nicht nur beim Schach, sondern bei allen vergleichbaren Rankings von Personen als Jahrhundertgrößen: diese Listen am besten nur mit Vestorbenen oder zumindest schon längere Zeit nicht mehr Aktiven zu füllen. Denn dann lässt sich mit Abstand besser und vollständig urteilen, und die Protagonisten können durch spätere wie auch immer geartete "Unwürdigkeiten" die Liste nicht plötzlich zur Makulatur werden lassen.
Steinitz - 02. Okt '16
Ich finde: "Steinitz" fehlt bei jeder Aufzählung von Namen hier!!!!

Viele Grüße,
Uwe (chesstiger) Steinitz
Hasenrat - 02. Okt '16
Steinitz lange tot, Steinitz groß, Steinitz passt. ;-)
Hasenrat - 02. Okt '16
Und wie kann sich eine Liste der größten Spieler aller Zeiten(!) bloß auf ein Jahrhundert beschränken? Wäre das möglich? Sind die großen Pioniere der ersten Zeiten nicht sogar die viel Größeren?
Woran will man das alles messen?
An der Leistung für das Schach allgemein? An dem Innovationspotenzial?
Hasenrat - 02. Okt '16
Die größten oder die stärksten Spieler aller Zeiten? Bei letzterem würde man wieder eine auch rückwirkende Elo-Rankinglise heranziehen müssen, oder?
Vabanque - 02. Okt '16
@vlaminck: Eine Reihe über Kortschnoi gab es mal anlässlich dessen Tod in den 'Kommentierten Spielen', also vergessen haben wir ihn nicht :)

@Hasenrat: Das ist ein generelles Problem, das du hier ansprichst, und dessen ich mir bei der Auswahl durchaus bewusst war. Deswegen habe ich ja die jungen Spieler überwiegend nicht berücksichtigt. Denn wie oft gab es schon welche, die, wie man sagt, 'zu den schönsten Hoffnungen berechtigten', und dann wurde nicht viel draus. Aber obwohl Leute wie Kasparov, Ivantschuk und Anand noch leben, und die letzteren beiden sogar noch sehr aktiv, dürfte es ihnen, egal was sie ab jetzt auch immer anstellen mögen, kaum mehr gelingen, ihren Status zu verderben.
Über Shirov kann man sagen, dass er durch sein Absacken auf unter 2700 zwar enttäuscht hat, aber die Menge an legendären Partien, die er gespielt hat, ist derart groß, dass sein Ruhm bleiben wird.
Und wer - wie Carlsen - mit 22 Weltmeister geworden ist, kann später sowieso machen was er will (auf 1400 zurückfallen oder Schach ganz aufgeben oder was auch immer), ohne dass man ihn aus der Liste der größten Spieler wieder streichen müsste ...

@Steinitz: Steinitz (also der echte) war zu seiner Zeit sicher ein bedeutender Spieler. Er war der erste offizielle Weltmeister der Schachgeschichte, und er hat auch als Erster die später größtenteils allgemein anerkannten Grundsätze des Positionsspiels formuliert und dargelegt. Aber: Wenn man Steinitz' Partien mal durchspielt, so erscheint einem sein Spiel (ich hoffe, dies wird mir jetzt nicht als Überheblichkeit ausgelegt) im Gegensatz zu allen anderen hier Genannten ganz erschreckend schwach ... natürlich gibt es Ausnahmen, z.B. die legendäre Partie gegen von Bardeleben, die zu den schönsten Partien aller Zeiten zählt. Aber ich kenne höchstens noch ein oder zwei weitere Partien von ihm, die sich auf diesem Niveau befinden.
Vabanque - 02. Okt '16
@Nochmal Hasenrat:

Nein, nicht die stärksten, das hatte ich ja in dem Eingangsbetrag schon dargelegt. Andernfalls hätten ja Karpov, Botwinnik, Lasker und Kramnik unbedingt drin sein müssen. Aber für mich zählen sie halt nicht zu den genialsten und kreativsten Spielern. Aber wahrscheinlich verstehe ich bloß nicht die Tiefe ihres Spiels nicht so recht. Karpovs Spiel ist wohl so tief, dass sich an der Oberfläche überhaupt nichts zu tun scheint.

Und zur Beschränkung auf ein Jahrhundert: Ich habe bewusst nur diejenigen erwähnt, deren Spiel heutigen Kriterien noch genügt. Partien z.B. von Greco (16. Jh.) scheinen selbst Anfängern heute sehr befremdlich ...
vlaminck - 02. Okt '16
"Karpovs Spiel ist wohl so tief, dass sich an der Oberfläche überhaupt nichts zu tun scheint."
Diesen Bonmot sollte man sich merken :-)

Lachende Grüße
Klaus
pirc_ - 02. Okt '16
und keinem scheint aufgefallen zu sein, dass ich den Isländer weg gelassen habe....wahre "Größe" zeigt sich nicht nur im spiel finde ich.....
für meine schachliche Sozialisation spielte übrigens Hort die entscheidende Rolle....deswegen möchte ich ihn noch hinzufügen in meine ganz eigene Liste. Schach im WDR ;-)
alms - 02. Okt '16
Ohne Karpow ist die Liste natürlich unvollständig. Anand sehe ich als guten Pragmatiker, Schirow mag ein guter Buchautor sein und man hört, dass er auch sehr umgänglich ist, aber ganz sicher niemand für die Top 12.
Vabanque - 02. Okt '16
@pirc: Dass du Fischer nicht magst, hattest du ja schon öfters mal angedeutet. Allerdings mag er als Mensch noch so merkwürdig gewesen sein, aufgrund seiner schachlichen Leistungen kann man ihn meiner Meinung nicht auslassen. Natürlich bin ich generell auch deiner Meinung, dass zur Größe auch das Menschliche gehört. Dieses Kriterium habe ich in meine Liste durchaus einfließen lassen.

@alms: Ich sehe eher Karpov, genau wie Kramnik und Botwinnik, als gute Pragmatiker, was ja andererseits nicht abwertend zu verstehen sein muss. Eher würde ich noch Petrosjan in die Liste aufnehmen, da sein Stil durchaus originell war.

Es ist immer eine Frage der Kriterien. Bei ganz anderen Kriterien kommt man zu einer völlig anderen Liste.
Man kann ganz objektive Kriterien anlegen, etwa, wie lange jemand auf welchem Platz in der Weltrangliste gestanden ist. Aber so eine Liste soll meinetwegen die deutsche Buchhalter-Vereinigung erstellen, mir sind solche Nachforschungen zu langweilig ;)

Ich hatte ja zugegeben, dass ich die Liste hauptsächlich danach erstellt habe, wessen Partien mich am meisten beeindruckt haben.
pirc_ - 02. Okt '16
interessant übrigens: der einzige Weltmeister der hier bei keinem auftaucht ist euwe(waren ja auch nur 2 jahre)...hätte gedacht unsere holländischen schachfreunde melden sich da zu wort ;-)
Vabanque - 02. Okt '16
Tal war sogar nur 1 Jahr Weltmeister, und taucht sicher auf jeder Liste auf, nicht nur von lettischen Schachfreunden ;)

Es muss also einen anderen Grund haben, warum Euwe nicht so viel Faszination hat. alms würde wieder sagen, ein guter Buchautor allein reicht nicht :)
EintrachtbS - 03. Okt '16
Mit fällt auf, dass von den Spieler aus der Zeit, bevor es Weltmeisterschaften gab, niemand genannt wurde. An Spieler wie Ruy López de Segura, Alexander Cunningham oder François-André Danican Philidor, die alle vor der "modernen" Zeit des Schach wirkten, denkt dabei niemand. Eigendlich schade.
Hasenrat - 03. Okt '16
Doch, Hasenrat mit gepuderter Perücke u. langem Bart, hat weiter oben genau dies auch gedacht!
Hasenrat - 03. Okt '16
Eine Auflistung der Größten aller Zeiten, die ausschließlich vom Gipfel der Gegenwart aus urteilt, als imaginärem End- u. Höhepunkt der Entwicklung, kann niemals zeitlos sein ...
chesstom - 03. Okt '16
Ich vernisse irgendwie auch noch Kortschnoi und Karpow!
Vielleicht auch Kramnik!
Hasenrat - 03. Okt '16
Morphy!
vlaminck - 03. Okt '16
Adolf Anderssen und Frank Marshall!
Vabanque - 03. Okt '16
Karpov, Kortschnoi und Kramnik sind, wie schon gesagt, heiße Kandidaten für die Liste.

Marshall, so gern ich ihn persönlich mag, war nie absolute Weltspitze, obwohl er gut mitmischte. Er war eher ein großer 'Schwindler', ein taktischer Trickser, was mir zwar gut gefällt, ihn aber für mich als Kandidaten für die ganz Großen auch ausschließt.

Morphy und Anderssen waren zu ihrer Zeit groß, hatte aber keine Ebenbürtigen, an denen sie sich messen konnten. Das macht das Schach früherer Jahrhunderte so problematisch für die heutige Beurteilung.

Interessant, dass bisher anscheinend Lasker und Botwinnik nicht vermisst werden.

Und Tarrasch auch nicht.

Und aus der Gegenwart Aronian.
Rokkur - 03. Okt '16
Bester Spieler aller Zeiten?

Wer war bester Entdecker? Columbus, Amundsen, Armstrong?

Heute haben wir Brainstrongs, welche mit optimaler Ausbildung optimalem Managing optimaler wissenschaftlichen Assistenz nahezu perfektes Schach spielen. Der Wert einer Partie wird mit wissenschaftlicher Präzision an den bestmöglichen von bestmöglichen Computern und Programmen geprüften Zügen gemessen.

Wie hätte ein Steinitz mit heutiger Ausbildung und Assistenz gespielt? (Allerdings basiert ein guter Teil der heutigen Ausbildung auf von ihm eingeführten Erkenntnissen.)

Schach ist ein Kampfsport. Wer gewinnen will, bildet sich nach den optimalen derzeit erreichbaren Kriterien aus und nützt alle Informationsquellen und alle anderen Skills, welche ihn im Moment des Kampfes in eine möglichst optimale Ausgangsposition bringt, - und sei es z.B. mentales Ausdauertraining, welches ihn befähigt, in der fünften Stunde des Kampfes immer noch die besten Züge zu finden. Auch in der Sportphysiologie sind die Erkenntnisse im letzten Jahrhundert exponentiell angewachsen. Auch ist Spitzenschach heute zu einem Teamsport ausgeartet, ein Steinitz musste noch alles selber entwickeln.

Die heutigen Profis mittleren Kalibers würden einen Steinitz pulverisieren.

Deshalb ist das Kriterium, wer das Schach in den Jahren am weitesten voran gebracht hat, wohl als Kriterium nicht zu vernachlässigen.

Deshalb werfe ich Botwinnik in die Diskussion. Er prägte die beste Schachschule vieler Dekaden, eine große Anzahl sowjetischer Weltmeister und Kandidaten. Kein Weltmeister vor und nach ihm schaffte derartige Comebacks.

Eine Liste der Besten ist immer individuell zu erstellen und nicht objektivierbar. Je nachdem, welche Kriterien man anlegt, ist das Resultat sehr unterschiedlich.

Jetzt sollte sich jeder mal eine persönliche Favoritenliste machen und dann mit dem eigenen Spielstil vergleichen. Wer hat mich am Meisten beeinflusst?
War es ein Mark Dworetzki oder einer seiner Schüler, welche mit derart anspruchsvollem Trainingsmaterial einem an der eigenen Intelligenz zweifeln ließ, aber den inneren Trotz erweckte, das Zeug doch verstehen zu wollen und sei es auf Kosten nicht gemachter Schulaufgaben, Familienkrisen ec.
Fischers Extravaganzen?
Avrukhs perfekte Eröffnungsvorbereitung? Oder die von Kotronias oder Bologan?
Silmans Begabung, Schwieriges eingängig zu erklären?

Es gibt so viele beste Spieler aller Zeiten. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wer im eigenen Spiel die meisten Spuren hinterlassen hat.

Und nun um sich vor der eigenen Favoritenliste nicht zu drücken (zugegebenermaßen höchst subjektiv):
Steinitz, Lasker, Rubinstein, Capablanca, Nimzowitzsch, Aljechin, Tal, Botwinnik, Petrosian, Karpov, Kasparov, Kortschnoj, Anand, Krammnik, Carlsen.
OK. es sind zu viele, aber es fehlen noch so viele auf der Liste...
Vabanque - 03. Okt '16
Ja, das waren zu viele, du musst 3 rauslassen :)

ZITAT: >>Die heutigen Profis mittleren Kalibers würden einen Steinitz pulverisieren. <<

Ja, vermutlich (obwohl man es nicht beweisen kann).

Aber würden sie es auch gegen Lasker, Rubinstein oder Capablanca schaffen? Da wäre es schon sehr viel schwieriger.

Sollten diese die Eröffnung überstehen (!!), würde der Kampf wohl eher ebenbürtig verlaufen, vor allem im Endspiel.

Ob die viel gerühmte Technik eines Karpov oder gar Carlsen der (seinerzeit ebenso viel gerühmte) Technik eines Rubinstein oder Capablanca wirklich überlegen ist, scheint mir fraglich.
Hasenrat - 03. Okt '16
Ich hätte eine objektive Liste: Die zwölf größten Schachspieler aller Zeiten wären die, die jeweils in den letzten 12 Jahrhunderten am berühmtesten waren. Oder in den letzten zwölf Generationen. Jeweils wohlgemerkt. Den Berühmtheitsgrad kann man errechnen, erfassen. Damit wird man auch den vergangenen Zeiten mit ihren jeweils eigenen Maßstäben gerecht.
Vabanque - 03. Okt '16
In dieser Liste wird dann aber keiner seine Favoriten mehr wiederfinden ;)

Ich stelle eine ganz provokative Frage dagegen:

Kann eine vor, sagen wir, 200 Jahren gespielte Partie für die heutige Zeit noch Bedeutung haben? Sagt sie uns noch etwas? Kann man noch etwas aus ihr lernen?

Sie mag in ihrer Zeit noch so viel Bedeutung gehabt haben (obwohl ich das auch bezweifle), aber für uns heute hat sie keine mehr.
Vabanque - 04. Okt '16
Und im Übrigen, Hasenrat, bewegt sich diese Diskussion im Vakuum, so lange du keine Namen nennst.

Wenn es auch in vielen Bereichen verpönt ist, Namen zu nennen, hier dürfen, sollen, ja müssen sie genannt werden :))
Hasenrat - 04. Okt '16
Dann musst du deine Liste aber anders nennen: Die 12 größten Schachspieler der neuesten Zeit! Sonst muss sie sich der Arroganz der Nachgeborenen zeihen lassen.

Ich muss keine Namen nennen. Ich bin Kritiker des Verfahrens. :-)
Colorado77 - 04. Okt '16
Ich finde solche Vergleiche immer sehr schwer. Das sind sie, weil zumeist den alten Meistern die nötige Würdigung abhanden kommt - in Relation zu heute.
Eröffnungstheorie und Engines und moderne Tablebases (6- oder neuerdings sogar 7-Steiner) waren früher undenkbar. Selbst ein Charon (revolutionär nahezu) zu seiner Zeit mit seinen Erkenntnissen lockt heute keinen mehr hinter dem Ofen hervor.
Wer war besser, Carlsen oder Fischer? Sehr schwer, alleine an Hand der Elo kann man nicht gehen, denn da kommt noch der Punkt der Elo-Inflation dazu. Ein Malaniuk im Jahre 1993 mit 2635 war damals Top 50 Spieler, heute endet die Top 100 bei 2650 und bei 2620 endet die Top 200 circa.
Was noch dazu kommt, dass die Turnier- und Trainingsmöglichkeiten von heute real und vor allem online ernorm zugenommen haben. Deshalb schätze ich (subjektiv) die Leistung eines Fischer immer noch höher ein als die des jetzigen Weltmeisters.
Vabanque - 04. Okt '16
Deswegen waren Elo-Zahlen sowieso nicht das erstrangige Kriterium für meine Liste.

Und der Fischer-Carlsen-Vergleich war auch nicht der Gegenstand von Hasenrats Kritik, so weit ich sie begreife.

Er möchte vielmehr gerne die Spieler früherer Jahrhunderte mit einbezogen wissen.

Aber die Liste der berühmten Schachspieler beginnt überhaupt erst um die Mitte des 19. Jh., als die ersten internationalen Schachturniere ausgetragen wurden.

Vorher gab es Schach auf Wettkampfebene praktisch gar nicht, daher wird man sich in dieser Zeit auch praktisch vergeblich auf die Suche nach bedeutenden Spielerpersönlichkeiten machen.
Hasenrat - 04. Okt '16
Vielleicht störe ich mich einfach instinktiv an dem pathetisch hochtrabenden aller Zeiten. Das hat was von der verstiegenen Hybris des Attributs eines Gröfaz. Es hat Absolutheitsanspruch, schließt alle vergangenen Zeiten seit Menschengedenken und genaugenommen sogar alle zukünftigen Zeiten ein! Vielleicht aber wird man in 300 Jahren über diese Listen herzlich lachen?
Hasenrat - 04. Okt '16
Schon der erste Wikipedia-Eintrag zu den alphabet. gelisteten historischen Schachspielern spricht Bände ( de.wikipedia.org/wiki/Al-Adli):
Al-Adli (* um 800; † um 870) lebte in Arabien und war vermutlich der stärkste Schachspieler seiner Zeit. (...) Sein verschollenes Buch Kitab asch-Schatrandsch, das auf das Jahr 842 datiert, wurde häufig von anderen arabischen Schatrandsch-Autoren zitiert. An sowas messe ich Berühmtheit - und zeitbedingte Bedeutung!
Vabanque - 04. Okt '16
Vielleicht, aber wird sie in 300 Jahren überhaupt noch jemand lesen? ;)

Das würde ja voraussetzen, dass die Source-Codes von chessmail auf irgend eine Weise bis dahin überleben ... boah, so viel Nachruhm traue ich mir gar nicht auszumalen :))

Übrigens bin ich ziemlich sicher, dass sich z.B. Kasparov wirklich für den größten Spieler aller Zeiten hält, und zwar ohne Ironie. Und Fischer dachte dasselbe von sich dazumal bestimmt auch. Naja, psychisch sehr gesund sind diese Leute nicht unbedingt, aber sie deswegen gleich mit dem Adolf vergleichen zu wollen, geht auch wieder ein wenig zu weit ...

Das mit den 'aller Zeiten' kommt ja auch nicht von mir, sondern von Chernev, dessen Buch mein Aufhänger für diesen Thread war.

Wenn es dich stört, dann nennen wir es lieber:

'Die größten Spieler der letzten 100 Jahre.'
Vabanque - 04. Okt '16
Ups, da warst du schneller, natürlich bezieht sich mein Beitrag auf deinen vorletzten Beitrag!
Hasenrat - 04. Okt '16
Oder: de.wikipedia.org/wiki/El_Morro_(Schachspieler)
Er war Schachlehrer am Hofe König Sebastians I. in Lissabon und galt als stärkster Spieler Portugals, bis er im Jahre 1575 in einem Wettkampf von Giovanni Leonardo da Cutro geschlagen wurde. (...) Die Begegnung kam im Anschluss an das erste internationale Schachturnier der Geschichte von 1575 am Hofe des spanischen Königs Philipp II. in Madrid zustande ...
Vabanque - 04. Okt '16
Von diesem Al-Adli habe ich noch nie etwas gehört. Wahrscheinlich deswegen, weil von ihm ja nichts geblieben ist als ein Name. Das Buch ist verschollen, und seine Partien sind auch in keiner Datenbank mehr aufzufinden. Das ist dann so eine leere, ungreifbare Berühmtheit. Eine Berühmtheit, mit der keiner mehr etwas anfangen kann.

Und selbst wenn diese Partien noch nachspielbar wären, würde sich ernsthaft jemand dafür interessieren, wenn ich eine davon in den Kommentierten Spielen bringen würde? Was meinst du?
Hasenrat - 04. Okt '16
Oh ja, ich, ja. :-)

Und von dem El Morro haben wir doch immerhin das Morro-Gambit übernommen (gegen den Sizilianer da Cutro?), wie?
Hasenrat - 04. Okt '16
Ja, ich glaube, ich habe da einen gänzlich anderen Ansatz. Aus allen Zeiten gefallen, über allen Zeiten schwebend, im Elfenbeinturmspringer vernagelt ... ;-)
Vabanque - 04. Okt '16
Jetzt schlägst du mich aber mit meinen eigenen Waffen. Ich war sicher, dass London 1851 das erste internationale Schachturnier der Geschichte war ...

Aber nochmal, bitte, wo sind denn die Partien dieses El Morro, z.B. aus seinem Wettkampf gegen da Cutro?

Und selbst wenn sie da wären, meinst du ernsthaft, es würde sie heute jemand studieren? Höchstens als Kuriosum.

Klar drängt sich der Gedanke auf, ob nicht in 500 Jahren Carlsens Partien auch nur noch ein Kuriosum sein werden. Aber ich denke, höchstens in dem Sinne, dass man da vielleicht kein Schach mehr spielen wird, und es deswegen als Kuriosum ansehen wird, dass sich Leute unserer Zeit um die Perfektionierung dieses Spiels bemüht haben ...
Vabanque - 04. Okt '16
Dabei kommt mir ein Gedanke: Immerhin kann ich in den Kommentierten Spielen mal eine Partie von Philidor (18. Jh.) bringen, das ist so das Älteste, was mir im Schach vertraut ist, aber auch da wird Vieles für den heutigen Spieler höchst befremdlich erscheinen ... allerdings kenne ich von ihm eine Partie mit einem Turmendspiel, das höchst modern anmutet und das vielleicht Carlsen auch nicht besser gespielt hätte ... auch wenn man über die Züge vor dem Endspiel heute eher den Kopf schüttelt.
Rokkur - 04. Okt '16
Damals war es hohe Kunst. Heute ist es Technik. Jeder GM mit ELO über 2600 muss eine ausgefeilte Endspieltechnik haben. Sie ist Teil der Grundlagenausbildung. Ohne die kann man ab einem gewissen Niveau nicht mehr bestehen.
Genau so ist es mit der Taktik. Wie viele heutige Meisterpartien weisen die spektakulären Opfer nur in den Nebenvarianten auf.
Schach ist ein Kampfsport. Die Gegner wollen sich zählbare Ergebnisse erspielen, also den Gegnern maximale Probleme stellen. Ästhetik ist ein Nebenergebnis.

Auch ist Ruhm so eine Sache. Ruhm ist zumeist ein Ergebnis des Medienechos auf eine Tat oder ein Ereignis: Nicht die Tat zählt, sondern ihre Vermarktung. Hierzulande ist Fischer deutlich berühmter als Karpov. Hat er objektiv bessere sportliche Ergebnisse erzielt?

Auch Topalov hat geniale Partien gespielt, war Weltmeister und...
In den Medien kam er nicht gut an, - Ruhm?
Hasenrat - 04. Okt '16
Ja, da muss man zu allererst Größe und Bedeutsamkeit definieren.
Hasenrat - 04. Okt '16
... - nach meiner Auffassung eine Definition, die dann zu allen Zeiten Gültigkeit beanspruchen könnte, nach Vabanques aber gerade eben nicht.
Vabanque - 04. Okt '16
ZITAT Rokkur: >>Hierzulande ist Fischer deutlich berühmter als Karpov. Hat er objektiv bessere sportliche Ergebnisse erzielt?<<

In diesem Fall denke ich, ja. Die 6:0-Matchergebnisse gegen Taimanov und vor allem Larsen, und das 6:2 gegen Petrosian sprechen für sich (von den US-Meisterschaften, in denen Fischer alle Partien gewann, ganz zu schweigen). Petrosjan war sicher nicht schwächer als Kortschnoi, aber solche Ergebnisse hat Karpov in den Matches nicht vorzuweisen.

ZITAT Hasenrat:

>>... - nach meiner Auffassung eine Definition, die dann zu allen Zeiten Gültigkeit beanspruchen könnte, nach Vabanques aber gerade eben nicht.<<

Wirklich nicht? Meinst du, dass z.B. Fischers Leistungen ihn in sagen wir 100 Jahren nicht mehr für die größten Spieler qualifizieren könnten?
Kellerdrache - 04. Okt '16
Natürlich muß ich zu diesem Thema auch meinen Senf abgeben. Hier also meine Liste der 12 besten (mit Begründung).

Steinitz (er hat das moderne positionelle Schach erfunden und damit einen größeren Einfluß als sonst jemand).

Emanuel Lasker (ungeheuer langlebig auf höchstem Niveau. Taktisch und positionell stark und in einer Zeit der dogmatischen Streitereien zwischen Tarrasch und Nimzowitsch der klarsichtige Praktiker)

Capablanca (vermutlich an natürlichem Talent jedem vor und nach ihm überlegen)

Rubinstein (Partien von klassischer Schönheit und beeindruckende strategische Weitsicht.)

Richard Reti (Wie Breyer und Nimzowitsch erfand er die modernen Methoden des Zentrumskampfes, war aber am Brett wesentlich überzeugender als diese)

Aljechin (Nicht nur taktisch das Maß aller Dinge, sondern auch im positionellen Spiel sehr gut)

Botwinnik (Weltmeister gegen Bronstein, Smyslov und Tal. Der Erfinder des mordernen Schachprofis und des systematische Trainings im Schach)

Bronstein (Taktisch brilliant und ungeheuer einfallsreich in Eröffnung und Mittelspiel. Bis Tal kam die Hoffnung aller die keine Schachbürokraten werden wollen.)

Tal (Vorbild aller Angriffsspieler. Für ihn gab es nicht wichtigeres im Schach als Initiative. Verweigert sich dem Materialismus im Schach und ist deshalb unberechenbar.)

Fischer (Als Schachspieler fast ohne Fehler und vor allem ohne Unterstützung erfolgreich)

Karpov (der ultimative Wettkämpfer. Begreift man Schach als Auseinandersetzung gehört er zu den Top 5 der Geschichte.)

Kasparov (Vermutlich die absolute Nr.1. Taktisch ein Monster, ungeheuer einfallsreich und phantasievoll in der Eröffnung und bereit für jede Herausforderung)

Carlsen taucht in meiner Liste nicht auf. Nicht etwa weil ich ihn gering schätze, sondern weil a) die Liste nicht genug Plätze hat und b) für meinen Geschmack Carlsen seine Dauerhaftigkeit noch nicht bewiesen hat. Auch Spieler wie Keres, Kortschnoi und Ivantschuk hätte ich noch gerne in meine Liste eingefügt, aber ich habe keinen gefunden den ich dafür herausgelassen hätte.
Hasenrat - 04. Okt '16
@Vabanque
Na ja, deine Bedingung war ja, Größte sind nur die, die uns Heutigen was sagen, die uns was "nützen". Vllt. spielt man in 100 Jahren fundamental anders u. nach ganz anderen Regeln. Dann wäre Fischer nach deinen Kriterien nicht mehr einer der Größten.
Vabanque - 04. Okt '16
>>Vllt. spielt man in 100 Jahren fundamental anders u. nach ganz anderen Regeln.<<

Möglich, aber wie wahrscheinlich ist das?

Das wäre in etwa so, wie wenn man behaupten würde: 'So wie die digitale Fotografie die analoge Fotografie abgelöst hat, wird in 100 Jahren die digitale Fotografie von etwas anderem abgelöst worden sein.'

Nur: wovon?

Ich denke, der Streit ist letztlich müßig, denn in 100 Jahren ist niemand von uns mehr da, so dass uns die Antwort nicht bekümmern sollte.
Hasenrat - 04. Okt '16
Die wahrscheinlichste Zäsur wird sein, dass es Standard werden wird mit implantierten Chips auch im Nahschach ausschließlich engine-Schach zu spielen.
Vabanque - 04. Okt '16
Mit deiner Argumentation müssten ja z.B. in einer Aufzählung der 12 größten Komponisten auch Namen wie Hildegard von Bingen, Walther von der Vogelweide und Oswald von Wolkenstein auftauchen, denn es müssen ja alle Jahrhunderte vertreten sein (die Musik der Antike nicht zu vergessen!).
Umgekehrt - um deine Argumentation wiederum auf die Musik zu übertragen - wird man vielleicht in 100 Jahren Bach, Beethoven und Brahms nicht mehr in die Reihe der größten Komponisten stellen, weil man da ganz andere Musik machen wird.

Aber die macht man doch jetzt schon ... müssten dann nicht vielmehr auch ein paar Rapper und Techno-Musiker Aufnahme finden? Oder müsste da nicht zumindest ein Karlheinz Stockhausen (der ja gewissermaßen der Beuys der Musik war) hinein?
Vabanque - 04. Okt '16
>>Die wahrscheinlichste Zäsur wird sein, dass es Standard werden wird mit implantierten Chips auch im Nahschach ausschließlich engine-Schach zu spielen.<<

Dann kann man ebensogut aufhören, überhaupt Schach zu spielen. Das ist eine Entwicklung, die ich am wahrscheinlichsten halte. Die großen Schachspieler gehen dann zu einem anderen Brettspiel über, das noch nicht von Computern geknackt wurde, z.B. Go oder Hex.
Hasenrat - 04. Okt '16
Mein Prinzip gilt nur für Listen à la "aller Zeiten" ... ;-)

Man wird zur Verhinderung des Todremis einfach die Regeln ändern, Brett u. Figuren. Drei-Ebenen-Schach wie bei Raumschiff Orion, nicht?, z. B. ;-)
Vabanque - 04. Okt '16
@Kellerdrache:

>>Steinitz (er hat das moderne positionelle Schach erfunden und damit einen größeren Einfluß als sonst jemand).<<

Wenn Einfluss das Hauptkriterium ist, gebe ich dir Recht. Aber man muss selber kein großer Spieler sein, um beim Nachspielen der Steinitz-Partien zu erkennen, dass sein Spielniveau weit unter dem aller anderen hier Genannten lag.

>>Emanuel Lasker (ungeheuer langlebig auf höchstem Niveau. Taktisch und positionell stark und in einer Zeit der dogmatischen Streitereien zwischen Tarrasch und Nimzowitsch der klarsichtige Praktiker)<<

Dagegen kann ich schwer Einwände erheben, außer dass er mir eben zu sehr Pragmatiker war. Sein chamäleonhafter Stil hat wenig Anziehungskraft für mich.

>>Capablanca (vermutlich an natürlichem Talent jedem vor und nach ihm überlegen)<<

Hier stimme ich vollkommen zu.

>>Rubinstein (Partien von klassischer Schönheit und beeindruckende strategische Weitsicht.)<<

Ebenfalls Zustimmung. Bei mir fehlte er nur wegen der begrenzten 12 Plätze, und weil ich auch ein paar aktuellere Spieler drin haben wollte, wegen der Ausgewogenheit.

>>Richard Reti (Wie Breyer und Nimzowitsch erfand er die modernen Methoden des Zentrumskampfes, war aber am Brett wesentlich überzeugender als diese)<<

Réti gehört ebenfalls zu meinen Favoriten, allerdings war seine Form zu schwankend, als dass ich ihn in die 12 Besten einreihen würde. Inwiefern war er am Brett überzeugender als Nimzowitsch?

>>Aljechin (Nicht nur taktisch das Maß aller Dinge, sondern auch im positionellen Spiel sehr gut)<<

Ja. Es wird oft übersehen, das Aljechin auch ein starker Positionsspieler war. In einer berühmten Partie gegen Grünfeld überspielt er diesen mit Schwarz völlig, ohne etwas Besonderes zu machen. Die raffinierte Schlusskombination, durch die die Partie bekannt wurde, ist dann nur die Krönung des Positionsspiels.

>>Botwinnik (Weltmeister gegen Bronstein, Smyslov und Tal. Der Erfinder des mordernen Schachprofis und des systematische Trainings im Schach)<<

Das ist schon richtig. Aber hier habe ich ein ähnliches Problem wie bei Lasker. Zu sehr Pragmatiker, kein klarer Stil erkennbar.

>>Bronstein (Taktisch brilliant und ungeheuer einfallsreich in Eröffnung und Mittelspiel. Bis Tal kam die Hoffnung aller die keine Schachbürokraten werden wollen.)<<

Zustimmung.

>>Tal (Vorbild aller Angriffsspieler. Für ihn gab es nicht wichtigeres im Schach als Initiative. Verweigert sich dem Materialismus im Schach und ist deshalb unberechenbar.)<<

Zustimmung.

>>Fischer (Als Schachspieler fast ohne Fehler und vor allem ohne Unterstützung erfolgreich)<<

Wieder Zustimmung. Von allen Spielern der Vergangenheit hat Fischer wahrscheinlich das korrekteste Schach gespielt.

>>Karpov (der ultimative Wettkämpfer. Begreift man Schach als Auseinandersetzung gehört er zu den Top 5 der Geschichte.)<<

Er erscheint mir sowohl von der Persönlichkeit her wie auch von seinen Partien her merkwürdig gesichts- und farblos. Ich habe immer wieder die Annäherung an seine Partien versucht, und bin ebenso oft gescheitert. Selbst seine taktisch betonten Partien (von denen es erstaunlich viele gibt!) haben für mich etwas merkwürdig Kaltes, scheinbar Unbeteiligtes. Eine trockene Taktik ohne Emotion, maschinelles Schach ohne Maschine.

>>Kasparov (Vermutlich die absolute Nr.1. Taktisch ein Monster, ungeheuer einfallsreich und phantasievoll in der Eröffnung und bereit für jede Herausforderung)<<

Die absolute Nr. 1 würde ich nicht unterschreiben. Wie kommst du zu dieser Einschätzung? Von Kasparov gibt es auch verheerende Verlustpartien, die schlimmer sind als alle Verlustpartien von Fischer und Capablanca zusammen (wenn man Simultanpartien ausschließt).

>>Carlsen taucht in meiner Liste nicht auf. Nicht etwa weil ich ihn gering schätze, sondern weil a) die Liste nicht genug Plätze hat und b) für meinen Geschmack Carlsen seine Dauerhaftigkeit noch nicht bewiesen hat. <<

Im Gegensatz zu den anderen Spielern seiner Generation muss er in meinen Augen diese Dauerhaftigkeit nicht mehr beweisen, weil er das höchste Ziel bereits erreicht hat.

>>Auch Spieler wie Keres, Kortschnoi und Ivantschuk hätte ich noch gerne in meine Liste eingefügt, aber ich habe keinen gefunden den ich dafür herausgelassen hätte.
<<

Das ist das generelle Problem bei begrenzten Plätzen ;)
Vabanque - 04. Okt '16
@Hasenrat: >>
Man wird zur Verhinderung des Todremis einfach die Regeln ändern, Brett u. Figuren. <<

Das hat Capablanca schon vor 100 Jahren vorgeschlagen. Und, wurde es seitdem umgesetzt?
Selbst wenn es umgesetzt würde, Engines könnten sich schneller umstellen als Menschen. Das löst das Problem nicht, sondern verschärft es.
Vabanque - 04. Okt '16
>>Drei-Ebenen-Schach wie bei Raumschiff Orion, nicht?<<

Wurde schon von Kieseritzky Mitte des 19. Jh. vorgeschlagen.
Kellerdrache - 04. Okt '16
Ich habe bei meiner Liste versucht keine Liste meiner 12 Lieblinge zu machen, sondern der 12 für mich wichtigsten Spieler. Ansonsten würden Leute wir Shirov oder Polgar kaum darin fehlen und Karpov und Lasker vermutlich nicht enthalten sein.
Was Carlsen angeht muß er seine Dauerhaftigkeit natürlich erst beweisen. das ist aber kein Makel sondern eben normal für jemanden der noch nicht solange oben dabei ist. Wenn ich die Liste in 10 Jahren nochmal mache wird er wohl dabei sein ;-)). Wenn ich Kasparov zur absoluten Nr.1 gemacht habe, dann nicht weil er etwa fehlerlos gespielt hätte, sondern weil er für mich einfach alles hatte was den perfekten Spieler ausmacht. Phantasie, Mut, Präzision, Fleiß, der Wille sich jeden Tag zu verbessern und die psychologische Härte die jeder erfolgreiche Wettkämpfer braucht. Ich hätte Fischer gesagt wenn dieser seinen Titel verteidigt und weiter Schach gespielt hätte.
Kellerdrache - 04. Okt '16
Und hier einfach eine Liste meiner 12 Lieblingsspieler:

Charousek
Spielmann
Aljechin
Bronstein
Keres
Tal
Fischer
Kasparov
Shirov
Judith Polgar
Carlsen
Aronian
FranzM - 04. Okt '16
Und was ist mir GM Vlastimil Hort...
Vabanque - 04. Okt '16
Den mag ich sehr ... aber in die Liste der 12 größten wird ihn doch trotzdem ernsthaft niemand aufnehmen wollen, oder?
Rokkur - 04. Okt '16
Der Größte aller Weltmeister war und ist immer noch Kramnik. Warum wird das nicht anerkannt?
Vabanque - 04. Okt '16
Mit welcher Begründung soll er denn größer als die anderen Weltmeister gewesen sein?
Weil er der Einzige ist, der Kasparov in einem Match geschlagen hat?
Euwe ist auch der Einzige, der jemals Aljechin in einem Match geschlagen hat, also wäre er auch ein Kandidat für den größten Weltmeister ;)

Von der Körpergröße allerdings, glaube ich, hast du Recht, da war und ist Kramnik der größte aller Weltmeister :))
Rokkur - 04. Okt '16
Pointe erkannt!
;-)
Mikrowelle - 04. Okt '16
Rein emotional gesehen :
Fischer, Fischer, Fischer,Fischer, Fischer, Fischer, Fischer, Fischer, Fischer, Fischer und Kasparov.
Ich glaube der Computer (Engines) und die Vernetzung haben das Schachspiel auf ein höheres Level gehoben, v.a. was Eröffnung und Endspiele angeht. Jammerschade dass Bobby Fischer nie wirklich psychisch gesund und therapiewillig war.
Vabanque - 04. Okt '16
>>Fischer, Fischer, Fischer,Fischer, Fischer, Fischer, Fischer, Fischer, Fischer, Fischer und Kasparov.<<

Liest sich ein bisschen eintönig :))
Rokkur - 04. Okt '16
Rein emotional gesehen:
Warum werden dem Einen aberrante Verhaltensweisen als Skurrilitäten durchgehen lassen, dem Anderen diese jedoch als NO GO übel genommen. Fischer war seinerzeit schachlich führend, aber im Umgang derart mühsam, dass er sich nicht nur selbst auf den Füßen stand, sondern auch seine Spielpartner massiv beeinträchtigte.
Als einziger nicht sowjetischer Spieler, welcher ganz oben mithalten konnte, wurden ihm seine Mätzchen von der Presse viel eher verziehen, als späteren Spielern, welche nach Aufbrechen der starren Ost-West Strukturen sportlich fragwürdig agierten.
Schachlich großartig kann man ihm aber als Sportsman schwerlich Hochachtung entgegen bringen. Zumal nach Ende der Sowjetunion das Blockdenken langsam nachlassen sollte.
Vabanque - 04. Okt '16
Solche Listen haben notgedrungen immer etwas Subjektives.

Hätte ich mich um äußerste Objektivität bemüht und persönliche Präferenzen so gut wie möglich herausgelassen, hätte ich wahrscheinlich folgende Liste aufgestellt:

- Lasker
- Rubinstein
- Capablanca
- Aljechin
- Botwinnik
- Bronstein
- Tal
- Fischer
- Karpov
- Kasparov
- Kramnik
- Anand
- Carlsen

Hätte ich dagegen das andere Extrem gewählt, und persönlichen Präferenzen unkontrolliert die Zügel schießen lassen, wäre etwas von der Art herausgekommen:

- Aljechin
- Keres
- Bronstein
- Tal
- Spassky
- Kasparov
- Shirov
- Ivantschuk
- Judit Polgar
- Aronian
- Morosewitsch
- Topalov

Aber natürlich ist letzere Liste fast so einseitig wie die von SF Mikrowelle ('Fischer, Fischer, Fischer, Fischer ... ' ;) ), denn diese Herren (und die eine Dame) repräsentieren fast alle die gleiche Art von Schach: kompromisslos und unerschrocken, so wie ich selber eben gerne spielen würde (aber es nicht kann). Da ist kein Positionsspieler dabei, obwohl gerade Aljechin, Bronstein, Spassky, Aronian, Shirov und Topalov auch ganz ausgezeichnete Endspieler sind oder waren; da könnte man massenweise Beispiele anführen ...

Auf der anderen Seite könnte ich aber auch von den Spielern, die jetzt nicht unbedingt 'my cup of tea' sind, so wie etwa Karpov und Kramnik, genügend Partien anführen, die mich durchaus sehr beeindruckt haben oder von denen ich gar begeistert bin ... nur befinden die sich zwischen einer ganzen Menge anderer Partien, die ich durchgespielt habe, und die mich kalt gelassen haben ... vielleicht hätte ich diese Einschätzung aber geändert, wenn ich mich mit den Spielern mehr beschäftigt hätte.
Kellerdrache - 05. Okt '16
Man könnte ja noch eine Liste machen "die 12 größten Kotzbrocken der Schachgeschichte" oder umgekehrt "die 12 nettesten Schachspieler". Da bekäme die Persönlichkeit abseits des Schachbrettes jedenfalls mal ein höheres Gewicht. Leider weiß ich gar nicht ob ich denn jeweils 12 zusammen bekäme.

Bei den netten fällt mir ein:

Tal
Bronstein
Anand
Hort
Nunn
Euwe

Für die Liste der Kotzbrocken hätte ich:

Fischer
Kasparov
Kortschnoi
Aljechin
Steinitz (mit Einschränkungen)

Vielleicht könnte ihr die Listen ja ergänzen. Meine Nominierungen beruhen teils auf eigenen Erfahrungen (Turnierbesuche, Simultanspiele usw.) und teils auf Anekdoten. Wissenschaftlich fundiert oder unwiderlégbar ist natürlich keine davon.
svenner - 05. Okt '16
Von den derzeitigen Topspielern machen Aronian und Svidler auf mich immer einen sehr sympathischen Eindruck.
Vabanque - 05. Okt '16
Spassky und Smyslov gehören sicher auch noch in die Reihe der sympathischen Spieler.
Kellerdrache - 05. Okt '16
In die Reihe der "Netten" möchte ich noch Schlechter einfügen, der dafür schon in seiner Zeit bekannt dafür war ausgesprochen höflich und fair zu sein.
ketchuplover - 06. Okt '16
Who and or WTF is valley?
pirc_ - 06. Okt '16
Karpov spielt aktuell übrigens ein 4 Runden Match gegen Timman...erste Partie war Remis....
Vabanque - 06. Okt '16
Vor 20 oder 30 Jahren wäre ein Match Karpov-Timman sicher von größerem Interesse gewesen ...
Qintus - 07. Okt '16
Und welcher Schachspieler spielte die vertracktesten und intrikatesten Partien?
Vabanque - 07. Okt '16
Shirov und Ivantschuk.
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