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Was bedeutet "positionelles Spiel"?

Tschechov - 03. Aug '18
Da ich in Sachen Schach noch immer ein relativer Frischling bin, mache ich mich hin und wieder durch Literatur schlau oder versuche es zumindest. Dabei stoße ich dann hin und wieder auf Begriffe und Wendungen, die ich allenfalls zur Hälfte verstehe (zumindest bilde ich mir ein, sie wenigstens halbwegs zu verstehen). In einem Lehrbuch zur englischen Eröffnung stieß ich auf die Wendung, diese Eröffnung sei lange als (ich zitiere aus dem Gedächtnis) "rein positionelles Spiel" verschrieen gewesen. Was meint man damit genau?
toby84 - 03. Aug '18
Na dazu wird unser Theorieexperte Vabanque sicherlich etwas fundiertes sagen können :)
ChessbyHRF - 03. Aug '18
Ich bin zwar nicht Schachfreund Vabanque, aber ich würde vermuten, dass es sich um das Manövrieren der Figuren auf die für sie besten Figuren handelt und beispielsweise das Ausnutzen starker eigener oder schwacher gegnerischer Felder handelt.
ChessbyHRF - 03. Aug '18
oh, auf der für die besten Felder wollte ich schreiben, sry
Hasenrat - 03. Aug '18
In Fußballphilosphie übersetzt würde ich so formulieren:
Positionelles Spiel ist "hinten gut stehen", harmonisch und nix zulassen, "die Null" (oder schachlich: der halbe Punkt) muss stehen, alles andere wird sich zu gegebener Zeit finden.
Im Gegensatz dazu: strategisches Spiel, oder: "vom ersten Zug an auf Matt" spielen - also wo kann ich wie am besten angreifen, alles richte ich danach aus - Material und Position sind egal.
Tschechov - 03. Aug '18
@Hasenrat: Aha, das hilft mir jetzt schon mal weiter. Ich hatte vermutungsweise unter positionellem Spiel eine Spielweise verstanden, bei der die Offiziere Positionen beziehen, die sie mehrheitlich für längere Zeit halten. Damit lag ich wohl gar nicht so ganz falsch, denn das läuft ja, wie ich es sehe, auf das was Du geschrieben hast hinaus. Interessant auch, daß eben das englische Spiel sich eben diesem Vorwurf ausgesetzt sah. Mir geht das nämlich oft so, wenn ich Weiß habe und englisch spiele, daß ich nicht so recht weiß, wie ich nun eigentlich in den Angriffsmodus umschalten soll. Meine Figuren stehen recht sicher, aber was nun?
Hasenrat - 03. Aug '18
Ein Wesensverwandter! :-)

Ich bin mir sicher, SF Vabanque wird mahnend den Finger heben und mich unverantwortlicher Simplifizierung zeihen. ^^
Vabanque - 04. Aug '18
>>Ich bin zwar nicht Schachfreund Vabanque, aber ich würde vermuten, dass es sich um das Manövrieren der Figuren auf die für sie besten Felder handelt und beispielsweise das Ausnutzen starker eigener oder schwacher gegnerischer Felder handelt.<<

Genau, im Gegensatz zum 'taktischen Spiel', wo es sich um genau berechnete konkrete Zugfolgen handelt, geht es beim positionellen Spiel z.B. um die Besetzung bzw. Beherrschung offener oder halboffener Linien, um die Ausnutzung von Bauernschwächen (z.B. isolierte und rückständige Bauern des Gegners, ggf. auch Doppelbauern), oder eben - wie SF ChessbyHRF schrieb - darum, dass man gegnerische schwache Punkte zu starken eigenen Punkten ausbaut.

Allerdings kann man strategisches Spiel vom taktischen Spiel gar nicht immer trennen, denn oft kommt man auf die starken Felder nur durch konkrete Zugfolgen, z.B. wenn der Gegner auf der offenen Linie nicht opponieren kann oder einen Vorposten nicht befragen kann, weil er dabei durch eine taktische Wendung (z.B. Doppelangriff etc.) eine Figur einbüßen würde.

Außerdem kann keine Partie rein durch positionelles Spiel gewonnen werden, irgendwann gibt es immer den Übergang zur Ausnutzung der positionell überlegenen Stellung durch taktische Schläge.

Ein schönes Beispiel für positionelles Spiel, das immer wieder von so kleinen taktischen Wendungen durchzogen ist, bietet übrigens die 4. und neueste Folge meiner kleinen Reihe 'Leicht, locker und lehrreich' im Forum Kommentierte Spiele (ist natürlich Eigenwerbung, passt aber wirklich gut zur Illustration des Obigen).
Vabanque - 04. Aug '18
Übrigens weiß ich selber nicht genau, was 'strategisches Spiel' sein soll; es bedeutet ja nur, dass man eine bestimmte Strategie verfolgt. Hasenrat's Empfehlung 'vom ersten Zug auf Matt' ist natürlich eine Strategie, aber es gibt noch viele andere Strategien, z.B. auch die völlig entgegengesetzte: 'erstmal sich bloß hinten rein stellen und abwarten, was der Gegner vorhat', die v.a. in unteren Ligen vorzuherrschen scheint ;)
Oli1970 - 04. Aug '18
Im Allgemeinen wird Strategie als langfristig auslegte Planung / Ausrichtung beschrieben, Taktik ist das kurzfristige Handeln, um die strategischen Ziele zu erreichen. Strategie beschreibt, was erreicht werden soll, Taktik was dafür getan wird.

In Anlehnung an der erwähnten 4. Folge von Vabanques "kleiner Reihe" - schöne Untertreibung - würde ich sagen, Kramniks Strategie war Stärke durch Beherrschung der Felder des Bauern c7 zu erlangen. Was er unternahm, um den Bauern am Vorstoß zu hindern und irgendwann seinen Springer auf c6 zu stellen, war die Taktik. Nach diesem strategischen Erfolg musste er sich eine neue Strategie überlegen, um zum Ziel zu kommen - das Spiel zu gewinnen. Dafür musste er sich anderer taktischer Mittel bedienen.

Es gibt auch die vereinfachte Meinung, die sagt, Strategie sei das Ziel, alles andere sei Taktik. Die Strategie im Schach wäre, das Spiel zu gewinnen, die Taktik der Weg dahin. Das erscheint mir etwas kurz gedacht.
Vabanque - 04. Aug '18
Es gibt auch kurzfristigere Ziele, z.B. eben erstmal den rückständigen Bauern des Gegners am Nach-Vorne-Kommen zu hindern, wie in der Partie Kramnik-Svidler.

Langfristiges Ziel ist natürlich immer, die Partie zu gewinnen, aber dann gäbe es ja nur diese eine Strategie und keine andere. Ok, manche versuchen nicht zu gewinnen, sondern bloß Remis zu halten, das wäre dann eine Alternativstrategie. Die Strategie, die Partie zu verlieren, kommt eher selten vor, aber ich habe sie auch schon erlebt. Ein Mannschaftskollege hatte sich geärgert, zu einem bestimmten Pokalspiel aufgestellt zu werden, und spielte absichtlich ganz schlecht, um möglichst schnell zu verlieren, und nach Hause gehen zu können. Auch eine Strategie, aber im Zusammenhang mit obiger Diskussion sicher weniger relevant ;)
Tschechov - 04. Aug '18
@Oli1970 >>Es gibt auch die vereinfachte Meinung, die sagt, Strategie sei das Ziel, alles andere sei Taktik. Die Strategie im Schach wäre, das Spiel zu gewinnen, die Taktik der Weg dahin. Das erscheint mir etwas kurz gedacht.<< Das ist in der Tat zu einfach gedacht. Strategie und Taktik sind ja, wenn ich richtig unterrichtet bin, ursprünglich militärische Begriffe. Die Strategie in einem Krieg heißt ja aber auch nicht einfach: "Wir müssen den Krieg gewinnen", auch hier geht es schon um das Wie. Die Strategie legt den groben Rahmen fest, die Taktik kümmert sich um die Einzelheiten.
Hasenrat - 04. Aug '18
Der positionelle Spieler möchte schön spielen und gut stehen, der Stratege möchte das Spiel gewinnen, egal wie.
Vabanque - 04. Aug '18
Tarrasch war es ja, der sich zu der Behauptung verstiegen hatte, die richtig guten Züge seien immer auch ästhetisch schön. Natürlich widersprach er sich ein paar Seiten später dann wieder, indem er an einer Stelle bemerkte, der 'hässliche Zug Soundso' sei hier deswegen gut, weil ... ;)
Tschechov - 04. Aug '18
Schön spielen...wollte ich am Anfang auch. Das ging natürlich immer schief, weil ich wirklich nichts konnte.
Vabanque - 04. Aug '18
Es gibt genug Partien, wo man positionell sooo schön steht (keine Doppelbauern, keine Einzelbauern, alle Figuren schön entwickelt, super Felder in der Hand, Türme auf offenen Linien platziert etc.) und dann binnen wenigen Zügen verliert, weil der Gegner den Hammer in der Hand hält (d.h. eine vernichtende taktische Wendung zu seiner Verfügung hat).
Vabanque - 04. Aug '18
>>Tschechov - jetzt

Schön spielen...wollte ich am Anfang auch. Das ging natürlich immer schief, weil ich wirklich nichts konnte.<<

Das ist das schachliche Wort zum Sonntag ;)

Inzwischen kannst du aber was, wie ich bereits feststellen konnte.
Vabanque - 04. Aug '18
Bei mir als Jugendlicher ging das ja auch so los ... Online-Schach gabs ja nicht, und Schachcomputer waren noch recht schwach. Ich studierte also Bücher, lernte die Prinzipien und spielte nach ihnen. Trotzdem verlor ich gegen Spieler, die diese Prinzipien nicht kannten, die aber all die Möglichkeiten auf dem Brett sahen, die ich als Anfänger übersah. Vor allem beschäftigte ich mich am Anfang zu viel mit Eröffnungen und Positionsspiel und zu wenig mit Taktik und vor allem zu wenig mit Endspielen. Das habe ich später dann nachgeholt, wobei ich in Endspielen immer noch vergleichsweise schwach bin. (Wenn man es so recht bedenkt, bin ich in Eröffnung und Mittelspiel aber auch schwach.)
pirc_ - 04. Aug '18
Irgendwo hab ich mal gelesen: Ein positioneller Spieler ist wie ein Gärtner, der seinen Garten immer schöner gestalten will. Ein taktischer Spieler ist wie ein Jäger der im Garten nach allem jagt was er sieht.

@Tscheschov "Meine Figuren stehen recht sicher, aber was nun? "
Ein positioneller Spieler würde antworten: Schauen welche Figur schlecht steht und diese verbessern.
Tschechov - 04. Aug '18
@Vabanque: Interessant, was Du über Eröffnungs- und Endspieltrainig schreibst. Ja, Endspiele üben, weil eben nur noch wenig Figuren auf dem Brett sind und weil jeder Fehler jetzt tödlich ist. Ich glaube, ich habe mich auch viel zu sehr auf die Eröffnungslehre geworfen. Natürlich sind Eröffnungen wichtig, man kann sich in den ersten vier bis fünf Zügen das ganze Spiel versauen, wenn man nicht richtig eröffnet, doch letztlich hat mich die Beschäftigung mit der korrekten Eröffnung ein bißchen dazu verführt, über der Strategie die Taktik zu venachlässigen. Ich meine, streng genommen werden auch die Eröffnunsgzüge durch die Taktik bestimmt. Bei einer gegebenen Stellung den richtigen Zug zu finden, ist am Ende immer ein taktisches Problem, egal wie viele Figuren noch auf dem Brett stehen. Das ist ja auch der Grund, warum stärkere Spieler gegen mich gewinnen, auch wenn sie eine Eröffnung zum ersten Mal spielen, die ich bereits x-mal gespielt habe.
toby84 - 04. Aug '18
Wenn mich jemand fragt, sage ich, dass ich nur drei schwächen im schachspiel habe: eröffnung, mittelspiel und endspiel. Und das traurige ist dass das absolut der wahrheit entspricht
Vabanque - 04. Aug '18
Da hast du aber jetzt nicht das Urheberrecht für diese Aussage, oder? ;)

Denn ganz ähnlich habe ich es oben über mich selbst auch schon geschrieben ...
Vabanque - 04. Aug '18
@Tschechov: Du hast natürlich Recht, es wäre auch grundfalsch, am Anfang nur Endspiele zu üben, sonst passiert es wirklich, wie du schreibst, und man verliert in der Eröffnung nach wenigen Zügen. Man sollte halt idealerweise Eröffnung, Mittel- und Endspiel immer parallel studieren.
Tschechov - 04. Aug '18
Irgendein Spieler hier (mir fällt der Name nicht ein) hat sich ein Motto gewählt, das schlicht unschlagbar ist, leider kam ich nicht drauf und es ihm klauen wäre ja schäbig: "Ich fange schwach an, um dann stark nachzulassen."
Vabanque - 04. Aug '18
Da gefällt mir der Spieler aber besser, der die todsichere Methode herausgefunden hatte, wie man alle Partien gewinnt.

Ja wie? Es ist ganz einfach: 'Immer den stärksten Zug spielen.'
Tschechov - 04. Aug '18
Das ist ja eine geniale Idee! Gewußt wie halt. Ich glaube, daran halte ich mich in Zukunft.
Hasenrat - 04. Aug '18
Noch besser ist der, der den situativ hinreichend besten Zug spielt, denn der spielt effizient.
Das gute Pferd springt immer nur so hoch wie es muss ... ;-)
toby84 - 04. Aug '18
Stimmt da warst du schneller als ich vabanque. Dafür glaube ich es mir eher als dir ;)
Tomhaan - 04. Aug '18
@Tschechov: der dir namentlich nicht mehr präsente Spieler sollte Werner43 sein;)
Naturtalent7 - 04. Aug '18
Gute Positon tritt immer dann ein wenn man eine bessere Position hat.
Vabanque - 04. Aug '18
Oder umgekehrt: In den Händen des besseren Spielers ist eine ausgeglichene Position die bessere Position. Denn er weiß die Vorteile seiner Stellung zur Geltung zu bringen und deren Schwächen in den Hintergrund treten zu lassen.
Vabanque - 04. Aug '18
Die bessere Position bringt einem nichts, wenn man mit ihr nichts anfangen kann.

Das erinnert mich an eine reale Episode aus meiner Zeit als Jugendspieler.

Mein Trainer im Verein zeigte mir verschiedene Spielweisen (Eröffnungen), von denen er glaubte, dass sie zu mir passen würden und ich sie mit Erfolg anwenden könnte.

Aber ich antwortete jedes mal: 'Hm, mir gefällt die Stellung aber nicht.'

Irgendwann war er genervt und sagte: 'Dir gefällt anscheined gar keine Stellung! Außer du hast ein Matt in 2 Zügen drin.'

Darauf ich: 'Und dann sehe ich das Matt nicht, und die Stellung gefällt mir wieder nicht.'

Aber genau so ist es: mit allen Vorteilen, welche die Stellung einen bietet, mögen sie noch so klein oder noch so groß sein, muss man erstmal auch etwas anfangen können ... man muss sie 1) als Vorteile erkennen und 2) einen Plan zur Verwertung des Vorteils sehen und durchführen können.
Hasenrat - 04. Aug '18
Oder man liebt das Remis, das frühe insbesondere, und nutzt die bessere Stellung als "Verhandlungsbasis", als gewichtiges unterfütterndes Argument für das diskrete Punkteteilungsanerbieten. ^^
Vabanque - 04. Aug '18
Carl Haffner lässt grüßen ;-)
skorpion14 - 04. Aug '18
"Carl Haffners Liebe zum Unentschieden" ist hier wohl gemeint.
Vabanque - 04. Aug '18
genau, von Thomas Glavinic.
Hasenrat - 05. Aug '18
Oh, so hoch müssen wir uns gar nicht versteigen in die hohe Literatur.

In den Kreisklassen ist er gar nicht selten der Typus des passionierten Positionsspielers, der sich im Grunde nur hübsch u. fehlerfreie aufbauen will innerhalb seiner ersten vier Reihen - und dann ein kalkulierter interruptus des Spielvergnügens, Ziel erreicht, schiedlich friedlich, unbesiegt heimwärts gondeln ...
Vabanque - 05. Aug '18
Bist du das selbst? ;-p
Hasenrat - 05. Aug '18
Nein. Ein Vorsatz-Remis-Spieler bin ich gewiss nicht.
Ich neige allerdings auch zu relativ voreiligen Remisen aus mangelndem Selbstvertrauen und aus grundsätzlich eher bescheideneren Ambitionen heraus.
Vabanque - 05. Aug '18
Du würdest mir z.B. in eindeutig besserer Stellung Remis bieten, statt zu gewinnen zu versuchen?
Hasenrat - 05. Aug '18
Die jeweilige Situation würde ja mehrere Faktoren der Entscheidungsfindung beinhalten.
Bei eindeutig stärkeren Spielern am Brett gegenüber brauche ich ja auch ein starkes Argument für das Remis. Eine eindeutig ausgeglichene Stellung noch diesseits der Linie zum finalen Endspielabschnitt wäre vielleicht objektiv ein Grund zum Remis, nicht aber subjektiv für den stärkeren Spieler. (höre mich gerade wie Erich Ribbeck reden ...)
Hasenrat - 05. Aug '18
Und grundsätzlich ja: bei unerwartet zum Greifen nah liegenden Erfolgen in dwz-mäßigen Bergaufwärts-Partien (aus meiner Sicht) lieber den Spatz (das Remis) in der Hand als die Taube (den vollen Punkt) auf dem Dach.
Tschechov - 05. Aug '18
@Hasenrat: So halte ich das hier bei chessmail auch manchmal. Gegen stärkere Gegner würde ich bspw. versuchen, bei 1. e4 e5 2. Sf3 mit Sf6 zu antworten um nicht ins spanische Fahrwasser zu geraten. Russisch scheint mir nämlich remislastig zu sein (meine bisherige Bilanz: 1 Niederlage, 3 Siege, 4 Unentschieden) und das reicht mir dann.
Vabanque - 05. Aug '18
Ja, Russisch gilt als Remis-Eröffnung.
Hasenrat - 05. Aug '18
Ich muss hier unterscheiden: Obiges von mir gilt v. a. für ernste Real-life-Partien. Auf cm spiele ich natülich grundsätzlich lockerer und risikofreudiger.
Vabanque - 05. Aug '18
Dann würdest du wohl gegen mich gewinnen.
Kellerdrache - 05. Aug '18
Taktisch, strategisch, positionell sind so oft unklare Begriffe um eine Spielweise zu beschreiben.
Der Steinitzsche Lehrsatz "greife erst an wenn das Gleichgewicht gestört ist" ist so eine strategische Leitlinie. Wer strategisch spielt sucht also dauernd nach einem Ungleichgewicht, analysiert permanent die Stellung nach schlecht stehenden Figuren, zurück hängenden Bauern, Raumvorteil usw. Strategisch spielen eigentlich alle Spieler ab einer gewissen Klasse.

Der Positionsspieler versucht zu gewinnen indem er einfach die Ungleichgewichte verstärkt, z.B. Raumvorteil vergrößert, Figuren auf Felder vertreibt wo sie weniger Einfluß auf das Geschehen haben usw. Ein taktische Spieler versucht die Ungleichgewichte auszunutzen indem er sie gegen andere Vorteile eintauscht.Z.B. der Vorteil mehr Figuren mit Einfluß auf den Königsflügel zu haben wird zur Zerstörung der Königsfestung verwendet indem man eine dieser Figuren opfert.
Hasenrat - 05. Aug '18
Ich behaupte, der übermäßige Positionsspieler ist auch jemand, der Angst (warum auch immer) vor dem strategischen Vollstrecken hat.
Er sammelt Positionsvorteil um Positionsvorteil und hofft, dass der Gegner irgendwann vor der schieren Summe dieser Vorteile kapituliert. Dann muss er nichts mehr vollstrecken durchexerzieren und beweisen. Aus diesem Grunde scheut der Positionsspieler auch das harte Endspiel.
Auch dies alles gilt meinen Beobachtungen zufolge vor allem in den Kreisklassen.
Vabanque - 05. Aug '18
Aber genau so kann man eigentlich niemals eine Partie gewinnen.
Hasenrat - 05. Aug '18
Doch, weil in den Kreisklassen auch genauso oft früh aufgegeben wie Remis gemacht wird (These).
Vabanque - 05. Aug '18
Da sind meine Erfahrungen (ich habe ja auch mal in der Kreisklasse angefangen) aber gegenteilig ... da spielen die Leute mit Turm weniger noch weiter, und man müht sich ...
Hasenrat - 05. Aug '18
Paradoxerweise wie in den obersten Rängen, was?

Vermutlich wird in den mittleren Ligen das ehrlichste u. spielfreudigste Schach gepflegt. ;-)
Hasenrat - 05. Aug '18
Ein Turm weniger ist ja auch an sich noch kein Grund zur Aufgabe, bei noch halbwegs belebten Brett. Man kann auch mit Dame weniger noch weiterspielen. Vor allem gegen reine Positionsspieler. ;-)
Vabanque - 05. Aug '18
Jetzt wird's langsam ein bisschen absurd :-))
toby84 - 05. Aug '18
Der Turm weniger ist noch kein Grund zur Aufgabe? Ich denke, keiner meiner Gegner in dieser Saison hätte mit einem Turm weniger weitergespielt ;) zumindest nicht bei sonst ausgeglichener Stellung. Ich schätze, dass bereits die Leichtfigur weniger ein Grund zur Aufgabe gewesen wäre. Meine Gegner hatten im Schnitt 1981 DWZ.

Ich habe mal eine Saison in der B-Klasse gespielt. Ich glaube, die hätten alles weiter gespielt.
Vabanque - 05. Aug '18
>>Meine Gegner hatten im Schnitt 1981 DWZ.<<

Landesliga vermutlich?
Hanniball - 05. Aug '18
@toby84

...ab 1760-1780 ist ein Verlust einer Leichtfigur schon Spielentscheident. Bei Verlust einer Schwerfigur schon bei einer Elozahl ab 1580 .

So ein Game ist uneinholbar...
Vabanque - 05. Aug '18
@Hanniball: Wo findet man denn solche Zahlenwerte?

Tal hat mal gegen Portisch (also Elo bestimmt über 2600!) mit einem Turm weniger weiter gespielt und Remis erzielt ...
Hanniball - 05. Aug '18
@ Vabanque

Portisch war meines Wissens nach nie österr. G, er war mit einer heute vergleichbaren Elozahl von ca. 2.200 bewertet.

Tal war ein Fuchs und Taktiker ...seine Analysen waren brillant und Portisch konnte diesen nichts entgegensetzen.
toby84 - 05. Aug '18
@Vabanque: Unterfrankenliga (5x Brett 2, 2x Brett 1)
Und war die Stellung ansonsten ausgeglichen bei Tal gegen Portisch? In einer Fernschachpartie außerhalb von Chessmail habe ich auch gerade eine Partie, bei der ich geopfert habe und Figur gegen Bauer weniger habe, und das schon seit einigen Zügen. Der Gegner kämpft trotzdem verzweifelt darum, dass seine Stellung nicht zusammenbricht.

@Hanniball: klingt recht glaubwürdig. Ob das die Spieler im Einzelfall immer genauso sehen (oder einfach Lust haben, gerade weiterzuspielen), ist die andere Frage.
Hanniball - 05. Aug '18
@toby84

bei Oberliga- od. Landesligaspielen kannste bei Verlust einer Leichtfigur aufstehen und deinen Gegner gratulieren...auch wenn es innerlich schmerzt.
BCAler - 05. Aug '18
Vabanque - vor 11 Min.
>>Meine Gegner hatten im Schnitt 1981 DWZ.<<

>>>Landesliga vermutlich?<<<

Ich glaube da liegst Du etwas falsch, da nspielen kaum welche unter 2000 DWZ zumindest in Bayern!

Frage: Wo spielt dann toby84, mit 1832 chessmmail-Punkten?
Bestimmt nicht in der Landesliga!

So sieht es nämlich in den beiden Landesligen Süd und Nord aus:

ligamanager.schachbund-bayern.de/bsb/landesliga_sued/1244/mann..
und
ligamanager.schachbund-bayern.de/bsb/landesliga_nord/1242/mann..

ligamanager.schachbund-bayern.de/index.htm

Grüße FCAler/BCAler

Siehe den Ligamanager in meiner Homepage:
schachfreunde-wehringen.jimdo.com
Vabanque - 05. Aug '18
@Hanniball: GM Lajos Portisch:
de.wikipedia.org/wiki/Lajos_Portisch
Höchste ELO-Zahl 2655, heutige Elo-Zahl (im Alter von 81!!) immer noch über 2400!

@toby: Danke. Natürlich ist Bezirksliga an den vorderen Brettern hart genug.

Tal hatte gegen Portisch mit Schwarz 2 Bauern für den Turm:
chessgames.com/perl/chessgame?gid=1113065

@BCAler: Die chessmail-Punkte haben doch recht wenig mit den DWZ zu tun, wurde doch oft genug diskutiert.
toby hat bestimmt auch über 1900 DWZ, wenn er an einem Brett antreten darf, wo der Gegnerschnitt auch so ist.
toby84 - 05. Aug '18
@Vabanque: Tatsächlich ist es nicht der Fall, dass ich über 1900 Punke habe ;)

Unserer Mannschaft war in den letzten Jahren unerwartet erfolgreich. Meine DWZ zu Beginn der letzten Saison war wenn ich mich recht entsinne 1803 und ist jetzt 1840, da ich gegen die deutlich stärkeren Gegner einen 50% Schnitt erreicht habe.
BCAler - 05. Aug '18
@Vabanque,

das halte ich für ein Gerücht, wenn Du die chessmail-Punktezahl mit einer richtigen DWZ-Zahl gleichsetzen willst, zumindest nicht ehrlich erworben "ohne" Hilfsmittel.

Meine chessmail-Zahl ist auch wesentlich höher als meine tatsächliche DWZ-Zahl, derzeit nur 1269 war früher mal bei 1500 DWZ

Warum: Weil ich hier mit dem Analysebrett spiele (und im Nahschach das nicht habe) und mir mehrere Zugfolgen schwarz auf weiß (nicht vorstellen im Kopf) sondern auf dem Brett mit den "Augen sehen" kann.

Ein gewaltiger Unterschied zumindest bei mir, statt im realen Schach, ohne!

Und viel anders wird es bei anderen chessmail Spielern wohl auch nicht aussehen. Ob alle ohne Hilfsmittel spielen, glaube zumnindest ich nicht, wenn das Analysebrett schon angeboten wird und zulässig ist. Ja.

Du kannst gerne anderer Meinung sein, ich wollte nur mal die "richtigen Zahlen" vom Ligamanager zur Überprüfung hier einstellen.

Vielleicht findet sich ja der Eine oder andere darin, ein bis 2 Spieler davon kenne ich wo die Zahlen dann auch wirklich in etwa zutreffen und mit chesmail übereinstimmen.
Vabanque - 05. Aug '18
Dann hast du dich denen ebenbürtig erwiesen.
BCAler - 05. Aug '18
Nein, allen bestimmt nicht,
habe ich auch nicht erwartet. Nein.
Tschechov - 05. Aug '18
Mal eine Binsenweisheit von mir: Auch bei Spielern mit meiner im Vergleich zu euch sehr geringen Spielstärke kommt es vor, daß man mit einem Turm weniger noch gewinnt (ich spiele gerade solch eine Partie), hängt eben von der Stellung ab, und damit meine ich nicht etwa einen vergifteten Turm, der zügiges Matt des Gegners zur Folge hat. Im allgemeinen stimmt das natürlich, daß mit einem Offizier weniger und gar einem Turm weniger das Spiel verloren ist, aber unsereiner - also Spieler wie ich, die sich mühsam knapp über 1500 halten (und manchmal auch darunter rutschen) - macht eben im Vergleich zu Spitzenspielern vergleichsweise häufiger mal einen haarsträubenden Fehler, so daß die Mehrfigur nichts mehr nützt.
Vabanque - 05. Aug '18
Ich meinte natürlich toby mit meinem Beitrag.

@BCAler: Das mit den chessmail-Punkten und den DWZ- oder ELO-Punkten wurde hier schon so oft diskutiert, dass sich ein Wieder-Aufwärmen nicht lohnt.

Bei mir sind die Unterschiede zwischen den Zahlen jedenfalls gering, und je nachdem ob ich mit oder ohne Analysebrett spiele, komme ich bei mir auch nur auf Unterschiede von ca. 100-150 Punkten.
Hanniball - 05. Aug '18
@ Vabanque

es hat mich überrascht, dass Portisch so eine hohe DWZ hat.
Nach meiner schnellen Analyse der Partie konnte Tal diese Partie gewinnen...

So spielte schwarz (Tal) im 23. Zug D f5 anstatt Sf6...der wäre angebrachter gewesen,um weiss den Angriff zu nehmen.
24. Zug spielt weiss g4 anstatt L d4 (mit T- Bedrohung und einen möglichen L- Abtausch).

Im 31. Zug zieht schwarz Txa1 ....meines Erachtens wäre g x f3 besser gewesen um
seine eigenen Bauern besser (gedeckt) ins Spiel zu bringen.
Für mich ebenfalls nicht nachvollziehbar ist der 32. Zug von weiss D c1 anstatt T c1 mit L- Bedrohung !

Auch der 38. Zug von weiss mit T a1 mit D- Bedrohung ...da wäre doch Dc1 nachhaltiger gewesen....obwohl da ein Remis schon im Raume stand.
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